Gotha Go 242A-1
Modell: Gotha Go 242A-1
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/72
Verwendeter Bausatz: Italeri (1111)
Zur Gotha Go 242
Wenn es ein „Arbeitspferd“ unter den deutschen Lastensegler gegeben hat, dann kommt der Go 242 dieser Titel zu. Mit der konstruktiven Auslegung dieses Seglers wurde zwar in mancher Weise Neuland betreten, das Ergebnis mündete allerdings in eine derart stimmige und so auch erfolgreiche Konstruktion, dass zwischen dem Frühjahr 1941 und November 44 die beachtliche Zahl von 1.481 Exemplaren der A-, der B- sowie, in geringem Ausmaß, der C-Version gebaut worden sind.
Dem aufmerksamen Betrachter fallen schon am ersten Blick zwei charakteristische Besonderheiten auf: zum einen wird das Doppelleitwerk des Schulterdeckers von zwei Rumpfauslegern getragen, zum anderen beeindruckt eine weit öffnende einteilige Heckklappe beziehungsweise der so bestens zugängliche, weite Laderaum. Diese beiden Eigenheiten sollten sich als Neuerungen mit Vorbildwirkung herausstellen; noch lange nach der Go 242 werden Transportflugzeugkonstruktionen die Vorteile dieser Auslegung nutzen. Als zwei von vielen möglichen Beispielen sei hier nur an die Fairchild C-119 oder die Nord Noratlas erinnert.
Die Geschichte der Go 242 begann so wie vieles in diesem Bereich mit den überraschenden militärischen Erfolgen, den der vergleichsweise kleine Lastensegler DFS 230 in Kommandounternehmen zu Beginn des sogenannten Westfeldzuges erzielen konnte. Im Enthusiasmus dieser Siege wünschte das RLM gleich im Frühjahr 40 den Bau eines größeren „Großraumseglers“ mit deutlich höherer Nutzlast. Man ließ sich auch nicht lange bitten: schon im Juni waren in der Gothaer Waggonfabrik Prototypen von zwei unterschiedlichen Anbietern im Bau.
Die DFS, die für den Erfolgsentwurf DFS 230 verantwortliche „Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug“ hatte auf die Ausschreibung schnell und selbstbewusst mit einem fortschrittlichen Entwurf reagiert: die neue DFS 331 wurde als Großraumsegler mit 23 Metern Spannweite, aerodynamisch günstigem Cockpit im verglastem Bug und Doppelleitwerk konzipiert. Da bei DFS die Kapazitäten zum Bau der geforderten drei Prototypen nicht zur Verfügung standen, wurde deren Bau vom RLM kurzerhand nach Gotha verlegt.
Dort hatte man aber eigene und vor allem ehrgeizige Pläne: zeitgleich mit der DFS 331 war hier die Go 242 entworfen worden. Diese präsentierte mit ihrem stoffbespannten Stahlrohrrahmen einen eher konservativen Rumpfaufbau, der große Vorzug war aber in dem schon genannten exzellenten Zugang zum bodennahen Laderaum zu finden. Schnelle Be- und Entladefähigkeit waren bei der militärischen Verwendung von Lastenseglern eine der zentralen Qualitäten, die Möglichkeit, sperrige Güter zu transportieren ebenso – und in beiden Punkten war die Go 242 deutlich überlegen.
Pikanterweise sollten beide konkurrierenden Entwürfe DFS 331 und Go 242 von der Mannschaft der Gothaer Waggonfabrik zeitgleich gebaut werden. Dies endete in einem vorhersehbaren Zerwürfnis: die Arbeiten an den drei bestellten Prototypen der DFS 331 schritten im Vergleich zu jenen an den ersten beiden Go 242 nur schleppend voran, von Seiten der DFS wurde dies als bewusste Verzögerung eingeklagt. Zum anderen komplizierten beständig Änderungswünsche des RLM am allzu fortschrittlichen und komplexen DFS-Entwurf den Bau noch zusätzlich. Die robustere Go 242 hatte diese Probleme dagegen nicht.
Mit dem Fortschreiten der Arbeiten und der anschließenden Flugerprobung der beiden Entwürfe war man zeitlich schlussendlich im Herbst 1941 angelangt. Die Go 242 V1 erhob sich am 11. November 41 zum ersten Mal in die Luft, drei Wochen davor hatte der Erstflug der DFS 331 V1 stattgefunden.
Zu diesem Zeitpunkt war allerdings schon klar geworden, dass der hauseigene Entwurf von Gotha das Rennen machen würde. Innovativ und doch unkompliziert in Produktion und Wartung, wurden noch im November die zwanzig ersten A-0 Maschinen bestellt, während man am ehemaligen Favoriten DFS 331 nun kein Interesse mehr hatte. Ab Jänner 42 lief mit der Go 242A-1 die Großserie an, insgesamt 1.205 Exemplare dieser mit Abstand wichtigsten Version sollten in den nächsten Jahren gebaut werden.
Als Schleppmaschinen konnten alle gängigen und damit auch verfügbaren Muster eingesetzt werden. Ein Vorteil, der zur weiten Verbreitung der Go 242 auf so gut wie allen Kriegsschauplätzen nicht unwesentlich beitrug. Von Ju 51, He 111, Ju 86 oder auch der He 111Z – hier mitunter drei beladene Go 242 auf einmal – bewies der Lastensegler schnell seine Tauglichkeit. Der weite Laderaum war ideal, um Versorgungsflüge, Transportaufgaben, den Verwundetenabtransport oder – in der zweiten Kriegshälfte mehr und mehr benötigt – Evakuierungsflüge durchzuführen.
Die Spannweite der Go 242 fiel mit 24, 5 Metern etwas kleiner als jene des Konkurrenzprodukts DFS 331 aus, in der 15,8 Metern Länge konnten dagegen aber bis zu 23 vollausgerüstete Infanteristen oder eine entsprechende Ladung Platz finden. Geschleppt wurde mit rund 240 km/h, die Gleitzahl belief sich auf moderate 15. Die Ladekapazität ergibt sich aus folgenden Angaben: 3.200 kg Leermasse stehen 7.100 kg maximalem Abfluggewicht gegenüber.
Die intensive Nutzung der Go 242 zeigte sich auch in den vielen Ausrüstungsvarianten und Modifikationen. Im Laufe ihrer Einsatzzeit übernahm der Lastensegler alle Verbesserungen und Hilfsmittel, die man für Lastensegler erdacht hatte. Weder der Einsatz von Walther-Starthilferaketen noch die Fähigkeit, mit in der Luft ausgelöstem Bremsfallschirm extrem kurze Anflüge durchzuführen, blieben der Go 242 fremd. Die hier nicht gezeigte B-Version konnte gar mit einer serienmäßig im Heck montierten Schleppkupplung einen weiteren Lastensegler hinter sich herziehen. Diese angesprochene Go242B besaß dann auch ein volles Bugfahrwerk, während man bei der A noch mit einem abwerfbaren Startwagen abhob und auf Kufen landete.
Es unterstreicht die Bedeutung des Musters, dass man eine eigene motorisierte Variante erprobte und in kleiner Stückzahl in Dienst stellte. Die als Go 244 bezeichnete Maschine erwies sich allerdings als eindeutig untermotorisiert, da leistungsstärkere Triebwerke nicht zur Verfügung standen, der Nutzen der Lastensegler sich schon bewiesen hatte und diese überdies dringend benötigt wurden, sind die wenigen Exemplare bald wieder in die Segler-Konfiguration rückgebaut worden.
Mein Modell zeigt eine Go 242A-1 mit einer besonders attraktiv-einmaligen Farbgebung. Das Besondere dabei: dieses Exemplar ist zwar auf Fotos gut dokumentiert, kann aber trotzdem nicht eindeutig zugeordnet werden. Selbst die Farbe des Heckbandes lassen die Quellen offen: gelb würde auf einen Einsatzort im Osten verweisen, weiß dagegen auf den Kriegsschauplatz Afrika/Mittelmeer. In der Literatur gibt man sich aufgrund der Analyse der mitabgebildeten Ausrüstung und der in den Bildern sichtbaren Umgebung recht zuversichtlich, dass die Maschine tatsächlich im Mittelmeer eingesetzt worden ist; die Farbe des Heckbands fiel am Modell folgerichtig weiß aus.
Zum Bausatz
Italeri gebührt die Ehre, als einziger Hersteller so gut wie alle wesentlichen Lastensegler des zweiten Weltkriegs ins Programm gebracht zu haben. Die Bausatzformen stammen durchwegs aus den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dies macht sich allerdings nur in der zeitspezifischen Herangehensweise an Details und dem Grad der Spielzeughaftigkeit der Modelle bemerkbar und geht nicht, das darf ich lobend erwähnen, zulasten von Passgenauigkeit oder der Qualität des Spritzgusses.
Dementsprechend hat sich die Go 242 von Anfang bis zum Ende als ein recht problemloses und komfortabel zu bauendes Modell gezeigt. Energien, die damit angenehmerweise frei bleiben, sind gut für die Vorbildrecherche, ein gerütteltes Maß an Nachdetaillierung und für das teilweise Nachgravieren der durchwegs erhabenen Strukturen einzusetzen.
Das Cockpit musste ein wenig vorbildnäher umgebaut werden; so ist etwa der Copiloten Sitz zwar mit einem eigenen Satz Ruderpedale ausgestattet, hat aber anstelle eines voll ausgebildeten Steuerhorns nur eine Art „Teleskop-Notknüppel“. Verschiedene Details im Cockpit wurden etwa mit Kupferdraht sowie Ätzteilen aus der Restekiste gestaltet. Übrigens muss man bei der Arbeit am Klarsichtteil darauf achten, die untere Reihe an Cockpitfenstern nicht zu verglasen. Italeri sieht das zwar vor, in der Realität waren hier allerdings keine Fenster zu finden.
Großen Mehraufwand hat auch die Ausgestaltung des in Teilen gut einsehbaren Laderaumes gebracht. Hier konnte das Strebewerk ganz gut mit Messingdraht verschiedenen Durchmessers nachgestellt werden.
Als das größte Abenteuer dieses Projekts erwies sich jedoch das wunderbare „Haifischmaul“ am Bug. Die Decals waren allesamt ohnehin nicht mehr brauchbar, was unter anderem über die Tatsache hinweggetröstet hat, dass das beiliegende Decal für das „Maul“ grundlegend falsch gestaltet gewesen wäre. Um eine längere Geschichte kurz zu halten: das freundliche Lächeln der Go 242 wurde komplett durch Abkleben und Sprayen gestaltet. Zuerst kam mit Weiß die Farbe der Zähne auf den Bug, diese wurden dann mit zurechtgeschnittenen Masken abgeklebt – jener Teil, in dem vor lauter konzentriertem Luftanhalten immer wieder einmal bewusst geatmet werden sollte. Darauf folgte ein letzter roter Farbauftrag, der die Lackierarbeit dann auch schon abgeschlossen hat. Nachdem das Gebiss am Original mit einer schwarzen Linie konturiert worden war, musste dieses mit schwarzen Decalstreifen und ein wenig Trockenpinselarbeit in den runden Zonen noch nachgestellt werden.
Abschließend wurden ebenfalls mit dem Trockenpinsel noch die für dieses Vorbild so charakteristischen zwei Augenpaare sehr sorgsam – Achtung atmen! – auf die jeweiligen Oberflächen aufgetragen.
Die letzten Bilder dieses Beitrages mit den versammelten Seglern weisen darauf hin: mit dieser Go 242 ist mein persönliches „Jahresthema Lastensegler“ im Maßstab 1:72 einmal abgeschlossen. Ich freue mich über diese kleine Sammlung ebenso wie über die vielen neuen Einsichten, die ich in der Auseinandersetzung mit diesem spannenden Thema sammeln konnte. Die Go 242 stellt für mich von der Typgeschichte her einen wahren Höhepunkt wie auch würdigen Abschluss dieser 72er Reihe dar!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer