Übersicht
Artikelbezeichnung: Fl 282 V-16 Kolibri
Maßstab: 1/35
Hersteller: MiniArt
Material: Spritzguss, Fotoätzteile, Decals
Preis: ca. € 33,–
Artikelnummer: 41002
Produktlink: Fl 282 V-16 Kolibri
Einleitung
Die ukrainische Firma MiniArt, die ursprünglich eher für Ketten- und Radfahrzeuge sowie Figuren und Dioramenzubehör bekannt war, hat ihrer Aircraft Miniatures Series, die seit 2017 ins Programm aufgenommen wurde, einen weiteren Hubschrauber der ersten Stunde hinzugefügt: den Flettner Fl 282 V-16 Kolibri. Dem Maßstab 1/35 bleibt der Hersteller dabei natürlich auch in der 4. Auflage treu und hat damit ein Alleinstellungsmerkmal inne, weil es den Kolibri in dieser Größe eben nur von MiniArt gibt.
Flettner Fl 282 V-16 Kolibri
Box & Inhalt
Den praktischen, aber etwas dünnwandigen Stülpkarton ziert ein Kolibri in sowjetischen (!) Diensten, der 1948 dort getestet wurde. Hier der Inhalt im Kurzüberblick:
8 unterschiedlich große Spritzgussrahmen in grauem Plastik mit 174 Teilen
1 Fotoätzteilplatine mit 13 Teilen
1 Decalbogen
12-seitige, teilweise in Farbe gedruckte Bauanleitung, im Format A4
Geschichte des Originals
Der Flettner Fl 282 Kolibri war ein deutscher Militärhubschrauber aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er war einer der ersten Hubschrauber, mit dem nennenswerte Flugleistungen erbracht werden konnten. Auffälligstes Merkmal war der Flettner-Doppelrotor, der zwei gegenläufige, ineinander kämmende Rotoren einsetzte und damit keinen Heckrotor zum Drehmomentausgleich benötigte. Daraus ergab sich auch der Name Kolibri, weil die Drehbewegung der Rotoren bei der Betrachtung von vorne oder hinten an die schnellen Flügelschläge eines Kolibris erinnern. Der Rumpf war aus einer mit Stoff bespannten Gitterkonstruktion aus Stahlrohren aufgebaut. Die Steuerung erfolgte durch periodische bzw. konstante Anstellwinkeländerung der Rotorblätter. Per Hand konnte zwischen Hub- und Tragschrauberbetrieb umgeschaltet werden – bei Motorausfall wurde automatisch in den Tragschrauberbetrieb gewechselt.
Vermutlich schon 1939 begann die Konstruktion des Fl 282. Nach einigen Fesselflugversuchen, bei denen der Hubschrauber noch mit Seilen mit dem Boden verbunden war, führte Ludwig Hofmann den ersten freien Flug am 30. Oktober 1941 mit dem Fl 282 V2 durch. Mit dem V3 konnten Ende April 1943 bereits Höhen bis zu 3800 Metern erreicht werden. Im Rahmen der Erprobung waren verschiedene Modifikationen notwendig, unter anderem am Leitwerk, an der Verkleidung des oberen Getriebes und an der Verglasung der Kabine.
Obwohl die deutsche Kriegsmarine sehr an dem Hubschrauber interessiert war, kam es aus verschiedenen Gründen nicht zu einer Serienfertigung. Es wurden nur 23 oder 24 Versuchsmuster gebaut. (Quelle: teilweise Wikipedia)
Bausatz & Teile
MiniArt ist ja bekannt für äußerst detailreiche und in hervorragender Qualität gefertigte Bausätze von Rad- und Kettenfahrzeugen. Kann die Firma mit ihren Luftfahrzeugen an dieses Niveau anschließen? Gleich vorweg, ja sie kann. Auch der Kolibri steht in punkto Detailreichtum und Sorgfältigkeit in der Ausführung diesen Bausätzen in nichts nach. Alleine die Anzahl von 174 Plastikteilen spricht schon Bände. Generell kann festgehalten werden, dass die Teile keinen Formversatz oder Fischhaut aufweisen. Auch Gussgrate sind nur minimal zu erkennen und lassen sich leicht entfernen. Nur zwei Auswurfmarken an den Innenseiten der Rumpfhälften sind mir aufgefallen, die nach dem Zusammenbau eventuell noch sichtbar sein könnten.
Der 7-Zylinder Sternmotor samt Getriebe wird ein Modell im Modell. Hier werden sehr viele Teile verbaut, die allesamt wunderbar detailliert sind. Leider wird man nach Anbringung der Motorabdeckung nicht mehr viel davon sehen. Hier bietet sich geradezu eine kleine Wartungsszene mit abgenommenen Abdeckungen an. Beim Zusammenbau der Gitterrohrkonstruktion des Rumpfs muss äußerst genau gearbeitet werden, damit kein Verzug entsteht. Bei den beiden Rumpfhälften und dem im Verhältnis riesigen Seitenleitwerk hat MiniArt die Stoffbespannung sehr ansprechend dargestellt. Das beim Original unter dem Stoff liegende Rohrskelett wurde überzeugend angedeutet.
Das Cockpit, das eigentlich nur eine Rohrkonstruktion mit Sitz und ein paar Steuer- und Kontrollhebeln ist, ist dem Original entsprechend ziemlich spartanisch ausgestattet. Die Anzeigen auf dem kleinen Instrumentenbrett werden mit einem Decal realisiert. Mit dem beiliegenden Fotoätzteilbogen können unter anderem die Sitzgurte dargestellt werden. Die drei Räder des Fahrwerks weisen ein schönes Profil auf und müssen mit einigen Streben am Rumpf befestigt werden. Sehr vorsichtig sollte man beim Abtrennen der Teile von den Gussästen vorgehen, vor allem die „Rohre“ des Gitterrahmens sind dünn und filigran und können leicht brechen.
Bauanleitung, Decals & Markierungsmöglichkeiten
Der Bauplan ist akkurat gezeichnet und führt in 31 Stufen zum fertigen Modell. Man muss sich während der Bauphase genau überlegen, welche Teile oder Baugruppen noch vor dem Zusammenbau lackiert werden müssen. Nachher ist es wegen der komplexen Rahmenkonstruktion vielleicht zu spät und man kommt nicht mehr ordentlich ran.
Bei praktisch allen Kleinteilen ist angegeben, in welcher Farbe sie lackiert werden sollen. MiniArt bezieht sich dabei auf die Farbpaletten von gleich 8 verschiedenen Herstellern (Vallejo, Mr. Color, Life Color, Tamiya, AK, Mission Models, Hataka und Ammo Mig). Im Gegensatz zur Bauanleitung ist die zweiseitige Bemalungsanleitung vollfarbig gedruckt. Die realisierbaren Modelle sind jeweils als 5-Seiten-Risszeichnung genau dargestellt.
Die ukrainische Firma Decograph ist der Hersteller des Decalbogens. Dieser zeichnet sich durch einen sehr dünnen Trägerfilm aus. Die Nassschiebebilder sind sauber im Register gedruckt, nur unter der Lupe sind ein paar vernachlässigbare Unschärfen zu erkennen. Folgende Markierungsoptionen werden angeboten:
Fl 282 V-16 Kolibri, Deutschland, 1944/45
Fl 282 V-16 Kolibri, Flugversuchs-Institut, Zhukovsky, UdSSR, 1948
Gebautes Modell eines Flettner Fl 282 V-16 Kolibri von MiniArt in 1/35
Bildquelle: MiniArt
Fazit
MiniArt ist mit der Flettner 282 Reihe ein großer Wurf gelungen. Einerseits, weil es diesen Hubschrauber in 1/35 nur von diesem Hersteller gibt, andererseits, weil die Umsetzung äußerst detailreich und auf hohem Qualitätsniveau erfolgt ist. Aufgrund der Komplexität der Rumpfkonstruktion empfehle ich diesen Kit dem erfahrenen Modellbauer. Weil es in diesem Maßstab ein riesiges Angebot an Figuren und Fahrzeugen gibt, steht dem Bau eines ausgefallenen Dioramas nichts mehr im Wege.
Stefan Fraundorfer, November 2020