Hawaii Mars
Modell: Martin JRM-3 Mars
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/72
Verwendeter Bausatz: Amodel (72040)
Wie kann man einen Bericht über die Martin Mars beginnen? Ein erster naheliegender Gedanke ist,
die Eröffnung an ihrer Größe festzumachen, denn immerhin ist das Vorbild dieses Modellbauprojekts das größte jemals in Serie gebaute Flugboot! Eine Spannweite von gewaltigen 61 Metern und eine Länge von nicht minder eindrucksvollen 35,7 m kann nur mit Superlativen beschrieben werden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit anderen Flugboot-Riesen, so wird noch deutlicher erfahrbar, was die einmaligen Dimensionen der Martin Mars ausmachen: die deutsche Bv 222 Wiking, das größte Flugboot des zweiten Weltkriegs, brachte es auf 46 Metern Spannweite bei einem 37 Metern langen Rumpf, die japanische Kawanishi H8K2 war mit gut 37 m Flügellänge und 28 m Rumpflänge dagegen deutlich kleiner und selbst ein Nachkriegs-Flugboot aus demselben Stall wie die Mars, die Martin P5M Marlin, blieb mit 36 Metern von Flächenspitze zu Flächenspitze sowie einem 30 Meter langen Rumpf deutlich hinter den Dimensionen dieses fliegenden Giganten.
Ihrerseits überholt wird die Martin Mars nur von einem Flugboot: Howard Hughes einmalige H-4 „Spruce Goose“ darf mit 97 Metern Spannweite bei einem 66 Meter langen Rumpf beanspruchen, das größte fertig gebaute Flugboot zu sein – auch, wenn es bei ihrem ersten und einzigen Flug nur wenige Meter im Bodeneffekt zurückgelegt hat. Modernen Zeiten gelingt es, einstige Rekorde zu übersteigen: ein Airbus A-380 liegt mit 79,8 Metern Flügellänge und einem Rumpf von 72,7 Metern in einer eigenen Liga. Damit soll aber genug zur Einordnung der Größendimensionen des Originals die Rede gewesen sein! Von der Größe der 72maligen Verkleinerung wird allerdings später noch einmal die Rede sein.
Die Martin Mars als Transozean-Transporter
Die ursprünglich JRM Mars genannte Maschine war für ein ganz bestimmtes Szenario entworfen worden: nach dem Bau eines ersten Prototypen XPB2M im Jahr 1941, der noch als See-Patrouillenflugzeug entworfen worden war, veränderte die US-Marine als Auftraggeber ihre Anforderungen: der Flugboot-Riese sollte nun als Transporter eingesetzt werden können. Steigende Schiffs-Versenkungszahlen durch deutsche U-Boote ließ die Idee groß werden, Truppen wie Fracht per Flugzeug zu verlegen – und zwar bei Ozean-überspannenden Routen. Der Prototyp wurde in Folge zur XPB2M-1R umgebaut und von 1943 bis 45 als Transporter eingesetzt.
Noch im Jänner 1945 bestellte die US-Navy 20 Exemplare dieses gewaltigen Flugbootes, ein Auftrag, der nach der Kapitulation Japans jedoch auf sechs reduziert wurde. Die auf JRM-1 (Model 170A) geänderte Bezeichnung dieser ersten Serie hatte einen guten Grund: im Unterschied zum Prototypen hatte die Serien-Mars kein Doppelleitwerk mehr, sondern eine einzelne hohe Seitenflosse. Nach bewährter Flugboot-Tradition bekamen die einzelnen Maschinen Namen, die auf die meist angeflogenen Zielorte verwiesen. So entstanden die Philippine Mars (76820), Marianas Mars (76821), Marshall Mars (76822) und (zwei) Hawaii Mars (76823). Die letzte im Juli 1947 ausgelieferte Martin Mars (76824) wurde als JRM-2 fertig gestellt: die auf den Namen Caroline Mars getaufte Maschine wurde durch vier je 3000 PS leistende Pratt & Whitney R-4360-4T Wasp Major Motoren angetrieben Drei weitere JRM-1 wurden 1950 auf den neuen Standard aufgerüstet und folgend als JRM-3 bezeichnet.
Ein zweites Leben als Feuerlöschflugzeug
Auch wenn die US-Navy 1956 begann, die Martin Mars gegen die Convair R3Y auszutauschen, bedeutete dies jedoch keineswegs das Aus für die vorhandene Flotte dieses leistungsfähigen Flugboots! Das kanadische Unternehmen Forest Industries Flying Tankers (FIFT) erwarb im selben Jahr vier Martin Mars, um sie zur Waldbrandbekämpfung einzusetzen. Der Umbau erfolgte bei Fairey Aviation of Canada in Victoria. Die Mars- Flugboote konnten nun innerhalb einer halben Minuten 27.216 Liter Löschwasser aufnehmen, in dem sie mit 130 km/h knapp über der Wasseroberfläche flogen. Der Abwurf des Löschwassers erfolgt aus 50 Metern Höhe – allein schon Bilder davon lassen ahnen, was für ein eindrucksvolles und gleichzeitig segensreiches Spektakel das gewesen sein muss, wie es sich wirklich „angefühlt“ hat, wissen wohl nur jene, die das tatsächlich gesehen haben!
Die Marianas Mars ging 1961 durch Absturz verloren, die vierköpfige Besatzung starb. Als dann Caroline Mars nur wenig später einem Sturm zum Opfer fiel, blieben für die Löscheinsätze nur mehr Hawaii Mars und Philipine Mars zur Verfügung. Bei Übernahme der FIFT durch Coulson Aircrane Limited im Jahr 2007 war die Philipine Mars schon einige Zeit am Boden, sodass ihre Übergabe an das National Museum of Naval Aviation in Pensacola nicht mehr überraschte. Sie wurde zwar in ihre ursprünglichen Navy-Farben lackiert, verblieb aber überraschenderweise weiter bei Coulson. Noch 2015 waren jedoch beide Flugzeuge weiterhin als einsatzfähige Löschflugzeuge mit den Kennungen C-FLYK und C-FLYL registriert.
Ein interessantes Detail dieser Jahre ist, dass die Hawaii Mars seit 2015 immer wieder an die International Test Pilot School verchartert wurde. Der Grund: chinesische Piloten und Techniker trainierten mit dem Wasserflugzeug-Riesen ihre Einsätze am neuen chinesischen Groß-Flugboot Avic AG600.
2024 war für die beiden Flugboot-Riesen die letzte Saison als Löschflugzeug. Exorbitante Betriebskosten und ein sich verschärfender Mangel an Ersatzteilen machte eine Außerdienststellung der beiden Mars unumgänglich. Für die beiden Flugzeuge, die im Laufe ihrer langen Jahre zu Legenden geworden waren, konnte das nur eins bedeuten: ein ehrenvoller Ruhestand in einem entsprechenden Museum!
Am 11. August 2024 machte sich die Hawaii Mars dann auch zu ihrem letzten Flug auf. Vom Sproat Lake hob sie noch einmal ab, um im ehrenvollen Geleit der Kunstflugstaffel Snowbirds zum Victoria Airport Water Aerodrome nahe dem Victoria International Airport zu fliegen. Dort ist sie nun Teil und Hauptattraktion der Ausstellung zur Geschichte der Feuerbekämpfung aus der Luft. Die Philipine Mars wird in nächster Zukunft ebenfalls zu einem letzten Flug abheben: sie soll Teil der Ausstellung des Pima Air & Space Museum in Tucson, Arizona werden.
Zu Modell und Bausatz
Die Martin Mars sprengt auch als Modell sowohl Größendimensionen als auch den Rahmen des Gewohnten: eine erste Überraschung brachte schon der erste Blick in die große Bausatzschachtel. Anstelle des erwarteten vielen Plastiks begrüßten mich ein anscheinend halb fertig gebauter Rumpf und ebensolche Tragflächen – und zwar aus Fiberglas. Tatsächlich war ich zusätzlich überrascht über die wenigen Teile, die für den Bau des großen Modells benötigt werden würden.
Dass ich keine Erfahrungen mit dem Material Fiberglas hatte, zeigte sich in einigen Beschädigungen, die ich dem recht spröden und riss-anfälligen Material nach kurzer Zeit schon beigebracht hatte. Verschärft wurde dies durch die Notwendigkeit, das in Fiberglas mitgegossene Segment, dass die Cockpitsektion überdeckte, auszusägen. Das war gar nicht so einfach und sollte noch zu zahlreichen Reparaturen und viel Spachtel- und Schleifarbeit Anlass geben!
Eigeninitiative muss man zeigen, wenn es darum geht, die schweren und weit ausgreifenden Fiberglas-Tragflächen mit dem Rumpf zu verbinden. Unbedingt ist dafür ein 2K Kleber nötig, der auch wirklich gut verarbeitet werden muss: die Biegekräfte sind hoch und die massiven Flächen bilden einen verteufelt guten Hebel, der schnell einen Spalt zwischen Rumpf und Tragflächen in Erscheinung treten lässt!
Ein Umstand, der gut bedacht sein will, ist die Notwendigkeit, eine große Anzahl von Bullaugen in den Rumpf zu bohren. Hier muss zum einen genau auf die richtige Größe der Öffnungen, vor allem aber darauf geachtet werden, dass beim Bohren schnell und unschön Splitter aus dem kaprizierten Material gerissen werden können! Um das so skizzierte Bild zu vervollständigen: um meine Gesundheit zu schützen, habe ich das Material immer nur mit vollem Atemschutz und unter fließendem Wasser bearbeitet. Eine Arbeit, die auf diese Weise erschwert wird und schnell durchaus schweißtreibend geworden ist!
Sind Rumpf, Flächen und Leitwerk einmal vereint, ist das Schwierigste fürs Erste einmal überstanden. Ein Thema, dass sich dafür aber in den Vordergrund drängt, ist die unhandliche Größe des großen Modells. Ein Martin Mars-Rohbau verlangt einiges an Platz und Raum, wenn er über die Fläche des Werktisches bewegt wird. Bewegen muss man das Modell tatsächlich viel, denn es entsteht reichlich Spachtel- und Schleifbedarf.
Ein Umstand, der mir beim Lackieren aufgefallen war, ist die schlechte Haftung von Farbe auf den Oberflächen. Ich habe die Fiberglas-Partien gleich zu Beginn aufmerksam gesäubert, entfettet und auch leicht angeschliffen, trotzdem ist mir aber immer wieder Farbe beim Abziehen von Klebemasken auf dem Klebeband geblieben. Dies ist gerade bei den späten Lackierschritten, wo die Oberflächen schon fast fertig sind, lästig. Rückblickend denke ich aber, dass dies meiner Unerfahrenheit mit dem Werkstoff zugerechnet werden kann. Bei den Bauteilen aus dem bekannten Polysterol, die meist bei den Motoren oder den Schwimmern zum Einsatz kommen, muss man mit relativ viel Nachbesserungsbedarf und recht roher Gussqualität rechnen.
Um die Größe und das eindrucksvolle Volumen der Mars gut zum Ausdruck zu bringen, hatte ich mich bald entschlossen, sie fliegend darzustellen. Die beiden Pilotenfiguren – aus meinem Fundus – sollten mit dem menschlichen Maß die Größe verdeutlichen, im Flug würde man die schönen Formen und Volumina des Flugbootes besser sehen können. Die zu dieser Darstellung notwendigen drehenden Propeller habe ich in gewohnter Art mit dünner Klarsichtfolie und aufgehauchter dunkler Farbe darzustellen versucht.
Um mit etwas Positivem abzuschließen: die Decals haben sich als von guter Qualität auf wirklich feinem Trägerfilm erwiesen und können bedenkenlos verwendet werden. Positiv soll allerdings auch mein Gesamt-Resümee ausfallen! Wer sich dieses teure Modell zulegt, wird sich ohnehin schon informiert haben, was auf Ihn zukommt und überlegt haben, was er sich zutrauen will. Wenn man mit der notwendigen gewissen Beständigkeit dieses Riesen-Modell dann tatsächlich fertig gestellt hat, wird und darf man sich freuen, diese einzigartige Gelegenheit wahrgenommen zu haben, eine Martin Mars zu bauen. Sie sieht tatsächlich eindrucksvoll und prächtig aus – eben ein einmaliger Anblick – als Original wie als Modell!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer