Shady's Lady
Modell: Lockheed P-38L-5 Lightning
Gebaut von: Christian Stieringer
Maßstab: 1/32
Verwendeter Bausatz: Trumpeter (02227)
Hallo Liebe Kitchecker Leser, ich habe mir für das erste Halbjahr 2021 drei große Projekte vorgenommen, wovon ich zwei schon umgesetzt habe. Eines davon möchte ich euch hier vorstellen: die legendäre P-38L-5 Lightning von Trumpeter in 1/32. Den Bausatz kaufte ich mir voriges Jahr gemeinsam mit der B-24 von Hobby Boss und der P-51 Mustang von Revell, beide auch in 1/32. Es reifte der Plan, alle drei zusammen in einem großen Projekt zu bauen – Anfang Jänner ging es dann los.
Zum Orginal
Lockheeds P-38 Lightning war wegen ihrer äußeren Form mit Sicherheit das auffälligste amerikanische Jagdflugzeug im Fronteinsatz. Gleichzeitig bedeutete es für Lockheed den Einstieg in Gebiete der Aerodynamik von Hochleistungsflugzeugen, in welchen diese Firma bislang noch keine Erfahrung hatte. Gerade deswegen bestanden aber bei der Entwicklungsabteilung in Burbank/Kalifornien keinerlei vorgefasste Meinungen und es gelang ein hervorragender Flugzeugentwurf.
Ausgelöst wurde die Entwicklung durch die Ausschreibung des USAAC im Jahre 1937. Gefragt war ein Abfangjäger mit großer Reichweite, mit X-608 bezeichnet. Die neue Maschine sollte eine Maximalgeschwindigkeit von 360 mph in 20.000 ft haben und die Fähigkeit besitzen ein hohes Hindernis nach 2.200 ft Startstrecke zu überfliegen und sie sollte so zuverlässig sein, dass sie eine volle Stunde lang mit höchster Motorleistung fliegen konnte. Die Bewaffnung sollte doppelt so massiv sein wie bei der P-36A Hawk, dem Frontjäger des USAAC in damaliger Zeit.
Es gab bisher nichts Vergleichbares, und so beschlossen die Designer bei Lockheed, unter der Leitung von H.L. Hibbard und Clarence `Kelly` Johnson, dass das neue Flugzeug zweimotorig ausgelegt werden müsse, um die Geschwindigkeit und Steigrate überhaupt erreichen zu können, so wie dies in der Spezifikation der Behörden verlangt war. Der dafür ausgewählte Motor war der Allison V-1710 mit 960 PS, wie er gleichzeitig für die Serien der neuen P-40 und P-51A Verwendung fand.
Die Konstruktion war neuartig mit einem zentralen kurzen Rumpf und den zwei aus den Motorgondeln nach hinten reichenden Leitwerksträgern (twin boom), einem Bugradfahrwerk und einer neuen Bauweise, welche dank erstmals verwendeter versenkter Nieten eine hervorragend glatte Oberfläche ergab. Das Testprogramm der XP-38 nach deren Erstflug am 27. Januar 1939 verlief erfolgreich, einige wie immer notwendige Verbesserungen wurden gemacht, so z.B. Massenausgleiche beim Höhenruder und geänderte Verkleidungsübergänge zum Leitwerk. Auch Bremsklappen für den Sturzflug wurden eingebaut, da es einige tödliche Unfälle mit Testpiloten gab. Aber im Grunde änderte sich am Aufbau des Flugzeuges während seiner gesamten Produktionszeit von fast sechs Jahren sehr wenig. Das hin und wieder auftretende Höhenruderflattern bei hoher Geschwindigkeit konnte nie gänzlich beseitigt werden.
Die Bezeichnung `Lightning ` wurde erst eingeführt, als 1940 die britische Beschaffungskommission das Flugzeug für die RAF bestellte, die USA übernahmen den Namen erst mit der Beschaffung des E-Modells 1941. Die RAF hatte ursprünglich nicht weniger als 667 P-38 bestellt aber war nach eingehendend Test mit den ersten drei ausgelieferten Flugzeugen mit den Leistungen der noch nicht aufgeladenen Motoren und deswegen vom Flugzeug insgesamt so enttäuscht, dass der ganze Auftrag storniert wurde. Zu dieser Zeit war der Turbolader noch nicht für den Export freigegeben!
Zuletzt aber machte die Lightning ihrem Namen wieder alle Ehre, die definitiven Versionen mit den Bezeichnungen E, F, H, und J hatten alle den Lader für die Motoren sowie weitere Verbesserungen eingebaut. Im Pazifik wurde sie zur gefürchteten Waffe, und die zwei amerikanischen Piloten mit den meisten Abschüssen des 2. Weltkrieges (übrigens beide bei der 5. Air Force eingesetzt) erzielten diese auf der P-38: Maj. Richard I. Bong mit 40 und Maj. Thomas B. McGuire mit 38 Abschüssen.
Zu guter Letzt noch ein paar Anekdoten von P-38 Piloten, die ich so unterhaltsam und interessant finde, dass ich sie euch nicht vorenthalten möchte:
„Dank ihrer großen Eigenstabilität war die P-38 extrem leicht zu Fliegen, und wenn sie einmal ausgetrimmt war, konnte man die Hände vom Steuer nehmen – welch ein Komfort für ein Kampfflugzeug!“ Lt. Royal Frey, 20th FG, Wittering, 1944
„In der Messe der Santa Maria Air Base, Kalifornien, hörte ich einigen Jungen P-38 Aspiranten zu, wie sie verächtlich über ihre Lightning sprachen. Sie behaupteten, dass sie über 25.000 ft nichts mehr tauge und dass deren Instruktor sie nicht so hoch fliegen ließe. Ich fand dessen Namen heraus und erwirkte einen Trainingsflug mit den Jungs. Meine Vorflug-Instruktionen waren kurz und bündig: „Wir werden in einer Viererformation steigen bis einer von euch „Uncle“ sagt.“ Gesagt getan. Der Höhenmesser zeigte bereits 42.800 ft, da kam ein kaum verständliches „Uncle“ über den Funk. Mit 100% Sauerstoff aus der Atemmaske lässt sich`s nicht mehr deutlich sprechen. Als wir abbrachen waren wir immer noch mit 500 ft pro Minute gestiegen. Dieser Flug überzeugte die jungen Piloten vollends, dass die P-38 ein Höhenjäger war“ Lt. Frank Shearin Jr., 343rd FG, Aleuten, 1943
Der Wert der zweimotorigen P-38 im südwestlichen Pazifik erklärt sich in der folgenden Geschichte, die gegen Ende des Kriegs passierte und von einem Veteranen der 8. Fighter Group überliefert ist. Eines Tages wurden verzweifelte Hilferufe über Funk gehört, irgendwo über der Chinesischen See. „Mein Motor ist getroffen, ich verliere Kühlflüssigkeit. Was soll ich machen?“ Kaltblütige P-38 Piloten die sich zur selben Zeit in der Luft befanden, gaben dem offensichtlich unerfahrenen Kollegen Rat über Funk: „Beruhige Dich erst einmal, dann bring den Propeller in Segelstellung.“ Daraufhin kam die niedergeschlagene Antwort: „Ihr könnt mich mal mit Segelstellung – ich fliege eine P-51“ John Stanaway, P-38 Historiker
Aus der Sicht des Piloten Jeffery L. Ethell: Wenn ich mich im Cockpit niederlasse, bin ich eingenommen von der Masse an Flugzeug um mich herum. Ich sitze tief in der Mittelgondel in der Tragfläche und habe sofort das Gefühl, in der Maschine eingeschlossen zu sein – dieses Gefühl wird sich in der Luft noch verstärken. Das Cockpit ist von der Größe her perfekt: nicht zu klein, nicht zu groß, und sehr bequem. Nachdem ich mir das Pilotenhandbuch eingeprägt habe, finde ich mich im Cockpit schnell zurecht – ein absolutes Muss vor dem Start. Im Cockpit sind zahllose Schalter, und deren Beschriftung ist oft kaum zu lesen, zumal viele davon direkt hinter der Steuersäule liegen. Mir wird klar, warum die Fluglehrer im Krieg auf einer Cockpit-Überprüfung mit verbundenen Augen bestanden, bevor sie ihre Schützlinge von der Leine ließen. Der offensichtliche Unterscheid zu anderen Jägern ihrer Zeit – abgesehen davon, dass für die Motoren alles doppelt ausgelegt ist – ist die Steuersäule mit ihren beiden Pistolenartigen Handgriffen: wenn man die in die Hand nimmt, fühlt man, dass man die Maschine beherrscht. Ich verstehe warum es so einfach war das Flugzeug in enge Kurven zu zwingen; die Muskeln beider Arme werden eingesetzt. Auch die Ergonomie dieses Steuerrades ist seiner Zeit weit voraus; seine Griffe sind nach innen gebogen, so wie man seine Hände entspannt vor der Brust hält. Die Steuerorgane für die Motoren verteilen sich vom linken Sockel in alle Richtungen. Die großen runden und roten Gashebelgriffe sind von idealer Größe für die linke Hand; auch sie vermitteln das Gefühl, das Flugzeug voll „im Griff“ zu haben. Die Tankwahlschalter sind links vom Sitz auf dem Boden angebracht, einer hinter dem anderen – der für die linken Flächentanks vorne, der für die rechten Tanks dahinter. Diese Anordnung ist der Grund für die meisten Unfälle mit P-38 in den letzten 30 Jahren. Auch wenn man vielleicht etwas mehr Zeit brauchte, um sie zu beherrschen: die Möglichkeiten, die sie einem Piloten bot, waren schon beeindruckend. Die Ironie des Schicksals ist, dass Jeffery Ethell beim Absturz seiner P-38 im Juni 1997 ums Leben kam.
„Lt. Brown flog heftige Ausweichmanöver, tauchte, rollte, schlingerte und vieles mehr, aber der Deutsche folgte ihm hartnäckig durch alle Figuren und in kürzester Entfernung und schoss laufend. Ich konnte mich mit dauerndem Vollgas langsam heranarbeiten, bis ich etwa 150 yards hinter ihn gelangte. Ich hatte schon einige mahle geschossen, erreichte aber nichts damit. Schließlich versuchte Lt. Brown eine Fassrolle, die Me 109 folgte ihm wie an einer Schnur und setzte eine lange Salve in den rechten Motor der P-38, aus dem sofort dichter brauner Rauch quoll. Während der Deutsche schoss, hielt auch ich meinen Abzug für ganze fünf Sekunden gedrückt, als wir auf dem Rücken flogen. Aus seinem Motor schlugen plötzlich heftige Flammen und Splitter flogen überall um mich herum. Ich flog an ihm vorbei, sein ganzer Rumpf war in Flammen gehüllt. Lt. Brown brachte seinen rechten Propeller in Segelstellung und es gelang ihm der Rückflug zur Basis und eine sichere Landung.“ Lt. Joe Myers, 55th FG, 1944
Zum Bau
Der Bausatz begeistert mit seinem Detailreichtum. Ich begann mit den zwei Motoren, die eigentlich schon in ihrer Ausführung eigenständige Modelle darstellen. Es sind alle Leitungen inklusive der Kühlungen mit den ganzen Abgasturboladern vorhanden. Und da kommen wir auch schon zum einzigen gravierenden Problem des Bausatzes: Es wird keine Möglichkeit geboten die Motorabdeckungen oder etwaige Wartungsklappen in geöffneter Position anzubringen. Das wollte ich so nicht hinnehmen und es begann die Planung, welche Wartungsklappen oder Motorverkleidungen auszusägen sind, um es auch realistisch aussehen zu lassen. Ich baute auch anhand von Originalfotos die innere Struktur mit Hilfe von verschiedenen Plastikprofilen nach.
Im ersten Bauabschnitt sind auch die Fahrwerkschächte mitsamt dem Hauptfahrwerk einzubauen, weil eine spätere Montage es nicht mehr zulassen würde eine korrekte Position des Fahrwerks zu gewährleisten. Danach fügte ich beide Rumpfausleger zusammen, inklusive der Seitenruder die ich mit kleinen, Metallstifte beweglich machte. Der weitere Bau führte mich zum Cockpit und der Funkanlage, die sich im hinteren Bereich des Rumpfes befindet und später noch sehr gut einsehbar ist. Deswegen detaillierte ich die Funkanlage mit feinem Kupferdraht. Auch das Cockpit bedarf kleinen Verbesserungen mit einigen Leitungen und Gurten, die ich zuerst selbst aus eingefärbtem Löschpapier und selbstgemachten Gurtschnallen anfertigte, die ich aber leider etwas zu unterdimensioniert machte und deswegen mit den edlen Teilen von HGW Modells ersetzt wurden.
Die Gashebel und alle Regler der Motorsteuerung wurden mit PE Teilen verfeinert. Die nächsten Bauschritte hatten es in sich und stellten meine bis dato erworbenen Modellbaufähigkeiten gewaltig auf die Probe. Es waren die Landeklappen mit den beigelegten PE-Teilen (damit wird der Mechanismus der Landeklappen dargestellt) die mit kleinen Metallstiften befestigt wurden. Die Anlenkung dafür habe ich aus gezogenen Plastikrahmen gefertigt. Auch die Querruder wurden ebenfalls mit kleinen Metallstiften befestigt und dadurch beweglich gemacht.
Aber die größte Hürde stellte der Waffenschacht dar. Er ist von Trumpeter mit einigen Details versehen worden und mit einer gediegenen Bemalung und Alterung erhält man ein tolles Ergebnis. Die beiden Zugangsklappen werden laut Bauanleitung mit kleinen Plastikscharnieren befestigt, was aber zu gar keinem zufriedenstellenden Ergebnis führt. Deswegen baute ich sie selber aus kleinen Metallstiften und Plastikkarte. Weil ich es aber lieber in einem fixen Zustand haben wollte und es sich besser anpassen ließ, versah ich die Gelenke mit einen Tropfen Superkleber.
Die Bewaffnung stammt komplett aus dem Bausatz und ich habe nur die Mündungen mit einem geeigneten Bohrer geöffnet – so schaut das ganze realistischer aus. Die Stütze der Waffenraumklappe machte ich aus einem festeren Draht, den ich mit einem Gewicht und leichtem Rollen in ein gerade Richtung zwang. Das Anbringen der beiden Motorausleger und des Höhenruders, das übrigens auch mit Metallstiften beweglich gemacht wurde, erforderte noch ein sehr genaues Arbeiten um eine korrekte Position der Teile zu erlangen.
Nach Einiger Zeit des Trocknens, begann das Verspachteln der wenigen Bereiche wo es nötig war, und danach die zeitraubende Schleiferei mit verschiedenkörnigem Schleifpapier, angefangen mit einem 600er, weiter mit 800, dann 1200, später mit 2000 und zu guter Letzt mit einen Schleifleder feinster Körnung, das auch die Uhrmacher verwenden – nur so erhält man eine perfekte und glatte Oberfläche für die danach folgende Alu-Lackierung.
Da sind wir auch schon beim Thema: Zuerst habe ich mit glänzender schwarzer Grundierung alle Oberflächen behandelt, um eventuelle Unebenheiten aufzuspüren, die Dank meiner sorgfältigen Vorarbeit nicht wirklich auftraten. Ich lackierte zuerst mit Alu von Extrem Metall und danach die einzelnen Paneele mit verschiedenen Alu-Tönen derselben Marke. Ich betonte die Gravuren wie immer mit sehr stark verdünntem Smoke von Tamiya und spielte mich noch mit seidenmattem und glänzendem Klarlack. Alle Staffelmarkierungen habe ich lackiert. Die Decals entnahm ich einem Kagero-Band über Lightnings im Pazifik-Schauplatz.
Knifflig war auch noch die Antenne – sie ist ja geteilt, läuft zentral bei der Radioanlage zusammen und wird von einer Spannfeder auf Zug gehalten, die ich selbst aus einem sehr feinen Kupferdraht fertigte.
Die Seifenkiste
Das war es auch schon mit dem Bau – zumindest fast. Ich habe einige Bücher vom Gabelschwanzteufel, so nannten die Deutschen die P-38, durgeblättert und da viel mir ein Foto besonders auf. Es zeigt eine Seifenkiste – ich nenne das mal so – gebaut von den vor Ort eingesetzten Mechanikern aus einen Long Range Zusatztank. Das gefiel mir derartig, dass in mir sofort die Idee keimte, das baust du nach. Also ran an die Restekiste und nach brauchbaren Teilen gesucht. Ich wurde auch fündig: den Tank entnahm ich dem Bausatz, die Räder stammten von zwei P-51 Mustangs von Revell, der Sitz ist von einer Spitfire ebenfalls von Revell, die Bodenwanne wurde von einer Me 262 adaptiert und in zwei Teile gesägt – ein Teil dient als Boden das andere als Rückwand. Ebenfalls von der Me 262 stammten die Pedale und der Steuerknüppel wurde einer Spitfire entwendet, die Achsen lieferte ein Königs-Tiger. Die Frontscheibe fertigte ich aus dünnem klaren Plastik-sheet und den Rahmen aus geeigneten Plastikstreifen. Das Haifischmaul plünderte ich von einem Mustang-Bausatz von Eduard. So entstand meine Seifenkiste und es hat fast mehr Spaß gemacht, als der eigentliche Bausatz. Na ja seht selbst auf den Bildern das Ergebnis, das nur von diesem einen Foto nachgebaut wurde.
Insgesamt machte mir der Bau sehr große Freude.
Keep glueing!
© Modell, Bilder und Text: Christian Stieringer, Modellbauschmiede Pasching