Das leistungsstärkste kolbenmotorgetriebene
Jagdflugzeug Großbritanniens
Modell: Martin-Baker MB.5
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/72
Verwendeter Bausatz: Kovozávody Prostějov (KPH7203)
Am Ende mancher Modell-Projekte kann man sich nicht nur über ein mehr oder minder erfolgreich gebautes Modell freuen, sondern noch dazu über eine weitere schöne Sache: Erkenntnisgewinn! So ist es mir jedenfalls bei der hier vorgestellten Martin-Baker MB.5 gegangen. Bis dahin hatte ich den Begriff „Martin-Baker“ fest mit den weitest verbreiteten Schleudersitz-Rettungssystemen verbunden, dem Ejection Tie Club und der Rettung unzähliger Pilotenleben. Die MB.5 war mir vom Anblick her vage bekannt, aber ich hatte die formschöne Maschine nicht mit dem Hersteller der Schleudersitze verbunden.

Tatsächlich nahm die Geschichte von Martin-Baker bei der Entwicklung von Flugzeugen seinen Anfang. Im Jahr 1934 von Sir James Martin und Captain Valentine Baker gegründet, entwickelte das Unternehmen eine Reihe von höchst bemerkenswerten Jagdflugzeug-Entwürfen, die zwar alle erprobt worden sind und die beteiligten Fachleute beeindrucken konnten, aber nie in Serie gingen. Die in schöner Reihe von der MB.1 aus dem Jahr 1935 bis zur MB.7 von 1946 durchnummerierten Prototypen sind es – nebenbei gesagt – wert, einmal angesehen zu werden: offenbar wiesen so gut wie alle diese Konzepte das Potential zum großen Wurf auf und verrieten den firmentypischen innovativen und technisch aufgeschlossen Zugang zur Herausforderung, ein jeweils überragendes Hochgeschwindigkeitsflugzeug beziehungsweise Jagdflugzeug auf den Weg zu bringen.
Am nächsten zur Serienfertigung sollte es die aus der Entwicklung der MB.3 hervorgegangene Martin-Baker MB.5 bringen. Am 23. Mai 1944 zum ersten Mal geflogen, beeindruckte sie Piloten in der Luft wie die Ingenieure am Boden mit einem enormem Leistungspotential bei gleichzeitig gut beherrschbaren und angenehmen Flugeigenschaften.
Ausgerüstet mit einem Rolls-Royce Griffon 83 mit 2.340 PS, der seine brachiale Kraft auf zwei gegenläufigen Dreiblatt-Propeller übertrug, erreichte sie sagenhafte 740 km/h Höchstgeschwindigkeit. Dabei blieb sie wendig, agil und leicht. Bewaffnet mit vier 20-mm Hispano Mk.V Maschinenkanonen, wäre die Martin-Baker MB.5 ein überragendes Kampfflugzeug geworden und war in den Worten von Eric „Winkle“ Brown, der sie selbst mehrfach geflogen hatte, „das Beste, was Großbritannien derzeit zur Verfügung“ stand. 1946 wurde die Maschine in Duxford der Öffentlichkeit vorgestellt und sollte noch im selben Jahr in die bereits beschlossene Serienfertigung gehen. Verhindert wurden diese Pläne allein durch die Nemesis all der erstaunlichen Kolbenmotormaschinen jener Tage, die das Potential des Propellerflugzeugs an die erreichbaren Leistungsgrenzen getrieben hatten – der Morgenröte des Jetantriebs, dessen Potential erkennbar die Zukunft gehören würde.
Wie kam Martin-Baker aber nun zum Schleudersitz? Captain Valentine Baker war im September 1942 bei der Erprobung der MB.3 tödlich verunglückt. Sein Geschäftspartner und Freund Sir James war über diesen Verlust derart erschüttert, dass er nicht nur den Doppelnamen des Unternehmens beibehielt, sondern sich auch mit der Frage zu beschäftigen begann, wie Piloten aus den nun erreichten hohen Geschwindigkeitsbereichen gerettet werden können. Seit 1944 liefen die Versuche mit raketenangetriebenen Rettungs-Systemen, schon 1949 konnte ein Martin-Baker Schleudersitz aus der Serienfertigung ein erstes dokumentiertes Mal ein Pilotenleben retten. Der Firmensitz des weltweit dominierenden Marktführers befindet sich von 1934 bis zum heutigen Tag in Higher Denham, UK.
Zu Bausatz und Bauprozess
Der Bausatz von AZmodel erscheint seit 2016 in mehreren Auflagen, wobei ich für den Bau hier die 2024 erschienene Ausgabe von Kovozávody Prostějov verwendet habe. Diese hat den Vorteil, das hervorragende Resinteile für Räder und Auspuffstutzen beigegeben sind, die eine merkbare Verbesserung gegenüber den Kunststoffteilen darstellen.
Der Bauprozess selbst ist nicht weiter aufwendig und birgt wenig Überraschendes. Allerdings sollte man sich vorher schon auf den äußerst rustikalen Charakter der Kunststoffteile eingestimmt haben. Die Bausatzteile liefern eine meines Erachtens zwar stimmige, aber doch eher grobschlächtig umgesetzte Beschreibung einer MB.5. Möchte man Details erhöhen oder an manchen Stellen zu vorbildgemäß zarteren Formen kommen, muss man zur Improvisation greifen. So habe ich nicht nur die einteilige Kanzelhaube ordentlich auf Transparenz geschliffen und poliert, sondern auch die Abdeckungen der nicht installierten Kanonenbewaffnung selbst neu hergestellt.
Die Teilungen des Lufteinlaufes des Unterbauch-Kühlers wurde aus Ätzteilblech selbst hergestellt, den Lufteinlauf unter den gegenläufigen Propellern habe ich aufgebohrt und entsprechend ausgehöhlt. Weiters ist im Bereich der Fahrwerksschächte einiges an Nacharbeit und Begradigung fällig. Die Positionslichter an den Flächenenden und die Antenne am Rumpfrücken stammen ebenfalls aus meiner Hand. Sollte man zur AZ-Ausgabe der MB.5 greifen rate ich auf jeden Fall zu den Resin-Auspuffstutzen und Bereifung, die hier schon beigegeben ist.
Fazit
Der Bau der Martin Baker MB.5 hat bei mir neben der Freude, dieses in Teilen aufwendige Projekt zu einem Ende gebracht zu haben, vor allem eines hinterlassen: den Wunsch auf eine Darstellung dieser bemerkenswerten Maschine in einem größeren Maßstab!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer