Typhoon
Modell: Hawker Typhoon Mk.Ib
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: Hasegawa (09862)
Hurricane, Tempest, Tornado, Whirlwind, Thunderbolt – und Typhoon: energievolle Wetterphänomene als Namensgeber stehen bei Flugzeugherstellern hoch im Kurs. Besonders „Hawker Aircraft“ scheint auf diese Namen gleichsam abonniert gewesen zu sein. Viele dieser Typen sind in die Geschichte der Fliegerei als Legende eingegangen, ihre Namen lassen auch heute noch Bilder von Kraft und Ausdauer entstehen.
Ein solches Muster ist ohne Zweifel die Hawker Hurricane. Sie sollte Luftfahrtgeschichte schreiben und den Verlauf des Krieges mitentscheiden – und doch war zum Zeitpunkt ihrer Einführung schon ein Nachfolgemodell in Planung. Sidney Camm, Genius der Entwicklungsabteilung bei Hawker, bereitete bereits ab Januar 1938 auf Grundlage der Spezifikation F.18/37 den Entwurf eines Jagdflugzeuges vor, das die Kraft einer völlig neuen Motorengeneration bewältigen können sollte: die in Entwicklung befindlichen 24 Zylinder Motoren Napier Sabre sowie der Rolls-Royce Vulture versprachen mit einer Leistung von über 2.000 PS eine für die damalige Zeit unerhörte Kraft.
In den nächsten Jahren wurden beide Motoren in Sidney Camm´s neuem Entwurf ausgiebig erprobt. Der mit dem „Vulture“ Triebwerk ausgerüstete Prototyp – als „R-Typ“ bezeichnet – sollte als Tornado produziert werden, während der „N-Typ“ mit dem Napier den Namen Typhoon bekam. Die Hawker Tornado flog erstmals im Oktober 1939, die Typhoon erhob sich wenig später im Februar 1940 erstmals in die Luft.
Allerdings: bei beiden Prototypen zeigten sich rasch technische Probleme, die nicht nur mit den komplexen, neuen Hochleistungsmotoren zu tun hatten: die aerodynamische Auslegung der Tornado führte in hohen Geschwindigkeitsbereichen zu merklichen Kompressibilitätseffekten , noch dazu war ihre Leistungsausbeute trotz der unerhörten Kraftquelle im Bug enttäuschend mager. Bald war klar, dass eine Weiterentwicklung nicht lohnen würde und der zweite Entwurf, die Typhoon, für den Serienbau gewählt werden würde.
Aber auch hier waren noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen. So führten Schwierigkeiten mit dem komplexen Napier Sabre dazu, dass kurzfristig gar dessen Ersatz mit dem Bristol Centaurus angedacht und erprobt wurde. Die Typhoon hätte so beinahe einen mächtigen Sternmotor gezeigt. Schlussendlich konnten jedoch die meisten Mängel gemeistert und die Hawker Typhoon als vielversprechende Jagdmaschine mit überlegenen Leistungen in die Serienfertigung gegeben werden. In dieser Beziehung interessant: bei Hawker wurden nur die ersten 15 Exemplare der Ia und Ib gebaut, der große Rest der 3.263 produzierten Typhoon wurden bei Gloster, ab 1934 Teil der Hawker-Siddeley Gruppe, gefertigt.
Die ersten Einsätze des neuen Musters machten schnell klar, dass noch weiterer Handlungsbedarf bestand. So erwiesen sich die zwölf 7,7mm Maschinengewehre der ersten Typhoon-Serie als eindeutig unzureichend. Weiters begann nach einer Reihe tödlicher Abstürze eine langwierige Fehlersuche, die schließlich zu einer Verstärkung der Verbindung von Heckleitwerk und Rumpf führte. In der Kritik stand auch die hintere Partie der Cockpitverkleidung, erst nachdem diese gegen eine transparente Verglasung ausgetauscht wurde, ergab sich die eingeforderte verbesserte Sicht nach hinten.
Mit der überarbeiteten Hawker Typhoon Ib, nun mit vier 20mm Kanonen in den Tragflächen, sollte der RAF ab Mitte 1942 nun eigentlich das lang ersehnte neue Jagdflugzeug zur Verfügung stehen. Allerdings: in der Rolle des Jagdflugzeugs zeigte sich die Typhoon schon bald als deklassiert. Weder war sie der – nun verstärkt auftauchenden – neuen Bedrohung in Form der Fw 190 überlegen, noch stellte sie als Höhenjäger oder für Begleitschutzeinsätze der Bomber einen Gewinn dar. Spätestens mit der Einführung der überlegenen Spitfire Mk.IX war die Karriere der Typhoon als reines Jagdflugzeug vorbei.
Die große Stunde von Hawkers Kraftpaket sollte erst schlagen, als dieses formidable und eindrucksvolle Flugzeug als Jagdbomber eingesetzt wurde. Hier hatte die RAF tatsächlich Bedarf – und die Typhoon stellte in Verbindung mit einer erst vor kurzem entwickelten Waffe eine beinahe perfekte Lösung für dieses Einsatzspektrum dar. Ausgerüstet mit zwei 227kg Bomben oder acht RP-3 Raketen wurde die Maschine zu einer wahrhaft verheerenden Bedrohung für gepanzerte wie ungepanzerte Fahrzeuge, Nachschublinien, Eisenbahnzügen und gegnerischen Einrichtungen jeder Art.
Ein Schlüssel zum tödlichen Erfolg der Typhoon als Jagdbomber lag in der Verwendung der RP-3 Raketen, von der bis zu acht Stück mitgeführt werden konnten. Die in Bezugnahme auf ihren Gefechtskopf auch als „60-pound rocket“ bekannten Flugkörper beförderten eine 27 Kilo wiegende Sprengladung ins Ziel. Der Raketenkörper selbst bestand aus einem gut 1,4 Meter langen Stahlrohr, dass die Treibladung in Form von 5,2 Kilo Kordit fasste. Durch den Drall stabilisiert, den vier im Heck montierte Finnen auslösten, schoss die RP-3 mit einer maximalen Beschleunigung zwischen 230 bis 380 Metern pro Sekunde auf das Ziel zu.
Die Raketen wurden mit verschiedenen Gefechtsköpfen eingesetzt. Neben der schon genannten 60 Pfund-Ladung wurde auch ein 11 Kilo schwerer Sprengkopf verwendet. Alle Varianten gab es in unterschiedlichen panzerbrechenden oder hochexplosiven Formen. Für Trainingszwecke wurden übrigens Raketen mit Köpfen aus Beton in den entsprechenden Gewichtsklassen verfeuert.
RP-3 Raketen wurden über eine erstaunlich lange Zeit und gegen die unterschiedlichsten Ziele verwendet. Von Hurricane, Beaufighter, Mosquito, Swordfish und eben Typhoon abgefeuert, wurde diese Waffe gegen die gesamte Palette an Boden- und Seezielen eingesetzt, der sich die RAF in den Kriegsjahren gegenübersah. Auch nach 1945 wurde die RP-3 in mehr oder weniger unveränderter Form weiterverwendet und in den Konflikten des ausbrechenden kalten Kriegs zum Einsatz gebracht. Die letzte „scharfe“ Verwendung fand übrigens durch Hawker Hunter in Aden 1964 statt. Überlebende Bestände wurden allerdings dann bis 1967 rasch durch die neuen, aus Matra-Werfern verfeuerten SNEB Raketen ersetzt.
Mein Modell zeigt die Hawker Typhoon MN882 der No. 198 Squadron, einer im Dezember 1942 aufgestellten Einheit, die von Beginn an mit dem Muster ausgerüstet war. Im Gegensatz zu den meisten anderen Typhoon-Einheiten war die 198. Squadron von ihrer Basis Manston aus bis zum Juni 1944 vor allem mit Begleitschutzaufgaben und „Ramrods“ über dem besetzten Frankreich beschäftigt. Erst nach dem D-Day wurden ihre Piloten zu Spezialisten im riskanten Geschäft der Tieffliegerei und der Angriffe auf Bodenziele. Diese dann aber nicht zu knapp: die 198 Squadron war massiv in den heftigen Kämpfen um Caen und Falaise eingebunden. Im Juli wurde sie nach Frankreich verlegt, bei Kriegsende befand sich die 198. Squadron im deutschen Wunstorf.
Zu Modell und Bauprozess
Hasegawas langsam in die Jahre kommender aber nichtsdestotrotz empfehlenswerter Bausatz bot keine Herausforderung, die ich nicht schon im Artikel zur parallel gebauten Typhoon des „Zirkus Rosarius“ beschrieben hätte. Entsprechend wurde auch hier etwa der prominente Ölkühler aus den Ätzteilen des hervorragenden Satzes von Eduard komplett neu aufgebaut und die etwas verwaschen ausgeformten Kanonenverkleidungen gegen solche aus Metall ausgetauscht.
Was hier allerdings als Besonderheit erwähnt werden kann, ist die Darstellung der RP-3 Raketen durch die Resin- und Metallteile der empfehlenswerten „Brassin“-Ausgabe von Eduard. Diese verursachen zwar einen gewissen Mehraufwand – hier denke ich vor allem an die Decals der zahlreichen Markierungen – der aber durchaus lohnt. Last but not least kann man auch die markanten Zündkabel, die „pig tails“, zeigen, was der Darstellung doch noch einen Grad mehr an Leben verleiht.
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer