Übersicht
Artikelbezeichnung: M3 Lee, early production, Interior Kit
Maßstab: 1/35
Hersteller: MiniArt
Material: Spritzguss, Fotoätzteile, Decals
Preis: ca. € 48,–
Artikelnummer: 35206
Produktlink: M3 Lee
Download: Bauanleitung
Einleitung
Sehr groß war die Freude, als der ukrainische Hersteller MiniArt eine M3 Lee/Grant-Reihe angekündigt hat. Seit einigen Monaten ist es nun endlich soweit und wir dürfen euch den Bausatz des M3 Lee (frühe Ausführung) inklusive Inneneinrichtung vorstellen. Mittlerweile gibt es MiniArts Lee bzw. Grant schon in 6 verschiedenen Versionen – und weitere werden folgen. Gut so, denn wie ihr im folgenden Bericht erfahren werdet, handelt es sich um einen Bausatz der Spitzenklasse.
M3 Lee
Box & Inhalt
Den praktischen, aber etwas dünnwandigen Stülpkarton ziert ein schönes Bild eines M3 Lee während eines Kampfeinsatzes. Die Box ist randvoll mit unterschiedlich großen Spritzgussrahmen. Wer sie aus der umschließenden Zellophanverpackung nimmt, wird sie garantiert nicht mehr darin unterbringen können.
60 Spritzgussrahmen in grauem Plastik
1 Rahmen mit den Klarsichtteilen
1 Fotoätzteilplatine
1 Decalbogen
32-seitige, teilweise in Farbe gedruckte Bauanleitung im Format A4
Geschichte des Originals
Als sich die Kriegsgefahr für die USA nach dem überraschenden Zusammenbruch Frankreichs im Juni 1940 erhöhte, wurde das US-amerikanische Heer aufgerüstet. Da die US Army irrtümlich annahm, der mit einer 75-mm-Kanone bewaffnete Panzer IV wäre der häufigste deutsche Kampfpanzer, wurde der Einbau einer 75-mm-Kanone in die US-Panzer gefordert. Allerdings war der Turm des mittleren Panzers M2 Medium Tank für dieses Geschütz zu klein. Parallel zur zeitaufwändigen Entwicklung eines neuen Panzers wurde beschlossen, einen auf dem M2 basierenden Panzer mit einer seitlich in einer Kasematte angebrachten 75-mm-Kanone als Übergangslösung zu bauen. Wegen des eingeschränkten Schwenkbereichs der Hauptwaffe wurde die 37-mm-Kanone im Turm beibehalten. Innerhalb von nur sechs Monaten entstand so der M3.
Seinen ersten Fronteinsatz erlebte der M3 bei der britischen 8. Armee in Nordafrika, wo er die Feuerüberlegenheit der gegnerischen Panzer kompensierte. Hier erhielt er die Namen „Lee“ bzw. „Grant“, abhängig von verschiedenen Serienausführungen (Namensgeber waren die beiden Generäle Robert Edward Lee und Ulysses S. Grant aus dem amerikanischen Bürgerkrieg). Der Einbau der Hauptbewaffnung in der Wanne erwies sich bei den schnell wechselnden Gefechtslagen in der Wüste als schwerwiegender Nachteil. Alles in allem wurde der M3 aber wegen seiner Zuverlässigkeit und der überlegenen Feuerkraft der 75-mm-Kanone, die im Gegensatz zu britischen Panzerkanonen auch Sprenggranaten zur Bekämpfung von Panzerabwehrgeschützen verschießen konnte, sehr geschätzt.
Eine größere Anzahl wurde auch an die Rote Armee in der Sowjetunion geliefert. Hier wurde er „Grab für 6 Freunde“ genannt, da er bei Treffern leicht in Brand geriet. Einzelne an der Ostfront erbeutete M3 Lee/Grant wurden von der Wehrmacht unter der Bezeichnung M 3 747(a) eingesetzt. Da ab 1942 der M4 Sherman als überlegener Entwurf inzwischen den M3 in der Massenfertigung abgelöst hatte, verschwand der M3 Anfang 1943 sehr schnell aus den Panzereinheiten. Nach dem Ausbau der Bewaffnung und des Turms diente er als Basis für zahlreiche Versuchs- und Spezialpanzer, unter anderem zum Räumen von Minensperren und als Bergepanzer.
Insgesamt (mit allen sechs Versionen) wurden 6258 Grant produziert. Auch die Selbstfahrlafette M7 Priest mit einer 105-mm-Haubitze basierte auf dem Chassis des M3. Eine größere Anzahl später umgerüsteter M3 wurde als Zugmaschine für schwere Geschütze – 203-mm-Kanone und 240-mm-Haubitze – eingesetzt. (Quelle: Wikipedia)
Bausatz & Teile
Hat man alle Spritzgussrahmen vor sich liegen, fällt sofort auf, dass die Wanne nicht in einem Stück gegossen wurde, wie bei vielen anderen Panzerbausätzen üblich. Bis auf den Turm wird bei MiniArts M3 Lee praktisch alles aus Einzelteilen aufgebaut. Beim Betrachten der Teile stechen die feinen Details ins Auge. Besonders bemerkenswert ist die Oberflächenstruktur, wie zum Beispiel die geriffelten Böden im Inneren, aber so richtig überzeugend ist die Gussstruktur am Turm. Ein weiteres nettes Detail, sind die im Plastik angegossenen, dem Original entsprechenden, Gussnummern. Die Nieten der Panzerplatten an der Wanne wurden gestochen scharf und ohne irgendwelche Deformierungen abgegossen.
Den Continental R975 Sternmotor kann man schon als Modell im Modell bezeichnen. Hier wurde nicht mit Details gegeizt, sogar der Boden des Motorraums wurde mit bereits im Plastik eingearbeiteten Kabeln und Schläuchen versehen. Der Innenraum wird mit vielen netten Kleinigkeiten ausgestattet, so zum Beispiel Dreibeine für die Browning MGs, oder Thompson Maschinenpistolen, die an den Seitenwänden angebracht werden. Natürlich gibt es auch ein komplettes Arsenal an Granaten für die 75 mm Kanone in der Kasematte bzw. für die 35 mm Kanone im Turm. Zudem wird die komplette Geschützschwinge samt Sitzplatz für den Richtschützen ihren Platz im Inneren finden. Klar, bei einem Bausatz mit Inneneinrichtung sollte das nicht überraschen, aber der Detailgrad ist überragend.
Die Fotoätzteile bringt vor allem im Außenbereich noch mehr Realismus, etliche Zurrgurte für diverse Werkzeuge befinden sich darauf, aber auch der Scheibenwischer für die Verglasung der Fahrerluke, oder der Schutzbügel für den Scheinwerfer werden aus PE-Teile hergestellt. Fotogeätzte Lüftungsgitter dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Die Rohre der beiden Kanonen wurden jeweils in einem Stück gegossen, damit erspart man sich auf jeden Fall eine eventuell zu versäubernde Klebenaht. Die Waffen bleiben nach dem Einbau beweglich.
Natürlich ist auch eine flexible Einzelgliederkette im Bausatz enthalten, die genial konstruiert wurde, aber auch sehr viel Arbeitsaufwand verursachen wird. Jedes Kettenglied muss aus vier Teilen zusammengesetzt werden, jede Kette benötigt 79 dieser Glieder. Das macht in Summe 632 Teile, die von den Gussästen getrennt und versäubert werden müssen. Trotzdem ist eine Einzelgliederkette im modernen Panzermodellbau schon fast nicht mehr wegzudenken. Neben der flexiblen Kette wird auch das Fahrwerk beweglich gelagert.
Selbstverständlich lassen sich für einen Bausatz mit kompletter Inneneinrichtung alle Luken geöffnet anbauen. Und davon hat der Lee gar nicht so wenige, man wird also am fertigen Modell einen halbwegs guten Blick ins Innere werfen können.
Bauanleitung, Decals & Markierungsmöglichkeiten
Dass sich ein Panzermodell mit aberhunderten Teilen nicht in wenigen Schritten bauen lässt, ist selbstredend. Daher ist die Bauanleitung klar in 112 Abschnitte strukturiert. Die sehr exakten Zeichnungen sind in schwarz, weiß und grau gehalten. Manchmal muss man aber schon genauer hinsehen, um die exakte Klebeposition feststellen zu können. Bei einigen Bauabschnitten hat man die Möglichkeit Klappen offen, oder geschlossen anzubauen. Hier sollte man immer Acht geben, welche Teile man für welche Option verwenden muss, und wie diese anzubringen sind. Es wird in der Anleitung aber immer darauf hingewiesen.
Sehr lobenswert ist auch, dass vor allem im Innenraum praktisch alle Einzelteile bzw. Baugruppen mit einem Farbcode versehen wurden, man muss also nicht laufend recherchieren, welche Farbe man auftragen soll. MiniArt bezieht sich bei der Farbangabe gleich auf sechs Hersteller, nämlich Vallejo, Mr. Color, Life Color, Tamiya, AK, und Mission Models.
Der Decalbogen hält Markierungen für acht verschiedene Versionen bereit. Der Nassschiebebilder wurden von der ukrainischen Firma Decograph gedruckt und macht einen recht guten Eindruck. Der Trägerfilm sieht sehr dünn aus und schließt beinahe perfekt mit den Außenrändern der Decals ab. Nur unter der Lupe sind minimale Unschärfen zu erkennen.
Auf Seiten 2, 3, 29 und 30 der Bauanleitung findet man die acht farbigen Markierungs- und Bemalungsmöglichkeiten. Auch wenn nicht alle Optionen als Vier-Seiten-Risszeichnungen vorliegen, sind doch alle Decalpositionen genau angegeben. Durch die gut gemachte farbige Illustration hat man auch schon einen ersten Ansatz, wie man den Panzer altern könnte. Es kann aus folgenden Möglichkeiten gewählt werden:
1st Armored Division US Army, Manöver in Carolina, USA, November 1941
2nd Armored Division US Army, Fort Benning, Georgia, USA, Anfang 1942
Training armored division Canadian Army, Großbritannien, 1942
Vermutlich 192. Panzerbrigade, 61. Armee der Roten Armee, Brjansker Front, Juli 1942
Vermutlich 192. Panzerbrigade, 61. Armee der Roten Armee, Brjansker Front, Juli 1942
Beutefahrzeug der Deutschen Wehrmacht, Mzensk, Februar 1943
Beutefahrzeug der Deutschen Wehrmacht, Ostfront, 1943
5. Garde-Panzer-Armee der Roten Armee, Kursk, Juli 1943
Baufortschritt und fertiges Modell des M3 Lee von MiniArt in 1/35
Bildquelle: MiniArt
Fazit
Der M3 Lee in 1/35 von MiniArt ist ein phänomenaler Bausatz! Mit den scheinbar unendlich vielen Teilen ist der Bastelspaß für eine ganze Weile sichergestellt. Die unglaubliche Qualität macht diese Zeit dann auch noch zu einem echten Vergnügen. Die Wahl einer Markierungsvariante sollte bei den acht, die zur Auswahl stehen, nicht schwerfallen. Die im Bausatz befindlichen Fotoätzteile lockern das Plastikkleben noch dazu etwas auf. Außerdem sind die Teile allesamt sinnvoll und erhöhen den Realismus. Aufgrund der hohen Teileanzahl, der Einzelgliederkette und der teilweise recht filigranen PE-Teile, empfehle ich diesen Bausatz dem erfahrenen Modellbauer.
Das Prädikat „overengineered“ trifft auf diesen Kit teilweise sicher zu, vor allem die Ketten haben es in sich. Aber wollen wir nicht alle Details, Details und noch mal Details? Und genau das liefert MiniArt!
Stefan Fraundorfer, Januar 2020