Ameisenbär
Modell: Dornier Do 335A-10 „Ameisenbär“
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: Tamiya (61076)
Zur Do 335A-10 „Ameisenbär“
Als würde der Anblick der Do 335 durch schiere Größe, Linienführung und die Menge an technischen Innovationen nicht schon genug beeindrucken, setzt die Zweisitzer-Variante buchstäblich „noch eins obendrauf“: die Schulflugzeuge der A-10, A-11 und A-12 Reihen lassen mit ihrem auf den Rumpfrücken aufgesetzten zweiten Cockpit die Höhe noch einmal mächtig anwachsen und verstärken so das ohnehin schon eindrucksvolle Erscheinungsbild der Maschine.
Eine zweisitzige Variante der Do 335 wurde schon 1943 gefordert. Ursprünglich hatte man dabei noch einen Jagdbomber beziehungsweise ein zweisitziges „Führungsflugzeug“ im Sinn, schnell wurde allerdings klar, dass ein Schulflugzeug für die anspruchsvoll zu fliegende Maschine Priorität würde haben müssen. Im Beschaffungsplan vom Jänner 1944 wurden neben 270 Einsatzmaschinen auch 22 Schulflugzeuge in Auftrag gegeben. Die allgemeine Kriegs- und Versorgungslage hatte zu dieser Zeit derartige Produktionszahlen allerdings schon utopisch werden lassen.
Allein bis der erste Doppelsitzer zur Flugerprobung bereit stand, sollte es dauern: die V-11, als Prototyp der geplanten A-10 Reihe gedacht, kam nicht vor Ende September 1944 erstmals in die Luft. Geflogen wurde sie dabei übrigens von Dorniers bewährtem Testpiloten und Einflieger Karl Heinz Appel. Ausgestattet war diese Version mit den zwei DB 603 A2 Triebwerken der ursprünglichen A-Version. Die Leistungen des Doppelsitzers scheinen durch die neue Auslegung kaum beeinträchtigt worden zu sein. Die A-10 kam auf eine höchst beeindruckende Höchstgeschwindigkeit von 740 km/h, die Flugdauer betrug 1 Stunde und 20 Minuten, unbewaffnet hatte der Trainer ein Gesamtgewicht von 8.100 kg.
Von der A-10 sollten nur noch drei Maschinen gebaut und auch eingeflogen worden werden, elf weitere Exemplare befanden sich bei Kriegsende in verschiedenen Stadien der Fertigung. Die hier gezeigte Do 335A-10 mit der Werknummer 240 119 und dem Stammkennzeichen RP+UI wurde offiziell nicht mehr eingeflogen, ihr Zustand bei Kriegsende bleibt unklar. Falls die Maschine nicht gesprengt worden war, könnte sie, wie viele ihrer Schwestern, von den Alliierten ausgeschlachtet worden sein, um die Ersatzteilversorgung ihrer Beute-Do 335 sicherzustellen.
Zweisitzige Do 335 gab es nicht nur in der A-10 Variante, bei der A-11 kamen die stärkeren DB 603 E-1 Motoren zum Einbau. Meinen Quellen nach wurde allerdings nur mehr eine Maschine in dieser Konfiguration fertiggestellt.
Alle übrigen Do 335 Zweisitzer waren nach den Spezifikationen der A-12 gefertigt, wobei auch hier nur zwei Exemplare tatsächlich fertig gestellt worden sind. Interessant ist bei dieser Variante der Einbau von zwei Jumo 213 Triebwerken. Die Position der beiden prominenten Luftansaugstutzen musste dabei vorne von der linken auf die rechte Rumpfseite geändert werden. Entsprechend gegengleich wechselte auch der hintere Ansaugstutzen die Seiten. Dies bietet ein leichtes Erkennungsmerkmal diese Variante, welche die geplante Ausführung für die Serienfertigung gewesen wäre.
Die Zellen der A-12 Variante wurden übrigens nicht neu gebaut. Nachdem die zweisitzige Do 335B-6 Nachtjäger aus dem Programm gestrichen worden war, konnten die schon teilgefertigten Rümpfe leicht zu Schulflugzeugen umgebaut werden.
Zu Modell und Bauprozess
Aber zurück zur Do 335A-10, Werknummer 240 119 – und damit zur hier dargestellten Maschine! Dieses Flugzeug dürfte bei Kriegsende komplett ausgestattet gewesen sein, ihr tatsächliches Aussehen bleibt jedoch unklar. Ich habe mich entschieden, hier die seltene Gelegenheit wahrzunehmen, ein tatsächlich völlig fabrikneues Flugzeug darstellen zu können. Noch dazu, wo dieses in einem ungetrübten Naturmetallfinish würde glänzen können! Wie bei mir gewohnt, habe ich für dessen Darstellung auf die ausgezeichneten Metallarben von Alclad II zurückgegriffen. Deren breite Palette an Aluminium-Tönen erleichtert es, die Oberfläche der Do 335 entsprechend differenziert und belebt wirken zu lassen.
Bis auf Ätzteilgurte und ein paar Draht-Hydraulikleitungen im Fahrwerkbereich wurde dieses Modell aus der Schachtel gebaut. Die hohe Qualität der Tamiya-Formen macht dies zu einem durchgehenden Vergnügen. Notwendige Spachtel- und Schleifarbeiten fielen dementsprechend auch knapp aus und waren schnell bewältigt. Nun schon zum dritten Mal haben mich hier insbesondere die feine und detailfreudige Darstellung der Instrumentenbretter und Seitenkonsolen begeistert, die wunderbar stimmigen Detailformen müssen nur mit dem Pinsel etwas belebt werden, um zu einem schönen Ergebnis – ganz ohne „Eduard Ätzteile“ – zu kommen.
Die Decals für diese spezielle Do 335 „Ameisenbär“ stammen zumeist aus dem Decalbogen „Do 335 Arrow Part 3“ Von Cutting Edge. Diesmal war ich von diesen Schiebebildern allerdings nicht sonderlich beeindruckt. Im Vergleich zu den Markierungen aus dem Bausatz erwiesen sich jene aus dem zugekauften Bogen als erstaunlich dick und ein wenig störrisch. „Cutting Edge“ blieb diesmal auch in seiner Anleitung allzu vage und unklar. Schlussendlich habe ich jedenfalls den allermeisten Decals aus dem Bausatz den Vorzug gegeben, verwendet wurde nur die Kennung „119“ für die obere Heckfinne.
Seit Jahren hat mich das Vorhaben beschäftigt, endlich einmal eine dieser beeindruckenden Do 335 Doppelsitzer zu bauen. Dass mir dies nun als Abschluss der kleinen Vierer-Serie gelungen ist, wird mich noch länger freuen. Tamiyas bewährter Bausatz macht die Begegnung mit diesem interessanten Thema Flugzeughistorie auf jeden Fall zu einem leichten und unkomplizierten Vergnügen!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer