Size matters
Modell: Airbus A380-800
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/144
Verwendeter Bausatz: Revell (03922)
Der kleine Miniatur-Maßstab 1:144 und die Erfahrung von eindrücklicher Größe, die man nur mehr mit Vorsicht über dem „Luftraum“ des Werktisches handhaben oder in den beschränkten Raum einer Airbrush Absaugkabine zwängen kann, scheinen ja eigentlich nicht so recht zusammenzupassen: bei einhundertvierundvierzigfacher Verkleinerung schrumpfen selbst große Flugzeuge zu wirklich sehr kleinen Miniaturen zusammen, die sich für gewöhnlich selbst auf der Fläche einer Hand bequem parken lassen – außer man hat es mit einem Airbus A380-800 zu tun!
„Size matters“ ist ein Gedanke, der sich allerdings nicht nur bei diesem Modell aufdrängt, sondern auch beim gewaltigen Original seine Rolle gespielt hat: schiere Größe und rekordverdächtige Abmessungen dürften in die Fliegerei einen Wert an sich haben. Das damit verbundene Prestige und die gesicherte Aufmerksamkeit streicheln Eitelkeiten und fördern den Umsatz, so zumindest eine verbreitete Erwartung. Dementsprechend war die Geschichte der Fliegerei nie auch nur eine Jagd nach dem Schnelleren, Höheren oder Effizienteren, sondern immer wieder auch eine nach der superlativen Größe. Dass man sich dadurch tatsächlich Bekanntheit verschafft, lässt sich leicht beweisen: wer kennt diese Namen etwa nicht? Dornier Do-X, Junkers G-38, LZ-129 Hindenburg, Boeing 314 Clipper, Howard Hughes H4 „Spruce Goose“, Boeing 747 oder Antonov An-225 Mriya… Alle diese Konstruktionen waren zu ihrer Zeit die allergrößten ihrer Art, oder zumindest sehr nah dran.
Zum Airbus A380
Auch bei der multinationalen Grundsteinlegung zum Airbus A380 wird dieser Faktor eine Rolle gespielt haben. In den 80er Jahren wurde bei Airbus die strategische Entscheidung zugunsten eines großen vierstrahligen Großraumjets getroffen, der in der Liga der ganz Großen mitspielen würde und diese in entscheidenden Punkten übertreffen sollte. Das anfangs A3XX genannte Projekt sah den Einsatz neuartiger Verbundwerkstoffe und die Verwendung eines Antriebs einer neuen Triebwerksgeneration vor, dadurch sollte eine Verminderung der Betriebskosten um 15 Prozent der für die damaligen Großraumjets üblichen Werte ermöglicht werden.
Mit der aus den folgenden Konzeptstudien resultierenden A380 konnte Airbus das größte je in Serie gebaute Verkehrsflugzeug der Welt anbieten. Man exponierte sich auch insofern, als die anderen großen Anbieter gerade zu dieser Zeit die Entwicklung großer viermotoriger Maschinen zurückzogen. Boeing etwa hatte in jenen Jahren beschlossen, die 747 nicht mehr weiterzuentwickeln und die Produktion zugunsten kleinerer und enorm leistungsfähiger Jets auslaufen zu lassen. Hinter diesen beiden Wegen stehen zwei unterschiedliche strategische Ansätze: Airbus hatte mit der A380 auf das Drehkreuzkonzept gesetzt, während man sich bei Boeing, McDonnell oder auch Iljushin auf eine Intensivierung der Direktflugverbindungen vorbereiteten. Welches der beiden Ansätze sich durchsetzen würde, sollte schon bald die Zukunft zeigen.
Aufgeteilt in den Hauptkoordinationsländern Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien liefen während der Neunzigerjahre die Arbeiten zur Konzeption der neuen A380 bis Airbus im Jahr 2000 nach dem Eingang von 50 Fixbestellungen die Produktion eines ersten Prototypen frei geben konnte. Kurz nach der öffentlichen Präsentation des ersten A380 mit der Seriennummer (MSN) 001 im Jänner 2005 fand, ebenfalls unter größter medialer Beachtung, am 27. April in Toulouse der Jungfernflug einer A380 statt. Im November 2006 waren alle Prüfungen und Zertifikate des Zulassungsverfahrens absolviert und die kommerzielle Verwendung der A380 konnte beginnen.
Tatsächlich gestaltete sich der Einsatz des gewaltigen Großraumflugzeuges allerdings weniger spektakulär und erfolgreich, als von Airbus geplant. Nach anfänglichen Auslieferungsschwierigkeiten auf Seiten von Airbus und zurückgenommener Kaufoptionen seitens interessierter Airlines blieb die Produktion hinter den prognostizierten Zahlen. Aus dem „letzten Riesen“ drohte bald ein „trauriger Riese“ zu werden. Durch die Größe der Maschine konnten einige Flugplätze nicht so ohne weiteres angeflogen werden, teure infrastrukturelle Maßnahmen wurden so notwendig, um den Giganten überhaupt wirtschaftlich betreiben zu können. Unter den 14 Airlines, welche die A380 in den kommenden Jahren tatsächlich einsetzten, ragt Emirates mit stattlichen 124 Maschinen weit hervor. Alle anderen Halter betrieben wesentlich weniger A380: bei Singapore Airlines waren es 24, Lufthansa setzte 14 und British Airways 12 Maschinen ein, von den restlichen Fluglinien wurden von vier je 10, von den anderen noch weniger A380 geflogen. Im März 2019 wurde die letzte A380 ausgeliefert, womit nach nur 251 Exemplaren die Produktion des letzten vierstrahligen Großraumflugzeuges zu Ende gegangen ist. Aktuell werden einige abgestellte A380 reaktiviert, um das nach den Corona-Einschränkungen neu hochschießende Weltflugaufkommen bewältigen zu können. 2023 fliegen All Nippon Airways (2), Etihad Aiways (10), Air France (6) und Malaysia Airlines (6) die letzten der großen Airbus-Giganten.
Wird sich der Airbus A380 zu den eingangs aufgezählten legendären Flugzeuggiganten gesellen können? Allein schon von den Abmessungen her hat dieser Riese einen unanfechtbaren Fixplatz. Mit einer Spannweite von 79,80 Metern überragt sie jene 68,4m der Boeing 747 weit; einer An-225 Mryia mit 88,4 Metern Spannweite müssen sich allerdings beide geschlagen geben. Mit einer Länge von 72,7 m bleibt sie knapp hinter den 76,3 m der 747 (An-225 Mriya 84,0 Meter). Zugelassen für maximal 853 Passagieren und einer Reichweite von 15.200 Kilometern sowie einer Höchstgeschwindigkeit von 940 km/h (Mach 0,87) ist die A380 jedoch unbestritten das größte je in Serie gebaute Verkehrsflugzeug der Welt – ein Titel, den der Riese in absehbarer Zeit nicht wieder hergeben wird müssen.
Zu Bausatz und Bauprozess
Wie dem Leser an dieser Stelle vielleicht schon klar geworden ist, bin ich kein ausgesprochener Kenner der Airliner-Szene. Ich füge gleich hinzu: auch der Maßstab 1:144 ist mir relativ neu, meine Erfahrung beschränkt sich hier auf eine Handvoll Modelle. Um bei einer 144er A380 zu landen, benötigte es also eines besonderen Anlasses: ursprünglich hatte ich die A380 erworben, weil ich ihr Fahrwerk für ein anderes Projekt verwenden wollte (der fiktive Space Clipper Orion III, die Idee mit dem Fahrwerk hat sich inzwischen zerschlagen). Allerdings haben mir die A380 Bausatzteile, als ich sie durchgesehen und noch mehr, als ich sie in Händen gehalten hatte, so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, als Abwechslung diesen schönen Airliner auch tatsächlich zu bauen.
Beeindruckt haben mich die Teile tatsächlich: einmal durch ihre schiere Größe, zum anderen durch den sprichwörtlichen „Mut zur Lücke“, der sich hier buchstäblich in den nicht zu verglasenden Fensterreihen und der gähnenden Leere des voluminösen Rumpfinneren zeigte. Über die Frage, wie mit den leeren Passagierfenstern umzugehen sei, half schnell der ausgezeichnete Decalbogen hinweg. Hier sind zwei Versionen für die Fensterumrandungen zu finden, einmal nur die Umrandungen, zum anderen mit ausgefüllten dunklen Fensterflächen. In etwas mühevoller Arbeit wurden daher die Fenster verspachtelt und nachfolgend die Oberflächen verschliffen. Mit den qualitativen Decals ergibt das schlussendlich ein recht schönes Gesamtbild.
Ein ernsteres Thema stellten die schwer verzogenen Hälften der beiden Tragflächen dar. Ich musste mit langwieriger Hitze- und Dampfeinwirkung das widerspenstige Polysterol erst überzeugen, eine zumindest vorbildähnliche Form einzunehmen – was schlussendlich auch annähernd gelang. Allerdings brachte mich hierbei nicht nur der wabernde Wasserdampf ab und an ins Schwitzen!
Der fertig montierte Rumpf zeigte sich als zu weich und federnd, als es darum ging, die beiden sich weit ausstreckenden Tragflächen anzubringen. Um dem abzuhelfen und allgemein die Stabilität zu erhöhen, habe ich einen passenden Metall-Rundstab als zusätzlichen Tragflächenholm eingepasst. Dies kann ich wärmstens weiterempfehlen.
Fazit
Auf einem der beigefügten Bilder habe ich den A380 mit einer maßstabsgleichen Boeing 307 Stratoliner aus dem Jahr 1940 zusammen abgelichtet. Mich hat der Größenvergleich erstaunt und fasziniert: nur rund sechzig Jahre liegen zwischen den beiden jeweiligen Flugzeugriesen ihrer Zeit! Persönlich habe ich den Bau und die Beschäftigung mit Revells A380 sehr genossen. Bei allen beschriebenen Herausforderungen bleibt dieser Bausatz ein recht abwechslungsreiches und zügig zu bauendes Vergnügen, das zu einem eindrucksvollen Modell führen wird. Nicht nur, aber schon auch wegen der Größe des Modells!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer