Sieben Schwaben
Modell: Fokker D.VII
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: Eduard (1139)
Zur Fokker D.VII „Sieben Schwaben“
Flugzeugrümpfe als Leinwände haben, quer durch die Zeiten und Nationen, eine lange und buchstäblich bunte Spur in der Geschichte der Fliegerei hinterlassen. Die lang gestreckten Rümpfe, die Flugzeugnasen und manchmal auch die Tragflächen waren schon für viele eine unwiderstehliche Einladung, ein mehr oder minder kreatives „Statement“ abzugeben. Aus der unübersehbaren Menge dieser Verzierungen leuchten manche Beispiele besonders heraus. Die hier gezeigte Fokker D.VII der Jasta 65 muss, so darf man behaupten, zu dieser Gruppe gezählt werden.
Eine Besonderheit sind hier nicht nur die Größe und Farbenpracht der Bemalung, sondern auch der gewählte Inhalt. Das Märchen von den „Sieben Schwaben“ handelt ja eher von, nun ja, Anti-Helden! Im Folgenden versuche ich eine Kurzfassung des zugrundeliegenden Märchens:
Eines Tages beschließen sieben wackere Schwaben auf Abenteuer zu gehen und große Heldentaten zu vollbringen. So wird ein großer Spieß organisiert, allerdings gleich so groß, dass in alle Sieben gemeinsam tragen müssen. Bald nach Aufbruch zur Heldenreise erzählen sie sich ungeschickterweise so wilde und schauerliche Geschichten, dass sie, als die Nacht hereinbricht, vor Angst nur so schlottern. Auf diese Weise wird ein unschuldiges Häschen, das ihnen über den Weg hoppelt, zum furchtbaren Monster. Sie greifen das Ungeheuer zwar noch vereint mit ihrem übergroßen Speer an, allerdings laufen die Dinge dann rasch aus dem Ruder. Einer der Schwaben glaubt missverständlich, dass der Tapferste unter ihnen fliehen will. Er wendet sich selbst zur Flucht, was ihm dann bald natürlich alle nachtun – und so endet der Angriff im Desaster. In dieser Tonart geht es noch eine ganze Weile weiter, bis die Geschichte ein tragisches Ende nimmt. Am Fluss Mosel angekommen, überlegt man, wie der breite Strom möglichst heldengemäß überquert werden könne. Leider schlägt hier wieder die unselige Dreiheit von selbstfabrizierten Missverständnissen, Ignoranz und Feigheit zu; diesmal jedoch letal. Alles sieben Schwaben nehmen beim Versuch des Übersetzens ein vorhersehbares und vor allem nasses Ende. Soweit eine Kurzfassung der Geschichte, wie ich sie verstanden habe.
Der Auftraggeber dieser frühen „fuselage art“ hatte also ein gehöriges Maß an Ironie aufgebracht. An der Frage, wer das konkret gewesen sei, scheiden sich jedoch heute die Geister. Meist wird Gefreiter Wilhelm Schneutzel als Verantwortlicher genannt. Andere, ebenfalls glaubhaft erscheinende Quellen nennen jedoch mit Unteroffizier Alfred Bäder aus Stuttgart einen weiteren gebürtigen Schwaben als Auftraggeber dieser ganz besonderen Verzierung. Zweifelsfrei ist jedoch die Zugehörigkeit der Maschine zur Jasta 65.
Die Jagdstaffel 65 wurde im Jänner 1918 neu aufgestellt, ab 4. Februar stand sie im Westen im Einsatz. Ihr erster Einsatzort war Mars le Tour, das Kriegsende erlebte die Einheit wenige Monate später im nahen Tíchemont, wo sie ab Mitte Oktober stationiert gewesen war. Die Jagdstaffel zeichnete zu diesem Zeitraum für 34 bestätigte Luftsiege verantwortlich, dies mit dem Verlust von sechs getöteten Piloten bezahlt. Zwei Flieger der Jasta wurden verwundet, zwei gefangen genommen.
Falls Wilhelm Schneutzel Pilot der „Sieben Schwaben“ Fokker gewesen ist, kann sein (einziger) Abschuss mit dieser Maschine erzielt worden sein. Am 13. August wurde von ihm eine DH.4 über Armaville abgeschossen, die dann auf deutscher Seite der Frontlinie niedergegangen ist.
Der Zeitpunkt der Aufstellung der Jasta 65 war auch die Geburtsstunde der Fokker D.VII. Beim ersten „Vergleichsfliegen“ in Adlershof nahe Berlin, traten im Jänner/Februar 1918 immerhin 31 Konstruktionen ins Rennen um die Gunst des IdFlieg gegeneinander an. Fokkers Chefkonstrukteur Reinhold Platz konnte dabei wieder mit einem wahren Sieger-Entwurf punkten.
Die konventionelle aber äußerst stabile Konstruktion, die als Fokker D.VII in Serie ging, konnte mit hoher Wendigkeit und Schnelligkeit überzeugen, vor allem aber machte sie ihr Antrieb, der entweder in Form eines 180 PS Mercedes IIIa Motors oder eines 226 PS leistenden BMW IIIa Reihenmotors eingebaut wurde, zu einem ausnehmend kraftvollen Jagdflugzeug. Die D.VII war etwa mit einer zu ihrer Zeit einmaligen Fähigkeit berühmt – und beim Gegner wohl berüchtigt – worden: sie konnte am Propeller hängend steigen und schießen.
Zahlreiche Spitzenpiloten erflogen ihre Siege auf der der Fokker D.VII. Schnell machte der Spruch die Runde, die D.VII „mache aus mittelmäßigen Piloten Asse“. Ruhm und Bekanntheit der Fokker D.VII sorgten jedoch auch auf der Seite des Gegners für Popularität.
Als einziger Flugzeugtyp widerfuhr ihr die Ehre, in den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages namentlich genannt zu werden. Die Alliierten forderten die Auslieferung oder nachweisliche Zerstörung des deutschen Flugzeugparks, vor allem aber der D.VII (im englischen Original: „…firstly, all of the D.7“) Eine derartige Bestätigung überragender Eigenschaften kann nicht jedes Flugzeug vorweisen!
Mit dieser Bestimmung eröffnete sich aber paradoxerweise für das gefürchtete Jagdflugzeug der Weg zu einer jahrelangen Nachkriegsnutzung. Nicht nur in kriegsführenden Staaten wie Polen oder der UdSSR, sondern auch in Staaten wie den USA, Belgien oder Ungarn wurden D.VII noch jahrelang in namhafter Menge im Dienst gehalten, bevor sie dann teilweise noch in private Hand kamen.
Zum Bausatz
Der Schachtelinhalt erfüllt alle hohen Erwartungen, die man an einen Eduard „ProfiPack“-Bausatz stellen kann. Nicht nur stehen eine ganze Reihe von sinnvollen Ätzteilen und ein Bogen Maskierfolie bereit, dem Modellbauer das Handwerk zu versüßen, auch die Eduard-eigenen Kunststoffteile tragen das ihrige bei: Passgenauigkeit wie auch das Maß an Detailierung ist zum einen fabelhaft, zum anderen sehr zufriedenstellend.
Die Verwendung der Ätzteile wertet die Darstellung der beiden Spandau-Maschinengewehre natürlich gewaltig auf. Der Aufwand, die durchbrochene Ummantelung der MG-Läufe per Hand zu rollen ist überschaubar und unbedingt anzuraten.
Mit 0,5mm Stärke gebohrt habe ich nicht nur, um die Aufnahme der Spannschlösser der Fahrwerksverstrebung vorzubereiten, sondern auch, um die Steuerseile der oberen Fläche in den Rumpf münden lassen zu können. Auch dieser Mehraufwand ist so unkompliziert wie lohnend. Die Steuerseile der übrigen Ruder am Heck wurden mit dünnem Draht dargestellt.
Die von Eduard beigelegten Decals sind über jeden Zweifel erhaben und lassen sich wunderbar verwenden. Besonders entscheidend ist hierbei, dass die beiden großflächigen Schiebebilder mit der Darstellung der sieben Schwaben extrem fein und sauber gearbeitet sind. So ergibt sich ein kaum mehr sichtbarer Übergang zur lackierten Fläche des Rumpfes.
Auch die Lozenge-Decals des Bausatzes wären ohne Zweifel gut zu verarbeiten gewesen und würden zu einem schönen Ergebnis führen, die Erlebnisse mit der kürzlich fertig gestellten Fokker E.V/D.VIII haben mich da überzeugt. Trotzdem habe ich hier zu Lozenge-Decals des Herstellers „Aviattic“ gegriffen. Zwei der Bilder sollen den Grund dieser Wahl illustrieren: bei Aviattic hat die Darstellung noch mehr farbige Tiefe und vermittelt den spezifischen Charakter einer Stoffbespannung doch noch besser.
Summa summarum bin ich mit der fertig gestellten D.VII recht zufrieden, vor allem der Umstand, ein wirklich spektakuläres Beispiel für ausufernde „Sonderlackierungen“ in der Vitrine stehen zu haben, erfreut mich. Mein Dank gilt jedenfalls Eduard für diese wirklich komfortable Möglichkeit, eine der großen Flugzeuglegenden bauen zu können!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer