ICM 24040 - Benz Patent-Motorwagen 1886 1/24
Box & Bausatzinhalt
- stabile Klappdeckelschachtel mit hochglanzbedrucktem Stülpdeckel
- 3 graue Spritzrahmen mit 76 Teilen
- 1 Spritzrahmen mit einer Montagehilfe
- 1 Ätzteilebogen (Kupfer) mit 12 Teilen
- 1 Kunstdruck ”Patentschrift” in A4
- 16- seitige Bauanleitung in A4
Vorwort
Das allererste Automobil der Welt als hochwertigen Bausatz, das ist schon eine gewisse Attraktion. Umso mehr, da sich nach dem ersten Bekanntwerden dieses neuen ICM Projektes vermutlich jeder interessierte Modellbauer mit der Frage beschäftigte, wie wird die Modellschmiede aus der Ukraine wohl die -selbst für den relativ großen Maßstab 1/24- extrem filigranen Räder bewerkstelligen? Mit Bravur, wie man im Dezember 2019 anhand des ersten gebauten Testshots feststellen durfte. Kurze Zeit später konnte man das ICM Modell-Highlight dann auch schon auf dem Basteltisch liegen haben.
Vorbild / Historie:
Der Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 ist das erste von Carl Benz erbaute Automobil mit Verbrennungsmotor. Das Patent für dieses Dreiradfahrzeug wurde von Benz am 29. Januar 1886 eingereicht und als DRP Nr. 37435 am 2. November 1886 erteilt. Am 3. Juli 1886 führte Benz die erste öffentliche Probefahrt mit dem Unikat in Mannheim durch. Er gilt als der erste praxistaugliche Kraftwagen der Welt und setzt somit die Geburtsstunde des modernen Automobils.
Kernstück des Wagens war ein Einzylinder-Viertaktmotor mit einem Hubraum von 0,954 Litern. Einige Details finden sich heute noch an Motoren: Kurbelwelle mit Gegengewichten, elektrische Zündung und Wasserkühlung.
„Eine Tourenzahl von 250 Touren pro Minute erschien mir genügend, ja sogar sehr viel, und ich konnte feststellen, dass dieser Motor etwa 2/3 Pferdestärke ergab.“ so Carl Benz.
Spätere Messungen ergaben 0,75 PS (551 W) bei 400/min. Der für damalige Verhältnisse mit rund 110 Kilogramm leichte Motor hatte einen Zylinder mit offenem Kurbelgehäuse, einen über eine Exzenterstange gesteuerten Einlass-Gleitschieber und ein Auslass-Tellerventil, betätigt über Nockenscheibe, Stoßstange und Kipphebel. Geschmiert wurde er über Tropföler. Das große Schwungrad konzipierte Benz für den Einbau in das Fahrgestell liegend, weil er befürchtete, dass bei senkrechter Anordnung wegen der Kreiselwirkung die Lenkung und die Standfestigkeit des Fahrzeuges in engen Kurven beeinträchtigt werde.
Ein von Benz entwickelter Oberflächen-Vergaser bereitete das Gemisch auf und enthielt gleichzeitig auch einen Benzinvorrat von 4,5 Litern. Wobei es sich nicht um Benzin im Sinne von Ottokraftstoff handelte, sondern um ein als Ligroin bezeichnetes Leichtbenzin, das in Apotheken erhältlich war. Die Zusammensetzung des Benzin-Luft-Gemisches konnte mit einem Hülsenschieber korrigiert werden, der die Löcher für die Zusatz-Ansaugleitung mehr oder weniger abdeckte und so die Leistungsabgabe regelte. Im Fahrzeug fand sich dieser Schieber gut erreichbar unterhalb des Fahrersitzes.
Der Zündung widmete Benz etliche Versuche, bis er eine Lösung fand, die der damals geringen Leistung des Batteriestromes angepasst war. Er transformierte den Strom mit einem von Heinrich Daniel Rühmkorff entwickelten Funkeninduktor auf höhere Spannung. Auch die Zündkerze war eine Eigenentwicklung. Spätere Untersuchungen zeigten, dass der Werkstoff ihrer Elektroden mit dem handelsüblicher Zündkerzen der 1930er Jahre weitgehend übereinstimmte.
Die Kühlung des Verbrennungsmotors war ein besonderes Problem, denn er konnte nicht wie ein stationärer Motor einfach an eine Kühlwasserleitung angeschlossen werden. Benz verfiel auf eine einfache Verdampfungskühlung (Siedekühlung), die sich bei der geringen Leistung als wirkungsvoll und ausreichend erwies.
Angelassen wurde der Motor durch beherztes Drehen des Schwungrades. Dass der Treibstoffvorrat im Vergaser nicht für eine längere Strecke reichte, störte Benz beim Patent-Motorwagen nicht weiter. Immerhin brauchte der Antrieb des Fahrzeugs auf 100 Kilometer rund 10 Liter des seinerzeit noch immer als gefährlich geltenden Ligroins. Quelle: Wikipedia
Der Bausatz
Sehen wir uns nun die Teile etwas genauer an:
Viel ist nun wirklich nicht dran am Erstlingswerk von Benz, genauso verhält es sich mit der um den Faktor 24 verkleinerten Version in unseren Händen, wenn man die nüchtern und doch attraktiv gestaltete Hochglanzschachtel zum ersten Male öffnet. Sicher in Folie verpackt kommen ein Mittelgroßer und drei kleine Spritzrahmen zum Vorschein. Wie gesagt, es ist nicht viel dran an dem Teil… Doch die Spritzgussteile haben es in sich! Selbstredend für ICM´s aktuellen Qualitätsstandard, findet man weder Häutchenbildung, Grate, noch relevante Sinkstellen. Einzig die obligatorische, minimale Formtrennlinie gehört hier und da versäubert. Alles in allem, Spritzgusstechnik in Perfektion. Sehr fein und detailreich kommen die Motorbauteile daher, ebenso wie die Hölzer des Fußbereiches des “Kutschbocks”. Schön abgesteppt wurde das Sitzpolster umgesetzt, vorbildlich natürlich mit sichtbaren Knöpfen. Besonders interessant ist auch der in sich verwundene Antriebsriemen zur Kraftübertragung. Wichtig bei alle dem: Um Bruch beim Heraustrennen der filigranen Einzelteile zu vermeiden, sollte man besser eine Microsäge statt einer Zange nehmen.
Nun zum Highlight des Kits, den Photoätzteilen aus Kupfer. Diese befinden sich in einer separaten, stabilen Papptasche. Darauf befinden sich die Speichen mit Nabenkranz und je eine dreiteilige Kette zum Radantrieb samt der Ritzel. Die Dreiteilung macht daraus eine täuschend echte “Fahrradkette”.
Perfekt gelöst, liefert ICM eine Montage- und Biegehilfe für die Adaption der jeweils zwei Radhälften mit den Kupferteilen. 31 Metallösen an den äußeren Enden des Speichensterns müssen bei den großen Rädern in die filigranen Aufnahmen.
Zugabe
Die erste Seite der damaligen Patentschrift liegt als Kunstdruck bei. Perfekt für eine ansprechende Präsentation des Modells.
Bauanleitung
Die Bauanleitungen des Motorwagens ist in puncto Übersichtlichkeit und Abbildungsgröße vorbildlich umgesetzt. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Einsatz der Montagehilfe ab Seite 12. Farbcodes sind im System der ICM Kooperationspartner Tamiya und Revell aufgeführt. Zur Lackierung liefert die letzte Seite eine farbige 3-Seiten Ansicht.
Modelldetails
Bildquelle: ICM
Fazit
Man möge mir meinen Enthusiasmus in der obigen Bausatzbeschreibung verzeihen, doch der Bausatz ist schlichtweg genial! Sicherlich wird er nicht die große Masse an Auto-Modellbauern ansprechen, da der Benz Motorwagen selbst für eingefleischte Oldtimer-Bastler schon “retro” ist.
Doch Sammler und sogar Dioramen- bzw. Vignettenbauer kommen vollends auf ihre Kosten. Besonders nach ICM´s angekündigten zeitgenössischen Figuren zum Modell. Die beigelegte Seite der Patentschrift ist obendrein ein willkommenes Gimmick für eine ansprechende Präsentation.
Apropos Kosten! Hier haben wir wohl den einzigen (kleinen) Wermutstropfen. Trotz der relativ wenigen Teile liegt der Bausatz bei offiziellen 69,- Euro! Was sicherlich für viele Modellbauer über der Schmerzgrenze für solch ein Modell liegen wird… Investiert man dies aber, so hat man definitiv einen wahren “must have”-Kit auf dem Basteltisch liegen.
Diesen sehr empfehlenswerten Bausatz erhalten sie im gut sortierten Fachhandel.
Happy Modelling,
Thomas Schneider,
Juni 2020