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Modell - Journal
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Ein Interview von Stefan Fraundorfer mit Herrn Dr. Sperl, Mitbegründer des Luftfahrtmuseums in Koněšín, CZ Dank   unseres   österreichischen   Autorenkollegen   Christian   Ristits,   dessen Kontakte   und   einem   seiner   neuesten   MiG-21-Modellprojekte,   konnte   das Kitchecker-Team     Herrn     Dr.     Roman     Sperl,     dem     Mitbegründer     des Luftfahrtmuseums    in    Koněšín/Tschechien,    für    ein    kurzes    Interview    ge- winnen. Herr   Dr.   Sperl   gewährt   uns   einige   Einblicke   in   die   Thematik,   derer   er   Zeit, Enthusiasmus und Leidenschaft widmet.
KMJ: Herr    Dr.    Sperl,    Sie    haben    die    legendäre    MiG-21    geflogen.    Nur    Wenige können   das   von   sich   behaupten.   Erzählen   Sie   uns   doch   bitte   wie   es   dazu kam. Es   stimmt,   ich   durfte   die   MiG-21   schon   einmal   selbst   fliegen,   allerdings   eine andere   als   die   4175   und   damals   auch   einen   Zweisitzer,   zusammen   mit einem befreundeten tschechischen Testpiloten, Herrn Vladimir Kvarda. Ich    trat    nach    meinem   Abitur    1989    in    die    Bundeswehr    ein    mit    dem    Ziel Flugzeugführer    Waffensystem    Tornado    zu    werden.    Erfolgreich    habe    ich damals   die   Offiziersbewerberprüfzentrale   in   Köln   durchlaufen. Anschließend ging   es   nach   Fürstenfeldbruck   zur   Fliegertauglichkeitsstelle.   Aus   meinem Lehrgang   wurde   im   Zuge   der   deutschen   Wiedervereinigung   leider   nichts mehr,   denn   es   mussten   ja   die   NVA   Offiziere   übernommen   werden.   Ferner musste   die   Anzahl   der   Militärflugzeuge   des   wiedervereinten   Deutschlands reduziert    werden.    Dies    führte    zu    einem    Überangebot    an    Piloten.    Rasch wurde   mir   nahegelegt   mich   auf   die Transall   zu   versetzen.   Kurz   darauf   wurde mir der Werdegang des Hubschrauberführers angeboten. Damit konnte ich
Herr Dr. Sperl:
mich   überhaupt   nicht   identifizieren   und   so   verließ   ich   die   Bundeswehr   im Jahre     1990     um     an     der    Technischen     Universität     München     Luft-     und Raumfahrttechnik zu studieren. Meine   Begeisterung   für   die   Luftfahrt   führte   mich   schon   bald   nach Tschechien. Dort   freundete   ich   mich   mit   dem   Testpiloten   Vladimir   Kvarda   (Bild   oben, rechts)   an   und   bekam   eine   einmalige   Gelegenheit   mit   ihm   und   einer   MiG-21 mitzu-fliegen.   Herr   Kvarda   ließ   mich   große   Teile   des   Fluges   selbst   steuern. Das    war    ein    fantastisches    Gefühl.    Ich    hatte    in    einigen    westlichen    Jets gesessen   aber   nun   saß   ich   in   einer   MiG   des   ehemaligen   Ostblocks   und durfte   die   Maschine   auch   noch   steuern.   Nach   einigen   Gesundheitschecks und   einer   Einführung   in   den   KM-1   Schleudersitz   sowie   die   Rettungssysteme der Maschine ging es auch schon auf in das Cockpit. KMJ: Welche    Erfahrungen    haben    Sie    mit    der    „Fishbed“    gemacht?    War    sie schwierig zu fliegen? Wie zuverlässig war die „russische“ Technik? Herr Dr. Sperl: Was   einem   sofort   auffiel,   war   der   sehr   lange   Steuerknüppel.   Die   Steuerkräfte waren    dementsprechend    klein    und    die    Maschine    konnte    sehr    feinfühlig geflogen   werden.   Ich   legte   die   MiG-21   zunächst   in   eine   Kurve   und   zog,   um zu   sehen   wie   die   MiG   auf   Lastvielfache   reagierte.   Ich   fragte   Vladimir   wieviel wir   ziehen   konnten.   Er   sagte,   8g   wären   kein   Problem.   Im   Westen   hätten   wir viel   schreiben   müssen,   um   zu   erklären   warum   man   denn   soviel   hat   ziehen müssen,   hier   schien   das   kein   Problem   zu   sein.   Ich   zog   also   zunächst   auf   4, dann   auf   6g.   Die   Zelle   der   MiG   arbeitete   dabei   ordentlich   und   ich   hörte   die Zelle   knarren   und   stöhnen   unter   der   Last.   Bis   8g   hatte   ich   mich   damals   nicht getraut und so blieb es bei knapp über 6g.
KMJ: Haben   Sie   damit   auch   die   Schallmauer   durchbrochen?   Was   empfindet   man dabei als Pilot? Herr Dr. Sperl: Dann   brachten   wir   den   Schubhebel   auf   die   Einstellung   „Nachbrenner“   und gingen   in   Überschall   über.   Mit   nur   einem   Triebwerk   mühte   sich   die   Maschine dabei   sichtlich   ab.   Der   Machmeterzeiger   zitterte   vor   der   Anzeige   zu   Mach   1 und   bewegte   sich   nur   langsam.   Dann   kam   endlich   der   Übergang   zu   Mach   1. Wie   alle   anderen   Flugzeuge   machte   die   MiG-21   nach   dem   Machdurchgang einen   Satz   nach   vorn.   Schnell   stieg   die   Geschwindigkeit   auf   Mach   1,1   dann auf   Mach   1,2   und   so   weiter.   Für   alle   die   noch   nie   durch   Mach   1   gegangen sind    sei    erwähnt,    dass    der    Höhenmesser    dabei    wirklich    sehenswert    ist. Dieser    dreht    beim    Durchbrechen    der    Schallmauer    nämlich    einige    Um- drehungen   nach   oben,   um   anschließend   wieder   nach   unten   zu   drehen.   Dies ist   der   Kompressibilität   der   Luft   geschuldet   welche   diesen   Effekt   erzeugt. Auch der Variometer zeigt dabei fälschlicherweise „Steigen“ an wo keines ist.
KMJ: Nach   unseren   Informationen   sind   Sie   der   Eigentümer   der   MiG-21   F-13   mit der   Kennung   „0419“.   Wie   kam   es   dazu?   Nicht   jeder   hat   ein   Kampfflugzeug, oder zumindest Teile davon, in der Garage stehen. Herr Dr. Sperl: Nach   meinem   Studium   wollte   ich   mir   dann   doch   noch   den   Traum   erfüllen   im Cockpit    zu    sitzen.    Nachdem    die    MiGs    aus    dem    Ostblock    immer    wieder verschrottet   wurden,   bekam   ich   schon   bald   die   Gelegenheit   ein   Cockpit   einer MiG-21   zu   bekommen.   Ich   hatte   das   Glück   einige   Pilotenhelme   aus   meiner Sammlung   gegen   die   MiG-21   F-13   (0419)   mit   dem   Nationalmuseum   für   Luft- und    Raumfahrt    in    Prag    zu    tauschen.    Bei    der    Übergabe    des    Cockpits eröffnete   man   mir,   dass   es   sich   dabei   um   die   Maschine   von   Vladimir   Remek handelte.   Herr   Remek   war   tschechoslowakischer   Kosmonaut   und   trug   als erster    Mann    im    Weltraum    weder    einen    russischen    noch    einen    ameri- kanischen Pass. Ein Bild zeigt Vladimir Remek mit der 0419.
KMJ: Was hat es nun mit der „4175“ auf sich, die Christian für Sie gebaut hat? Herr Dr. Sperl: Die   “4175”   war   eine   von   nur   10   MiG-21   MF   welche   zu   den   sogenannten „grauen“,    sprich    mit    NATO-Lackierung    versehenen    Maschinen    umgebaut wurde. Diese   hatten   teilweise   westliche   Avionik,   so   auch   das   IFF,   welches   sich   in unterschiedlichen Antennen und Cockpit-Einrüstungen manifestierte. Ich   bekam   mit,   dass   diese   letzten   noch   verbliebenen   Maschinen   in   Tsche- chien   verschrottet   werden   sollten.   Sie   mussten   leider   auseinandergeschnitten werden    und    der    Rest    wurde    verschrottet.    Von    den    Maschinen    mit    den Kennungen   4175,   5603   und   2500   der   MiG-21   MFN   sind   somit   leider   nur   die Cockpits    übrig.    Diese    befinden    sich    im    Besitz    des    Luftfahrtmuseums    in Koněšín, Tschechien, dessen Mitgründer ich bin.  www.letecke-muzeum.cz  
KMJ: Sehr   geehrter   Herr   Dr.   Sperl,   wir   danken   Ihnen   für   dieses   spannende   Inter- view. Einen   ausführlichen   Bericht   über   dieses   Museum   werden   wir   voraussichtlich in   der   nächsten   Ausgabe   des   Kitchecker   Modell-Journals   bringen,   welches am 1. August 2017 online gehen wird. Stefan Fraundorfer Mai 2017
Modell: Christian Ristits