Übersicht
Artikelbezeichnung: AJ-37 Viggen „Strike Fighter“
Maßstab: 1/72
Hersteller: Special Hobby
Material: Spritzguss, Decals
Preis: zwischen ca. € 19,– und € 27,–
Artikelnummer: SH72378
Produktlink: AJ-37 Viggen „Strike Fighter“
Download: Bauanleitung
Einleitung
In enger Kooperation entwickelte im Jahr 2014 Special Hobby aus Prag gemeinsam mit der schwedischen Firma Tarangus die Saab Viggen im Maßstab 1/48. Vier Jahre später legte das Duo nach und brachte das Kampfflugzeug auch in 72facher Verkleinerung auf den Markt. Abwechselnd und zeitlich versetzt wurden die verschiedenen Varianten angeboten. Aktuell ist Special Hobby mit der AJ-37 „Strike Fighter“ dran – also der Jagdbomber-Version der Viggen.
AJ-37 Viggen „Strike Fighter“
Box & Inhalt
Das sehr ansprechend gestaltete Deckelbild zeigt eine in Naturmetall gehaltene Viggen beim Alarmstart. Hier der Inhalt des praktischen Stülpkartons in Kurzform:
6 hellgraue Spritzrahmen mit 142 Teilen
1 Rahmen mit 20 klaren Teilen
1 Decalbogen
20-seitige farbige Bauanleitung
Geschichte des Originals
Die Anfang der 1960er Jahre als Ersatz für die J 32 Lansen entwickelte Viggen gehörte zu den ersten modernen Kampfflugzeugen mit Deltatragwerk und Canardflügeln. Letztere verliehen der Maschine gute Manövriereigenschaften und in Verbindung mit den Deltaflügeln die kurze Startstrecke, die die Viggen für den Einsatz von Straßen aus benötigte, wie ihn die schwedischen Luftstreitkräfte für den Kriegsfall einplanten.
In der nordischen Mythologie bedeutet Viggen „Donnerschlag“ oder der „Hammer des Donnergottes Thor“. Und das Flugzeug namens Viggen war genauso gewaltig wie Thors Hammer. Sein Zweck war, einen Angriff auf das traditionell neutrale Schweden so zu erschweren, dass er sich für keinen potentiellen Angreifer gelohnt hätte.
Nach dem Erstflug der Viggen am 8. Februar 1967 erschien zuerst die Erdkampfvariante AJ 37. Später folgten die Abfangjäger-, Fotoaufklärer- und Seeaufklärerversion. Von den insgesamt 329 gebauten Viggen wurden 108 in der Version AJ 37 gefertigt, die von einem Nachbrenner-Mantelstromtriebwerk Volvo Flygmotor RM8A mit 115,76 kN Schub angetrieben wurden. Die Höchstgeschwindigkeit lag in 11.000 m Höhe bei 2.124 km/h. Sie war mit Penguin-Schiffsabwehr- oder Maverick-Luft-Boden- oder Sidewinder-Luft-Luft-Lenkwaffen und Kanonen- oder Raketenbehältern oder bis zu 6.000 kg an Bomben schwer bewaffnet.
Die Viggen wurde übrigens nicht zum Exportschlager. Alle gebauten Einheiten versahen ihren Dienst nur in der schwedischen Luftwaffe.
Bausatz & Teile
Eines gleich vorweg: das Entwicklerteam hat beim Design der hochwertigen Stahlformen ganze Arbeit geleistet. Die Oberflächengestaltung der Hauptkomponenten Rumpf, Tragflächen, Canards sowie dem Seitenleitwerk ist mit sauber und fein gravierten Blechstoßlinien und Wartungsdeckeln mit entsprechenden Verschraubungen hervorragend gelungen. Auch die Kleinteile sind super detailliert und scharfkantig gespritzt. Formversatz, Fischhaut oder übermäßiger Gussgrat sind nicht zu erkennen.
Beginnen wir unsere genauere Analyse mit dem Arbeitsplatz des Piloten. Der Schleudersitz ist ansprechend detailliert, allerdings fehlen die Sitzgurte, die unbedingt nachgerüstet werden sollten – oder man greift gleich auf den Resin-Schleudersitz von CMK (Artikel-Nr. Q72346) zurück. Die Cockpitwanne wurde mit diversen Schaltern und Knöpfen sehr schön herausgearbeitet. Die Anzeigen am Instrumentenbrett werden mit Decals dargestellt. Auch hier gibt es eine Alternative in Form des AJ-37 Viggen Cockpit Sets von CMK (Artikel-Nr. 7423), das unter anderem mit farbig bedruckten Fotoätzteilen aufwartet.
Gut gelöst finde ich, wie der Rumpf zusammengebaut wird. Hier wird am Ende relativ wenig Klebenaht zu sehen sein. Äußerst vorteilhaft sind auch die nahtlosen Lufteinläufe, die jeweils einteilig gegossen wurden. Ein Highlight ist für mich auch die Ram Air Turbine RAT (Staudruckturbine), die ausgefahren angebaut werden kann und mit einem winzigen Propeller super detailliert wird.
Die dreiteilige Schubumkehr im Heck des Turbostrahltriebwerks Volvo Flygmotor RM8B kann geöffnet, oder geschlossen eingebaut werden. Das gleiche gilt für die vier Luftbremsen unter dem und seitlich am Rumpf. Allerdings fehlt hier für eine geöffnete Darstellung jegliche Detaillierung des „Innenlebens“.
Im Gegensatz zum 48er Bausatz liegen hier die Ruder der Canards separat bei, was den Vorteil hat, dass sie ganz einfach um 30 Grad abgesenkt werden können – das ist bei abgestellten originalen Viggen nämlich immer der Fall. Auch die Fahrwerksschächte sind sehr gut detailliert. Für die Montage des recht komplexen Hauptfahrwerks wird man etwas Geduld und Fingerspitzengefühl aufbringen müssen. Und wie beim großen Bruder, erscheinen auch beim 72er Kit die Räder recht dünn. Abhilfe schafft hier das Set von CMK mit der Artikel-Nr. Q72345.
Die Cockpithaube kann geöffnet, oder geschlossen angebaut werden. Die Klarsichtteile sind gut gemacht, allerdings nicht ganz frei von Schlieren. An Außenlasten kann nur ein Zusatztank angebracht werden – und damit wären wir auch schon bei meinem größten Kritikpunkt: Dem Bausatz liegen überhaupt keine Waffen bei. Ja, schon klar, natürlich kann man sich die auf dem Zurüstmarkt besorgen – aber für die Jagdbombervariante der Viggen hätte ich mir zumindest eine Grundausstattung erwartet.
Bauanleitung, Decals und Markierungsmöglichkeiten
Die Bau- und Lackieranleitung ist wie immer bei Special Hobby klar strukturiert, exakt gezeichnet und in Farbe gedruckt. Nur bei der Positionierung der vielen Stencils ist nicht immer hundertprozentig nachvollziehbar, wo sie genau angebracht werden sollen.
Die sauber im Register und in satten Farben gedruckten Decals lassen den Bau von drei AJ-37 Viggen zu. Zwei davon sind in Naturmetall gehalten, die dritte ist im attraktiven Splintertarn-Schema lackiert. Special Hobby bezieht sich in der Lackieranleitung auf die Palette von Gunze.
AJ-37 Viggen 37023/7-23/418, Geschwader F7, Såtenäs, Juli 1973
AJ-37 Viggen 37029/7-29, Geschwader F7, Såtenäs, Juli 1975
AJ-37 Viggen 37035/6-35, Geschwader F6, Karlsborg, September 1984
Fazit
Mal abgesehen von der fehlenden Bewaffnung ist Special Hobby/Tarangus mit der Saab Viggen in 1/72 ein großer Wurf gelungen. Zu einem fairen Preis erhält man einen sehr guten Basisbausatz, der einige Optionen bietet und durch Detailfülle und eine schöne Oberflächengestaltung besticht. Fans der schwedischen Luftwaffe oder der Viggen selbst sollten sich diesen Kit nicht entgehen lassen.
Stefan Fraundorfer, November 2021