Review: Bristol Beaufighter TF. X
Übersicht
Hersteller: Revell
Bausatztitel: Bristol Beaufighter TF. X
Artikelnummer: 03943
Maßstab: 1:48
Material: Polysyrol-Spritzguss, Wasserschiebebilder
Preis: UVP € 39,99
Bezugsquelle: Revell / Fachhandel
Herstellerseite / Shop: 03943
Download: Bauanleitung
Box & Bausatzinhalt
- seitenöffnende Schüttbox mit Hochglanzdruck
- 19 graue Spritzgussrahmen mit 184 Teilen
- 3 Klarsichtrahmen mit 11 Teilen
- 1 Decalbogen
- 28-seitige, farbige Bau- und Bemalungsanleitung im Format A4
- 1 Faltblatt Sicherheitshinweise
Vorwort
Mit der Bristol Beaufighter TF. X brachte Revell vor einigen Monaten eine weitere attraktive Neuentwicklung im 1/48er Maßstab auf dem Markt, die sich mit dem bisherigen und einzigen Platzhirsch von Tamiya messen darf. Da die Tamiya Beau gute Gene hat, muss Revell einiges an Raffinessen auffahren, um hier bei durchschnittlichen 40 Euro Ladenpreis einen Kaufanreiz zu schaffen. Revell wäre aber nicht Revell, würden sie diese „Hürde“ nicht meistern. Lassen Sie sich also überraschen, was uns unter der Artikelnummer 03943 erwartet.
Vorbild / Historie:
Die Bristol Type 156 Beaufighter war in Privatinitiative 1938 in Filton Airfield entworfen worden und beruhte auf dem Torpedobomber Bristol Beaufort. Das neue Design bot ein leistungsstärkeres Flugzeug, das als schweres Kampfflugzeug mit großer Reichweite für die RAF dienen sollte. Der erste Prototyp flog am 17. Juli 1939. Die von Bristol Hercules-Sternmotoren angetriebenen Mk. I der Serienproduktion wurden ein Jahr später an die RAF ausgeliefert. Insgesamt wurden 914 Exemplare der Beaufighter Mk.I von Bristol in Filton und Weston-super-Mere so-wie in Lizenz von Fairey Aviation in Stockport gebaut. Größe und Geschwindigkeit machten die Beaufighter zu einem sehr leistungsfähigen Nachtjäger, der zum Abfangen gegnerischer Maschinen ab dem Winter 1940/1941 mit einem hoch geheimen Bordradar ausgestattet war. Das erste feindliche Flugzeug (eine Junkers Ju88) wurde am 19. November 1940 von der No. 604-Squadron (Staffel) abgeschossen. Obwohl ursprünglich für den Hercules-Motor entworfen, wurden 450 Beaufighter Mk.II mit Rolls-Royce Merlin-Motoren ausgerüstet, da die Hercules-Motoren prioritär für die Produktion der Short Stirling-Bomber verwendet wurden. Spätere Versionen der Beaufighter besaßen sämtlich stärkere Motoren als den ursprünglich vorgesehenen Hercules-Motor und wiesen außerdem verschiedene Verbesserungen des Flugzeugrahmens auf – allerdings erwiesen sich Testversionen der Mk.V Beaufighter mit einer Boulton-Paul-Waffenkanzel hinter dem Pilotencockpit als nicht tauglich. Im weiteren Verlauf des Krieges dienten die Beaufighter auf allen Schauplätzen, wo die RAF kämpfte, mit unterschiedlichen Aufgaben, auch als Küstenpatrouille und Tiefangriffsflugzeug. Mehr als 5.500 Beaufighter wurden für die RAF gebaut und weitere 364 in Australien für die RAAF, die im Pazifikraum zum Einsatz kamen, wo sie von den Japanern den Beinamen “Flüsternder Tod” erhielten. Die letzte RAF Beaufighter, eine modifizierte Version, die als Zielschlepper zum Einsatz kam, wurde im Mai 1960 außer Dienst gestellt. Als Nachtjäger war die Beaufighter Mk.IF ausgerüstet mit A.I. Mk.IV-Radar, sechs 7,7-mm-Ma-schinengewehren in den Tragflächen und vier 20-mm-Kanonen unter der Nase. Die beiden 1.500 PS starken Bristol Hercules XI-Motoren verliehen der Beaufighter Mk.IF eine Höchstgeschwindigkeit von 549 km/h in 3.734 m Höhe. Die Dienstgipfelhöhe betrug 9.144 m. Spannweite: 17,65 m. Länge: 12,49 m.
Die nächste Generation des Beau, der TF.Mk.X verwendete 1770PS Herkules XVI Motoren, was die Fähigkeit zur Schiffsbekämpfung nochmals erhöhte. Sein tödliches Waffenarsenal bestand aus einem Achtzehn-Zoll-Torpedo oder zwei 5OOPfd.-Bomben, dazu acht Raketenprojektilen. In der Nase des Flugzeugs war ebenso ein spezielles Navigationssystem als auch ein A.l. Mk.VIII Radar sowohl zu Boden- als auch U-Boot-Erkundung eingebaut. Mit Beginn Anfang 1944 wurden die TF.Mk.X an die Küstenschutz-Staffeln 144, 235 und 404 ausgeliefert. Bei einem typischen Schiffsangriff sollten sich die mit Raketen ausgestatteten Beaus in niedriger Höhe den feindlichen Schiffen unter Abfeuerung der Raketen nähern. Die mit Torpedos ausgerüsteten Beaus sollten sofort nachrücken und dabei ihre Torpedos auf die Schwachstellen der angeschlagenen Schiffe abschießen. Bei der Invasion der Normandie wurden die Stützpunkte der Küstenschutz-Staffeln in den Süden von England verlegt. Von dort aus griffen die Mk.X eine Vielzahl deutscher Zerstörer und Torpedoboote an und versenkten sie. Im Marz 1945 machten die Staffeln 236 und 254, welche die Mk.X flogen, innerhalb von achtundvierzig Stunden fünf U-Boote aus und zerstörten sie. (Textquellen: Revell / Tamiya)
Der Bausatz
Dem Schüttkarton beraubt, zeigen sich die 19 hellgrauen Rahmen, die in mehreren Paaren zusammengefasst und fein säuberlich eingetütet sind. Der Glasrahmen ist natürlich einzeln eingetütet.
Für einen 2-motorigen Jäger überraschen mich die vielen Spritzrahmen, die zum Teil mit nur fünf Teilen belegt sind. Tamiya´s Beaufighter 61067 liegt mit auf dem Tisch, um beide miteinander vergleichen zu können. Fast 20 Jahre liegen zwischen diesen beiden Modellen. Gleichzusetzen ist dies mit zwei Modellbaugenerationen. Und doch weist Tamiya bei den Glasteilen die Beau von Revell in die Schranken. Während erstere glasklar und ohne jedweden Fehler abgespritzt sind, weisen die Teile von Revell Schlieren und eine Oberfläche im Innern auf, die von Ölrückständen her rühren könnten. Nachpolieren und ein Tauchbad in Future eliminieren diese Schwächen zwar weitestgehend, dürften aber heutzutage nicht mehr vonnöten sein. Dieser erste Punkt geht klar an Tamiya.
Ähnlich verhält es sich mit den hellgrauen Teilen von Revell. An die tadellose Verarbeitung der Konkurrenz aus Fernost reichen die Teile von Revell gerade so heran. Etwas mehr Schärfe der Details und weniger Häutchenbildung wäre wünschenswert. Bei ersterem denke ich an das Instrumentenbrett oder die Zylinderrippen, die bei anderen Revell-Produktionen besser strukturiert sind. Und ich denke ich an die alten Cockpits von Revell/Monogramm, die heute noch begeistern können. Es scheint fast so, als dass die Verantwortlichen aus Bünde einen neuen Werkzeugmacher/Formenbauer für dieses Model verpflichtet hatten. Dabei meckere ich hier auf einen hohen Level herum, der in Schulnoten ausgedrückt, immer noch eine 2 im Zeugnis für Revell stehen lässt. Bei der Beurteilung würde stehen: der Modellhersteller hat sich nur im Fach „Klarsichtteile“ eine Schwäche erlaubt, die er wie alle anderen ansonsten auch, einwandfrei beherrscht.
Besonderen Fleiß legt der Hersteller mit seinen vielfältigen, variantenspezifischen Optionen an den Tag, die keine Wünsche offen lässt.
Klar punkten kann Revell bei der Detaillierung. Hier schlägt Revell deutlich die japanische Konkurrenz. Nachdem bei Tamiya schon in Baustufe 3 der Rumpf geschlossen wird, und nach 16 Stufen der Bau als solches abgeschlossen ist, benötigt man bei dem Modell von Revell 15 respektive 77 Baustufen. Oder anders beschrieben; 11 zu 19 Bauteilen fürs Cockpit. Eine Sache, die wohl nie zur Zufriedenheit aller Bastler gelöst werden kann, ist die Frage der Gurte. Ob Decals, Fotoätzgurte, Piloten oder gar nichts, steht für mich hier zur Wahl. Warum man bei Revell nun den Weg von wenig realistischen, fest angegossenen Gurten gegangen ist, erschließt sich mir nicht. Dies erinnert in ihrem Aussehen sehr an Bausätze aus den 1970ern. Ohne Piloten wird man hier für Ersatz sorgen wollen, da ein Entfernen zwar möglich ist, aber der Zubehörhandel mit Sicherheit Sitze aus Resin schneller und relativ kostengünstig anbietet.
Von so kleinen Unzulänglichkeiten einmal abgesehen, erfreut der neue Bausatz von Revell mit einer Fülle an Optionen. Beginnen wir mit dem Fahrwerk, das einziehbar dargestellt werden kann. Für die ausgefahrene Position müssen die beiden Fahrwerksklappen der Hauptfahrwerke mit dem Skalpell getrennt werden. Vorbildlich ist die Fahrwerksgabel des Spornrades zweigeteilt, womit das Laufrad beweglich gehalten werden kann. Daraus ergibt sich eine Erleichterung beim bemalen. Mit Bauteil O143 und R17 kann die Wahl zwischen einer Tür zum rückwärtigen Raum hinter dem Navigator und Heckschützen, sowie ein Gestell mit darauf befestigten Magazinen getroffen werden. Zwei Nasen für den Bug, die kurze und die Stubsnase zur Aufnahme des Radars, liegen bei. Geschlossen oder geöffnet kann die Kanzel des Navigators/Heckschützen angeklebt werden. Je nach Wunsch, entfernt man hierfür entweder die Nasen am Glasteil oder schabt etwas Material am Rumpf ab. Gekonnt setzt Revell auch beide Versionen des Lufteinlaufs der Ölkühler um. Bauteil E 41 und E 42 erlaubt den kleinen Unterschied am Modell umzusetzen. Kommen wir zum „Highlight“ vom Bausatz, was die wie gesagt, vielfältigen Optionen angeht. Alle Steuerorgane können ausgefahren oder wie bei den Querrudern beweglich, je nach Wunsch, dem Modell eine persönliche Note verleihen. Gekonnt setzt Revell hier die mit Stoff bespannten Steuerorgane um. Überdies wurden beide Versionen des Höhenleitwerks berücksichtigt. Einmal, die mit den schmalen Höhenrudern, ein zweites Mal die mit mehr Tiefe ausgestatteten Rudern. Die Beau wurde ja ständig an die Erfordernisse angepasst, und wenn nötig, weiter verbessert. Gleichstand zwischen den beiden Beau´s herrscht bei der Wahl der Seitenleitwerksflosse. Beide, ob ohne oder mit der verlängerten Finne auf dem Rumpfrücken, sind baubar. Hervorragend setzt Revell die Fahrwerke selbst und den dazugehörigen Schacht um. Fein detailliert zeigen sie sich von ihrer besten Seite. Langweilig sind dagegen die Laufräder. Ohne Profil, ohne Gewichtung, ohne Reifenhersteller- und Größenbezeichnung an den Flanke sehen sie nicht gerade zeitgemäß aus.
Motorentechnisch schlägt der neue Bausatz locker den 20 Jahre älteren Kit von Tamiya. Zweireihig ausgeführt, ist der 14 Zylinder Sternmotor mit Hülsenschiebersteuerung. Dabei bemüht sich Revell sogar, die komplexe Abgassammlung des Herkulesmotors darzustellen. Überaus schwierig ist dies im Modell umzusetzen, da die Abgase im Original von beiden Reihen zuerst nach vorne in einen Sammelring geleitet werden. Dieser ist zugleich die Lufteintrittsöffnung der NACA Haube (im Modell sind es vier Teile je Cowling) , die den Herkulesmotor eng umschließt. Von dort aus werden sie seitlich rechts in die Porcupine genannten Sammelrohr eingeleitet. Revell stellt sie als abgerundete Dreiecke dar. Tatsächlich sind es aber runde Abgaskrümmerrohre, die jeweils an den rechten hinteren und linken vorderen Abgaskanal beider Zylinderreihen angeschlossen und zu einem Rohr zusammengeführt wurden. Gleiches gilt für die spiegelverkehrte Seite. Geöffnete Kühlerklappen der Motorcowling dürfen angesichts der enormen Vielfalt an Optionen nicht fehlen. Zur Wahl stehen noch Propeller mit oder ohne Spinner und die Einstiegsklappe, die geöffnet oder geschlossen zur Schau gestellt werden kann. Zu guter Letzt noch der Torpedo, bei dem die gegenläufige Antriebsschraube dann doch hätte einzeln beigelegt werden sollen, anstatt sie mit anzuspritzen. Die generelle Ausführung der Gravuren finde ich gut, hätte aber gegen ein bisschen mehr Tiefe und Schärfe nichts einzuwenden. Aber hier entscheidet auch der persönliche Geschmack. Im Abgleich mit der Bauanleitung habe ich drei Auswerferstellen je Seite am vorderen Teil des Cockpits ausgemacht, die eventuell sichtbar sein könnten. Wenn es so ist, wären diese leicht zu entfernen. Ansonsten erkenne ich keine weiteren Stellen, die Nacharbeit erfordern würden. Das ist sehr lobenswert, denn damit geht ein schneller Zusammenbau einher.
Decalbogen
Auf einem ultrafeinen Trägerfilm sind alle Decals perfekt in der Rasterung, richtig geschrieben und in Farbtreue gedruckt. Wie der Code auf dem Decalbogen verrät, hat Revell auch diesen bei der italienischen Decalschmiede Cartograf herstellen lassen. Einziges Manko, das grobe Design des Decalelements für die Instrumententafel tröstet nicht wirklich über die unscharfe Oberfläche des Plastikteils hinweg. Das geht heutzutage nun wirklich besser bzw. originalgetreuer!
Die insgesamt gesehen wenigen Markierungen und Stencils, sind auf die im originalen mager dekorierten Maschinen zurückzuführen.
Bauanleitung
Bei der Bau- und Bemalungsanleitung macht Revell, was die Verständlichkeit und sonstigen Angaben betrifft, alles richtig. Piktogramme und die aus dem eigenen Farbprogramm angegebenen Farb- und Mischangaben erleichtern jedem den Zusammenbau. Leider vermisse ich das bei den Vorgängeranleitungen zu Eingangs lesenswerte Intro. Die letzten vier Seiten zeigen die zwei zu verwirklichenden Maschinen großzügig von links, rechts, oben und unten. Wobei die erste mit ihren Invasionsstreifen die Attraktivere von beiden ist.
- Bristol Beaufighter TF.X, No.489 (NZ) Squadron, Royal Air Force, Langham, England, July 1944
- Bristol Beaufighter TF.X, No.254 Squadron, Royal Air Force, North Coates, England, Mai 1945
Modelldetails
Bildquelle: Revell
Fazit
Herausragendstes Merkmal der neuen Beaufighter aus dem Hause Revell sind die vielfältigen Bausatzoptionent, bezüglich Klappen, Fahrwerk, Querruder und Höhenleitwerk samt Seitenruder etc. Auch in der gesamten Detaillierung kann sich der Bausatz gegenüber der japanischen Konkurrenz behaupten. Nur die oben angesprochenen kleinen „Missstände“ wird der ambitionierte Modellbauer mittels Eigeninitiative oder Zurüstteilen bereinigen wollen.
Insgesamt gesehen ist bei der kompletten Ausführung der Teile noch etwas Luft nach oben, was ich jedoch im Vergleich zu anderen Modellen von Revell auf einen Wechsel des Werkzeugmachers zurückführen würde.
Ja, Revell hat mit diesem Modell einen Kaufanreiz für eine weitere Beaufighter geschaffen. Zudem lässt die Aufteilung des Bausatzes weitere Varianten erwarten.
Diese sehr empfehlenswerte Modellneuheit erhalten Sie direkt bei Revell oder im gut sortierten Fachhandel.
Happy Modelling,
Guido Veik