Junkers F.13
in polnischen Diensten
Modell: Junkers F.13
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: MikroMir (48-021)
Die hier gezeigte Junkers F.13 scheint auf den ersten Blick gänzlich unspektakulär in den standardmäßigen Junkers-Werksfarben Schwarz und Silber gehalten zu sein: ein Aussehen, dass in keiner Weise vermuten lässt, vor welchem verwickelten politischen und wirtschaftlichen Hintergrund dieses Flugzeug eingesetzt worden ist! Ein erster Hinweis darauf liefert jedoch ein genauerer Blick auf die Markierungen der Maschine. Sie zeigen, dass diese Junkers F.13 nicht in Deutschland zugelassen war, sondern von einer polnischen Fluglinie eingesetzt worden war – obwohl: schon das ist nicht ganz so einfach zu sagen!
Die in Polen registrierte Aerolloyd beziehungsweise PLL Aerolot (von 1925 bis 1927) war eines jener Unternehmen, die auf Initiative Hugo Junkers außerhalb Deutschlands gegründet worden waren. Das Ausland war für Junkers aus dem Grund der Bestimmungen des 1919 unterzeichneten Versailler Vertrags von besonderem, ja existentiellen Interesse geworden: die Satzungen des Friedensvertrages verboten in ihrer ursprünglichen Form jegliche Form der Fliegerei in der neuen deutschen Republik, ob militärisch oder zivil, inklusive der Produktion von Flugzeugen.
Hugo Junkers hatte allerdings noch vor Inkrafttreten dieser Bestimmungen mit der Junkers F.13 ein Verkehrsflugzeug präsentiert, dessen rekordträchtiges Potential die entstehende zivile Fliegerei mit Sicherheit revolutionieren würde. Die Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten daher ein erheblicher Schlag für Hugo Junkers ehrgeizige Pläne gewesen sein.
Es widersprach dem Wesenszug Hugo Junkers, sich so einfach geschlagen zu geben: seine Reaktion bestand in einem ganzen Bündel an Aktivitäten, um die Junkers F.13 fliegen und somit ihr Potential beweisen zu lassen und so ins Geschäft zu bringen. Dazu gehörte die Gründung von Fluglinien im benachbarten wie auch im fernen Ausland, oft unter Beteiligung von Investoren vor Ort. Für Osteuropa sah das Jahr 1920 die Gründung der Lloyd Ostflug, deren Routen Junkers F.13 die Städte Berlin, Danzig und Königsberg verband. Mit dieser Gründung verbunden war auch die unter Junkers Einfluss stehende „Danziger Luftpost“, deren F.13 die prägnanten Wappenfarben der freien Stadt Danzig trugen: zwei weiße Kreuze auf gelb und schwarzem Grund. Darüber hinaus wurde noch im Dezember dieses Jahres Junkers-intern die „Abteilung Luftverkehr“ eingerichtet.
Zu diesem von Junkers kontrollierten Netzwerk gehörte bald auch die polnische Aerolloyd. Der junge Staat Polen besaß seit 1922 mit der Polska Linja Lotnicza „Aerolloyd Sp. z o. o“, kurz Aerolloyd auf dem Papier ein eigenes Flugunternehmen. Sämtliches technisches Gerät, die Flugzeuge aber auch die Techniker wurden von den Junkers Werken sowie der Danziger Luftpost zur Verfügung gestellt. Der Einfluss Hugo Junkers beschränkte sich dabei nicht nur auf die technisch-personelle Seite. Um den Betrieb ins Laufen zu bringen, musste Polen in Deutschland langfristige Kredite aufnehmen, die Aerolloyd war somit vom Ausland abhängig. Dies drückt sich auch in einer interessanten Personalie aus: bemerkenswerterweise war der erste technische Flugleiter der Aerolloyd ein gewisser Erhard Milch, von dem man ja unter anderen Vorzeichen noch hören sollte. Er war von der Danziger Luftpost zum Aerolloyd gewechselt.
National gesonnene Kreise in Polen agitierten gegen diese mehr und mehr als unerträglich empfundenen Situation und brachten im Frühjahr 1925 die vollständige Neuaufstellung sowie eine konsequente Polonisierung der Fluggesellschaft zuwege. Bis Jahresende waren die deutschen Investoren ausbezahlt und das ausländische Personal gegen polnische Techniker und Piloten ausgewechselt. Der Name PLL Aerolloyd wurde sodann, um den Prozess abzuschließen, in PLL Aerolot umgetauft. Drei Jahre später, nun unter ausschließlich polnischer Führung, ging aus der Aerolot die auch heute noch so benannte polnische Nationalfluglinie LOT hervor.
Blickt man mit dieser Information erneut auf das Modell, gelingt eine zeitliche Einordnung: die Junkers F.13 P_PALG trägt an der Motorhaube den Schriftzug Aerolot. Ihre Einsatzjahre in diesem Aussehen können daher auf die Jahre 1925 bis 1928 eingegrenzt werden.
Zum Bausatz
Es wundert ein wenig, dass ein so bedeutender und technikgeschichtlich wichtiger Entwurf wie die Junkers F.13 so lange gebraucht hat, um der Modellbauwelt im Maßstab 1/48 zu Verfügung zu stehen. MikroMir hat dies nun vor kurzem möglich gemacht: die folgenden Bemerkungen beziehen sich auf die Erfahrungen beim parallelen Bau zweier Modelle, die ich aus den neuen Bausatzformen entstehen habe lassen.
Viel Licht…
Es gibt viel zu loben: ich habe es sehr geschätzt, dass der Aufbau nicht überkompliziert angelegt worden ist. Klar und in relativ wenigen, gut nachvollziehbaren Schritten kann hier mit durchwegs sauber gegossenen Teilen eine stimmige Junkers F.13 aufgebaut werden. Ein Beispiel für diese reduzierte Komplexität ist die Gestaltung des Motorraums. Manche mögen es bedauern, andere werden den daraus resultierenden beschleunigten Bauprozess schätzen: der Raum unter der Motorverkleidung bleibt vollkommen leer.
Die Darstellung des offenen Cockpits halte ich für gelungen, die auch einen guten Ausgangspunkt für eine weitergehende Detaillierungen darstellen kann: Gurte und möglichst auch die Rundinstrumente am Instrumentenbrett (ganze drei Stück reichen hier aus!) sollten von eigener Seite nachgerüstet werden. Bei den beiden F.13 habe ich entsprechende Ätzteile einer Albatros D.V verwendet.
Der Innenraum der Fluggast-Kabine ist rudimentär ausgestattet. Eine willkommene Eigenheit ist, dass der Bausatz mit der Beigabe einer separaten Tür die Darstellung einer geöffneten Kabine vorbereitet. Um dies umzusetzen muss man allerdings vorher mit der Säge ein Klarsicht-Bauteil des Rumpfes bearbeiten. Ein Vorgang, den ich mir bei der Beschaffenheit der Wellblech-Oberflächen und dem spröden Klarsicht-Material als durchaus schwierig vorstelle.
Der Rumpf vom Bug bis zum Heck ist im Wesentlichen aus sieben Groß-Bauteilen zusammengefügt, deren Form und Abmessung den Verlauf des Wellblechs beachten. Dies bedeutet, dass ein sauberes Zusammenfügen mit unversehrt durchgehenden Wellblech-Kanneluren durchaus möglich ist. Der erstaunlich saubere Guss der Formen lässt auch zu, Ober- und Unterseiten der Tragflächen mit durchgehenden Wellblechstrukturen hinzubekommen. Ähnlich wie am Vorbild stößt das Wellblech an der Profilnase zusammen, wobei die untere von der oberen Verkleidung leicht überlappt werden sollte.
Die beiliegenden Decals zeigen einen erstaunlich dünnen Trägerfilm und sind perfekt gedruckt. Ihre Verarbeitung wäre problemlos – wenn da nicht die Hürde „Wellblech“ zu nehmen wäre! Nur mit Mühe, viel Weichmacher und mechanischer Hilfe in Form von Zahnstochern ließ sich ein einigermaßen vertretbares Ergebnis erreichen. Anderen mag das leichter fallen und ein besseres Ergebnis gelingen, die von Cartograph hergestellten Decals selbst sind jedenfalls nur zu loben.
… ein wenig Schatten
Lässt sich das bisher Gesagte als eine positive Beschreibung lesen, gibt es doch ein paar Punkte, die ich als problematisch empfinde. Auch wenn ich die Passgenauigkeit in vielen Teilen als akzeptabel erlebt habe, ergeben sich doch Schwierigkeiten beim Bau des Rumpfes: hier wollte es mir bei beiden Modellen erst nach langem Versuchen und einigem Zurechtschneiden der Teile gelingen, den Rumpf an allen Nähten zu schließen. Bei einem dritten Durchgang würde ich jetzt die Wände des Kabineninneren gleich kräftig kleiner schneiden, damit sie dann auch wirklich in das Rumpfinnere passen. Von außen ist von diesem Zurechtschneiden zum Glück nichts mehr zu sehen.
Zu Beginn habe ich die Einfachheit des Bausatzes gelobt und in diesem Zusammenhang auch die leere Motorverkleidung angemerkt. Allerdings verursacht dies auch etwas Mehraufwand: nachdem in diese zwei große Öffnungen zu bohren sind (der Bauplan erwähnt dies übrigens nicht), welche den Blick auf den Motor freigeben würden, muss man hier selbst Abhilfe schaffen. Ich habe den Durchblick ganz unkompliziert mit im Abstand zur Wand montierten Plastikteilen verschlossen.
Nicht erschrecken sollte man, wenn man die fragil wirkenden Fahrwerksteile schon am Gussrahmen zerbrochen hat, denn hier muss man ohnehin improvisieren und die Fahrwerksstreben an den Schwachstellen verstärken. Ich habe das mit ein wenig Draht und einer geringen Menge Cyanacrylat so hinbekommen, dass die Junkers F.13 schlussendlich auf stabilen Beinen zu stehen gekommen ist.
Der Bauplan ist gewöhnungsbedürftig. Sowohl die Aussagekraft mancher Grafiken lässt zu wünschen übrig, wie auch deren Abfolge: um ehrlich zu sein, ist es mir persönlich nicht gelungen, eine sinnvoll durchgehende Reihenfolge in die einzelnen, lose ineinander gesteckten Blätter zu bringen. (das mag aber auch an mir persönlich liegen!) Der Modellbauer mit etwas Erfahrung wird sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen lassen, was insofern passend ist, als sich MikroMirs interessanter und höchst willkommener Bausatz einer Junkers F.13 vor allem an diese Gruppe richtet!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer