Putins Amphibium
Modell: Beriev Be-200ES
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/144
Verwendeter Bausatz: Zvezda (7034)
Die Dimensionen können schon beeindrucken: 43 Meter Rumpflänge, eine Spannweite von 41,80 m und eine maximale Startmasse von satten 83.000 kg. Damit hat man in Zahlen das weltgrößte Amphibienflugzeug kennengelernt, allerdings handelt es sich dabei um die Beriev Be-42 und nicht um die hier im Modell gezeigte Be-200! Warum aber stelle ich diese Angaben an den Beginn eines Berichts zur Be-200? Dass beide Entwürfe eng miteinander verknüpft sein müssen, offenbart schon ein schneller Blick auf ihre Auslegung, interessanterweise geht die Verbindung aber noch eine Schicht tiefer.

Zum Original
Tatsächlich war die gewaltige Be-42 noch in Zeiten der Sowjetunion entworfen worden, um den Anforderungen des Rüstungswettlaufs einer global agierenden Supermacht zu genügen. Das bedeutete konkret, dass dieses riesige Amphibienflugzeug die überalterten Seeüberwachungsflugzeuge und U-Bootjäger Muster Beriev Be-12 und Iljushin Il-38 ablösen sollte. Zwei Prototypen wurden noch vor Ende des kalten Krieges gebaut, geflogen und begeisterten mit ihrer Größe und Leistungsfähigkeit die Militärs, wurden aber im kleiner gewordenen Russland der 90er Jahre nicht mehr gebraucht. Und doch: die Erprobung der Be-42 hatte derart viel Potential offenbart, dass eine verkleinerte Version der Be-42 in Auftrag gegeben wurde: dies war die Geburtsstunde der Be-200!
Die so auf geänderte Bedürfnisse maßgeschneiderte Beriev Be-200 gibt auch als verkleinerte Ausgabe ein herausragendes Flugzeug ab und bleibt in einigen Aspekten ein Unikat. So kommt ihr der Titel zu, das einzige Amphibium mit Jetantrieb zu sein, das derzeit fliegt. Das Flugzeug bleibt mit gut 32 m Spannweite und ebenso 32 Metern Rumpflänge eine der größten Vertreterinnen ihrer Klasse. Vielleicht ist sie auch deshalb unter der Bezeichnung „das Biest“ bekannt. Ein Name, der für mich persönlich allerdings nicht so recht zur Eleganz ihrer Formen passen will.
Die Be-200 stellt ein vollwertiges Amphibium dar, dass sowohl auf See wie auch an Land starten und landen kann. Ihr Rumpf ist in zwei Abschnitte eingeteilt: in der druckbelüfteten oberen Rumpfhälfte finden 64 Passagiere oder 30 Krankentragen Platz. Alternativ können an deren Stelle bis zu 8.000 kg Fracht intern mitgeführt werden. Unter der Kabine befinden sich acht Löschmitteltanks, die 12 Tonnen Wasser aufnehmen können. Als Seeflugzeug kann die Be-200 diese Tanks beim Gleiten über die Wasseroberfläche über vier Einfüllstutzen wieder füllen, wobei dieser spektakuläre Vorgang nur knappe 18 Sekunden in Anspruch nimmt.
Ursprünglich von zwei ukrainischen D436TP-Strahltriebwerken (73,56 kN) angetrieben, wird die Be-200 nun auch mit alternativen russischen SaM-146 Turbinen (Schub: 77,7 kN) angeboten. Als Wasserbomber ist die Maschine heiß begehrt und steht auch außerhalb Russlands zur Brandbekämpfung im Einsatz. Im August 2021 ist eine von der Türkei angemietet Maschine in der Nähe von Adana bei einem dieser riskanten Einsätze abgestürzt, wobei die acht Menschen an Bord den Tod fanden.
Mit einem Erstflugdatum im September 1998 gilt die Be-200 wohl zurecht als erstes Flugzeug der neuen russischen Republik. Die Zulassung als Feuerlöschflugzeug erhielt die Be-200 im Jahr 2003, was auf die ihr zugedachte Rolle im Zivilschutz verweist. Das Militär verwendet die Be-200 seit 2020 in jener Rolle, in der ihr großer Bruder der Sowjetunion hätte dienen sollen: als Transporter, U-Bootjäger und zur Seeraumüberwachung.
Mein Modell zeigt mit einer Be-200ES, die seit Anfang der 2020er Jahre von Taganrog aus geflogen wird, eine dieser von der russischen Marine genutzten Maschinen.
Zu Bausatz und Bauprozess
Der Inhalt, den man in der stabilen Bausatzschachtel findet, zählt für mich zum Qualitätvollsten, was ich im Maßstab 1/144 bisher kennen gelernt habe. So rechtfertigt die moderate Detailierung des Cockpits den gewissen Aufwand, einen naturgemäß sehr kleinen Innenraum zu bearbeiten. Das Gurtzeug entstand dabei aus Tamiya Tape. Der Einblick durch die ausreichend transparenten Klarteile lässt dann auch tatsächlich ein wenig von dem hineingepackten Aufwand erkennen. Qualität zeigt sich auch in der Passgenauigkeit der Teile sowie in deren präzisem Guss und einem angemessenen Grad an Details. Kurzum: der Bau geht leicht von der Hand, soll aber allein schon wegen der Menge an Teilen nicht als „schnelles Projekt“ angegangen werden. Die Decals überzeugen mit akkuratem Druck auf feinem Trägerfilm und lassen sich recht komfortabel verarbeiten. Haarig könnte eventuell das Aufbringen der Wasserlinien-Markierung werden: hier muss eine über die gesamte Rumpflänge laufende gerade Linie resultieren. Man kann sich dank des stabilen Decalmaterials aber mit Zuversicht über diese Aufgabe trauen.
Fazit
Der Bausatz hatte es mir schnell derart angetan, dass schon im Vorfeld entschieden wurde, zwei Be-200 parallel zu bauen. Eine sollte dabei noch ganz zahm auf dem eigenen Fahrwerk stehen, während die andere im Flug zu sehen sein sollte. Aber sollte „im Flug“ bei einem Feuerlöschflugzeug nicht auch bedeuten, es beim Abwurf der Wasserlast zu zeigen? Ich habe versucht, diesen Gedanken auf meine Weise und mit meinen Möglichkeiten wahr zu machen. Das Ergebnis werde ich gerne in einem eigenen Artikel zur Be-200 im kleinen Maßstab zeigen!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer