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Abgewrackt!
Tamiya´s Focke Wulf Fw 190 D-9 in 1/48
Nachdem der Hersteller Eduard seine Focke Wulf
Fw-190 Serie um eine ebenfalls hochdetaillierte
D-Version erweitert hatte, fragten sich viele
Modellbauer, was denn mit dem bisherigen Ende
der Meßlatte von Tamiya mitsamt seinem riesigen
Angebot an Zurüstteilen zu tun sei. Eine Möglich-
keit stellt diese, modellbauerisch sehr arbeits-
intensive, Schrottplatz-Variante dar...
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14 Tage aus dem Leben eines Modellbauers
(Die etwas „andere“ Story zum Projekt)
Wenn man sich als Modellbauer, durch wie auch immer geartete Umstände, vom bisherigen (Ehe-) Leben
verabschiedet, gibt es offenbar zwei Möglichkeiten. Entweder man(n) verlässt sein selbst gewähltes Verlies –
genannt Bastelkeller - und fängt wieder an in der realen Welt zu leben. Oder man gibt jetzt endlich richtig Gas und
kann sich ohne strafende Blicke und verbalen Disharmonien in seinem Hobby richtig austoben. (Allerdings habe
ich auch schon von Kollegen gehört die danach in eine künstlerische, kataleptische Starre mit Plastikkleber-
Allergie gefallen sind und sich nur noch anatomisch korrekten, weiblichen Formen im Maßstab 1:1 widmeten). Wie
dem auch sei, ich gedachte Gas zu geben. So geschehen am 2.März 2013, als nur noch zwei Wochen Zeit blieben
bis die für mich wichtigste Modellbauausstellung seine Pforten öffnete. Die von Traudl´s Modellbauladen
organisierte Ausstellung in der Flugwerft Oberschleißheim war sozusagen das alljährliche Highlight und der
Jahresauftakt der Süddeutschen Szene. Nun war es schon fast so etwas wie Tradition für mich speziell für dieses
Event ein Projekt auf die Füße zu stellen. Nur, durch die eingangs erwähnten Umstände lag ich diese mal sehr
weit zurück.
Sonntag, 3.März!
Stundenlanges Suchen im Lager – jaaa, bei genügend Platz hat der ambitionierte Modellbauer eben nicht nur eine
Modellwerkstatt und einen wie auch immer gearteten Ausstellungsraum (ehemaliges, eheliches Schlafzimmer
beispielsweise :-) ) sondern auch ein Lager für seine gefühlten 5000 Schachteln (=Altersvorsorge) – brachten mich
außer zu dem Gedanken, es für dieses Jahr zu lassen, keinen Schritt weiter.
Montag!
Der Zufall, soweit man an diesen glauben will, nahm mir die Entscheidung ab. Die junge, freundliche und adrette
Dame der gelben Zustellerbrigade brachte mir meine längst ersehnte Modellbaubestellung und einen großen
Umschlag. (Wenn der Zustrom an neuen Modellen eine Zeitlang abreißt fühlt man sich als Bastler auch schon mal
etwas „unterversorgt“). Voller Freude hielt ich nun die – keine Ahnung wievielte- Fw-190 D in meinen Händen.
Eigentlich waren es sogar zwei, da es sich um Eduard´s DualCombo in 1:48 handelte. Noch viel interessanter war
allerdings der Inhalt des Umschlages mit der nachgeorderten Ausgabe des „Military Illustrated Modeller Issue 011“
aus England. Mangels aktuellem Bauprojekt machte ich mich sofort an die Lektüre. Wie vom Blitz getroffen las und
sah ich ein genial umgesetztes Stück Arbeit. Der Typ da im Bericht hatte genau die gleiche Thematik auf seinem
Basteltisch liegen. Eduard´s neue 190er D-Serie. Und da Modellbauer bekanntlich und grundsätzlich nicht alle
Nadeln an der Tanne haben, beschließt dieser Typ einen Akt von Modellvandalismus. Er beschreibt in allen
Einzelheiten wie eine seiner Tamiya 190er D (mindestens zwei pro Hersteller dürften in der Szene wohl als normal
gelten…) im wahrsten Sinne des Wortes verschrotten wird. Jetzt überschlugen sich meine Gedanken: „Klar, das
mache ich auch!“ Nächster Gedanke: „Nein….., dann werde ich ja wieder als unbequemer, ketzerischer
Modellbaukumpel verschrien und für zweifelhafte Schlagzeilen sorgen - “Der Plagiator hat wieder
zugeschlagen… .“ (siehe Hangar 5 Projekt – Anm. des Verfassers). Der letzte Gedanke der Kette war dann
lediglich ein gut fränkisches „drauf geschi…“ und ich verbrachte den Rest des Tages damit meinen kompletten
Bestand zu durchwühlen. Alles was irgendwie nach Zurüstteil und brauchbar aussah kam auf den Tisch. Alle
bekannten Namen lagen da. Eduard, CMK, Verlinden, Aires, Quickboost, Part, Hauler, Master und Brengun, um
nur einige zu nennen.
Dienstag!
Die vorhandene Zeit verwendete ich dafür alle benötigten Teile auszuwählen und auch die Resin-Teile
vorzubereiten. Der Knackpunkt bei der Sache war, einen völlig intakten Bausatz, welcher noch dazu am oberen
Ende der Messlatte anzusiedeln ist und den man über Jahre hinweg gehegt und gepflegt hat, zu zersägen. Ein
Trauma!
Mittwoch!
Gerade mal eben mit dem Cockpit fertig geworden war klar, dass das so niemals funktioniert. Also wurde ich
später zur Schicht bei meinem Arbeitgeber vorstellig und nahm meine aufgelaufenen Überstunden. Sicherlich
kennt der eine oder andere das Phänomen, wie sich zum Ende einer zwischenmenschlichen Beziehung
Überstunden im Betrieb auf wundersame Weise vermehren. Übrigens, mein Chef… sehr Verständnisvoll. Klar,
Modelleisenbahner! Doch zurück zum Thema. Jetzt lief ich auf Hochtouren. 14 Stunden täglich waren machbar
und der Ehrgeiz packte mich am Kragen. Statt einer Kopie des gesehenen sollte es nun überwiegend meine
eigene Handschrift tragen und in wichtigen Punkten verbessert werden. Beispielsweise sollte die Kiste auf welcher
der Rumpf lag unter dem Gewicht leicht nachgeben. Die Wartungsklappe, bei der man schließlich am meisten
sieht (Spornrad-Einziehmechanik) sollte nun auch noch geöffnet und in Scratchbauweise hergestellt werden.
Außerdem sollte das Fahrrad einen selbstgebauten Anhänger erhalten. Nicht zu vergessen der Schmetterling (viel
Spaß beim Suchen). Weiterhin wollte ich nicht einfach einen fertig gekauften Sockel verwenden. Wenn schon,
denn schon, und das Ding wurde selbst „geschreinert“. Ein paar selbstgegossene Ziegelsteine zum Aufbocken
sollten die Szenerie abrunden. Soweit die Planung. Ehrgeiz hin oder her, die ersten größeren Probleme machten
sich ebenfalls schon breit. So zerstörte ich neben meiner Ersatz-Airbrush gleich noch die Vacu-Kanzelhaube. Für
letztere musste schnellstmöglich Ersatz beschafft werden. Nur ein einziger Händler aus Polen hatte das Objekt der
Begierde derzeit auf Lager und bereit es gleich zu versenden. (So´n Schei.., für die Versandkosten hätte ich ein
komplettes Modell bekommen). Da meine Haupt-Airbrushpistole wegen eines Garantiedefektes derzeit in
Reparatur war, musste ich mir auch hier noch etwas passendes borgen. Im Übrigen machte ich damit eine
verblüffende Entdeckung. Mit der Airbrush eines anderen Spaß zu haben, fühlt sich so an, als würde man mit der
Frau eines Kumpels ins Bett gehen?! Geht ja gar nicht!
Donnerstag!
Die Zeit rannte und meine Leistungsgrenze war erreicht. So holte ich mir meinen 15jährigen Sohn als Verstärkung
ins Boot. Vom Typus eher der Gelegenheitsbastler erledigte er aber sehr gewissenhaft alle anstehenden
Lackieraufgaben. Damit hatte ich auch schon mein psychologisches Airbrushproblem wieder los. Ab Samstag
wurden wir nur noch durch die Trocknungszeit von Farbe und Washing ausgebremst.
Montag!
Alle vorgefertigten Einzelteile sollten nun „verheiratet“ werden, um festzustellen, alle Theorie ist grau. Es passt rein
gar nichts so wie es soll. Verlinden, Aires und Sonstige weigern sich beharrlich gemeinsam zu harmonieren.
Dienstag!
Nach stundenlangem fluchen und überarbeiten erkennt man bereits was es werden soll. (Wurde auch Zeit, denn
bisher war das nicht so wirklich klar und ersichtlich…)
Freitag!
Letztendlich haben wir es als Team bis 12 Stunden vor der Abfahrt nach Oberschleißheim geschafft. Diese letzten
Stunden nutzte ich nun noch um etwas Schlaf nachzuholen, die 1,40 Meter gestapelten Kartonagen eines
kreisrunden italienischen Lebensmittels zu entsorgen und die Verwüstungen im Haus zu beseitigen. Nicht zu
vergessen, die Grundreinigung meines Lackierplatzes. Mein Junior hat zwar die Farbe perfekt auf das Modell
gebracht, leider aber auch überall sonst hin.
Samstag!
Morgens um 4 Uhr, beim Beladen des Autos war das einzige was ich nach dieser Aktion noch herausbrachte: „Was
riecht hier so komisch?“ Was mein Sohn prompt mit einer Antwort quittierte: „Frischluft, Papa. Nur Frischluft!“ …
Sonderausgaben des Projektes „Dora ade“:
Kaffe: 28,- Euro. Pizza: 83,50 Euro. Stromkosten für meinen Küchenbackofen, welcher zum Trocknen der Farbe
ständig auf 45 Grad Celsius lief: 7,20 Euro. Heckenschere zum Entfernen meiner Barthaare: 19,95 Euro.
Lohn der Arbeit: 1.Platz beim Wettbewerb
Wahrheitsgehalt der Geschichte. 91,3 %
Die Welt ist ernst genug…
In diesem Sinne, Happy Modelling
- Der Plagiator -
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