Übersicht
Artikelbezeichnung: Short Sunderland Mk.III „U-Boat Killers“
Maßstab: 1/72
Hersteller: Special Hobby
Material: Spritzguss, Resin, Decals
Preis: ca. € 40,–
Artikelnummer: SH72304
Produktlink: Short Sunderland Mk.III
Download: Bauanleitung
Einleitung
Wer das mächtige Flugboot Short Sunderland im Maßstab 1/72 bauen möchte, kann auf drei Hersteller zurückgreifen. Der Bausatz von Airfix ist schon sehr betagt, stammt aus dem Jahr 1959 und wurde seither immer wieder mal aufgelegt. Italeri brachte seine Sunderland 2012 auf den Markt. Der aktuellste Kit stammt von Special Hobby aus Tschechien. Die Formen wurden 2019 ganz neu konstruiert. Der uns vorliegende Bausatz ist die zweite Auflage, ergänzt mit neuen versionsspezifischen Teilen.
Short Sunderland Mk.III


Box & Inhalt
Das Deckelbild des praktischen Stülpkartons zeigt eine Sunderland, die gerade ein aufgetauchtes deutsches U-Boot angreift. Der Inhalt des Bausatzes setzt sich wie folgt zusammen:
12 Spritzgussrahmen in grauem Kunststoff mit 387 Teilen
1 Rahmen mit 62 Klarsichtteilen
4 Resinteile
1 Decalbogen
24-seitige farbige Bau- und Bemalungsanleitung im Format A4
Geschichte des Originals
Die Short S.25 Sunderland war ein viermotoriges Flugboot aus britischer Produktion. Sie wurde als Militärausführung des Verkehrsflugbootes S.23 Empire entwickelt. Von 1937 bis Oktober 1945 baute Short Brothers 749 dieser Langstrecken-Mehrzweckflugboote, die von 19 Staffeln der Royal Air Force sowie in den Seefliegerkräften anderer Staaten eingesetzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige Exemplare zur zivilen Version Short Sandringham umgebaut.
Noch bevor die S.23 im Juli 1935 ihren Erstflug absolviert hatte, forderte das britische Air Ministry deren Weiterentwicklung zu einer rein militärischen Version. Die Vorgaben von 1933 sahen ein viermotoriges, als Seeaufklärer verwendbares Flugboot vor. 1934 gab das Ministerium den Auftrag zum Bau eines Prototyps, der erstmals am 16. Oktober 1937 flog.
Im Herbst 1938 traten die ersten Maschinen in den Dienst des RAF Coastal Command. Die Sunderland war das effektivste britische Flugboot des Zweiten Weltkrieges und wurde zur Seeaufklärung, U-Boot-Abwehr, für Transportaufgaben und im Seenotdienst eingesetzt. Über 60 deutsche U-Boote der Kriegsmarine wurden von den Flugzeugen versenkt. 16 Exemplare waren bei der Royal New Zealand Air Force im Einsatz.
Das Muster war als freitragender Schulterdecker in Ganzmetallbauweise mit Normalleitwerk ausgelegt. Hoher, geräumiger Bootsrumpf und zwei Stützschwimmer mit je einer Stufe. Die Leermasse erhöhte sich bis 1944 auf 16.800 kg, die maximale Startmasse auf 29.550 kg, da sich die militärische Zuladung verdoppelte. Von den fünf Baureihen (Mk. I – Mk. V) waren drei mit Bristol Pegasus-Motoren (850 bis 1.025 PS) und zwei mit Pratt & Whitney „Twin Wasp“-Motoren (1.200 PS) ausgerüstet. Die Mk.III war die mit 461 Stück meistgebaute Version der Sunderland. (Quelle: Wikipedia in Auszügen)
Alle Fotos der Originalmaschinen wurden 2011 von Stefan Fraundorfer aufgenommen und zeigen Sunderlands aus dem Imperial War Museum Duxford und dem RAF Museum London.
Bausatz und Teile
Beim Öffnen der gut gefüllten Box springen einem sofort die beiden ca. 36 cm langen Rumpfhälften ins Auge. Und mit fast 48 cm Spannweite wird die Sunderland auch im „kleinen“ Maßstab ein stattliches Modell. Bleiben wir gleich bei Rumpf und Tragflächen: Die einzelnen Paneele, aus denen die Außenhaut des Originals bestand, sind durch sauber ausgeführte Gravuren schön wiedergegeben. Nietenreihen sind aber nicht vorhanden. Auch die Innenseite des Rumpfes ist super strukturiert. Hier stören nur einige Auswurfpins das Gesamtbild. Allerdings wird man am fertigen Modell davon kaum etwas sehen.
Die Spritzgussrahmen sind durchwegs sauber gespritzt. Ab und zu sind kleinere Sinkstellen zu erkennen – z.B. an den Rädern und der Rumpfunterseite. Besonders an Kleinteilen, und hier vor allem an den MGs, ist etwas Gussgrat zu sehen, der sich aber recht einfach entfernen lässt. Die vielen Antennen der Sunderland sind so fein umgesetzt, wie es spritzgusstechnisch möglich ist. Trotzdem wirken sie in diesem Maßstab immer noch etwas klobig. Wer es für notwendig hält, sie zu ersetzen, wird am Zurüstmarkt fündig werden, oder baut sie selbst z.B. aus Draht neu auf.
Es sei auch erwähnt, dass die Teile auf den Rahmen nicht nummeriert sind. Das bedeutet, man muss jedes Mal in der Bauanleitung auf den Seiten 2 bis 5 nachsehen, wo sich das gerade benötigte Bauteil befindet. Etwas mühsam! Der Bau beginnt mit dem Cockpit und der umfangreichen Inneneinrichtung des Rumpfes. Erst im 39. Bauabschnitt werden die Rumpfhälften geschlossen. Die Anzeigen der Cockpitinstrumente werden mit einem Decal dargestellt. Gurte für die Pilotensitze sind nicht vorhanden. Auch das „Stockwerk“ unterhalb des Cockpits wird gut detailliert, weil hier eine Tür offen angebaut werden kann, die einen gewissen Einblick ins Innere gewährt.
Für einen korrekten Sitz und sicheren Halt der großen Tragflächen sorgen massive, bereits angegossene Führungsschienen – eine sehr gute Lösung. Die Bombenracks können entweder ausgefahren unter den Flügeln oder im Rumpfinneren angebaut werden. Alle Steuerflächen mit Ausnahme des Seitenruders sind angegossen. Gut gelöst hat Special Hobby auch die Anbringung der MG-Türme. Sie können nach dem Zusammenbau des Modells und dessen Lackierung angebaut werden. Dadurch ist gewährleistet, dass die filigranen Läufe bei unachtsamem Handling nicht beschädigt werden.
Die vier Sternmotore sind für diesen Maßstab schon sehr gut detailliert. Wer hier noch mehr Realismus in Form von Zündkabeln möchte, wird bei Eduard fündig. Die Tschechen bieten eine ganze Palette an Detaillierungssets aus Fotoätzteilen für die Sunderland von Special Hobby an. Die Auspuffanlage mit den Flammvernichtern wurde übrigens sehr ansprechend in Resin abgegossen. Leider können die Klarsichtteile mit den gut gemachten Spritzgussrahmen nicht ganz mithalten. Besonders an den MG-Türmen sind deutliche Schlieren zu erkennen. Übrigens rate ich hier zum Kauf von vorgestanzten selbstklebenden Abdeckmasken – glaubt mir, ihr werdet es nicht bereuen, denn die Sunderland hatte sehr viele Glasflächen.
Bauanleitung, Decals und Markierungsmöglichkeiten
Die exakt gezeichnete Bauanleitung ist typisch für Special Hobby durchgehend farbig gestaltet. Durch das Format A4 sind alle 81 Bauabschnitte in angenehmer Größe dargestellt. Auch bei kleinen Teilen ist angegeben, wie sie bemalt werden sollten – das erspart viele Recherchearbeit (Bauanleitung in Auszügen siehe unten). Als Farbreferenz bezieht sich der Hersteller auf das Sortiment von Gunze.
Der Decalbogen von Cartograf ist über jeden Zweifel erhaben, er ist extrem sauber und gestochen scharf gedruckt, der Überstand des Trägerfilms ist minimalts. Die Nassschiebebilder lassen sich erfahrungsgemäß sehr gut verarbeiten und ermöglichen folgende vier Markierungsvarianten:
EK591/2-U, No. 422 (RCAF) Sqn. RAF, Castle Archdale, Nordirland, Anfang bis Mitte 1944
EJ168/J, No. 343 (French) Sqn. RAF, Dakar, Afrika, 1944
EJ134/N, No. 461 (RAAF) Sqn. RAF, Pembroke Dock, Wales, 1943
DV969/E, No. 10 Sqn. RAAF, Pembroke, Wales Frühling 1943
Fazit
Special Hobby hat bei diesem Bausatz sehr gute Arbeit geleistet. Mit ihm wird sich ein imposantes Modell dieses mächtigen Flugboots realisieren lassen. Die Spritzgussteile wurden gut umgesetzt, die Oberflächen überzeugend gestaltet, der Bauplan ist akkurat gezeichnet sowie leicht verständlich und es stehen vier Markierungsoptionen zur Auswahl. Die große Anzahl an Teilen wird für lange anhaltenden Bastelspaß sorgen. Daraus ergibt sich aber auch, dass der Kit eher dem fortgeschrittenen und erfahrenen Modellbauer zu empfehlen ist.
Stefan Fraundorfer, Oktober 2020