Miles Master
Modell: Miles M.9 Master Mk. I
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: Dora Wings (DW48033)
Miles Aircraft wird des Öfteren allein mit ihren bekannten Trainern Miles Magister und Miles Master identifiziert, hatte aber als höchst innovatives Unternehmen eine erstaunliche Bandbreite zu bieten. Das Potpourri des in den späten 20er Jahren gegründeten Unternehmens reichte von Jagdflugzeugen, die mit Hurricane und Spitfire gleichziehen konnten – hier denke ich an die Miles M.20 – über gewagte Experimentalflugzeugen wie der M.35 Libellula bis zu einem Entwurf, der auf den besten Weg war, den Amerikanern den Sieg im Rennen um das erste überschallschnelle Flugzeug vor der Nase wegzuschnappen: der Miles M.52. Zu nennen ist bei einem Überblick noch unbedingt die Miles M.57 Aerovan, die gleich nach dem Krieg als ein in immerhin 48 Exemplaren gebautes Transportflugzeug den Markt für leichte Fracht- und Passagiermaschinen mitbegründete und entscheidend prägte.

Die größten Stückzahlen der Firmengeschichte erreichten allerdings die beiden Trainer Miles Magister mit 1.293 Exemplaren sowie die in 3.249 Stück gefertigte Miles Master. War die Magister noch anfängertauglich, sollte die Master von Anfang an der Fortgeschrittenenausbildung dienen. Der Entwurf stammt vom Schulflugzeugentwurf Miles M.9 Kestrel ab. Dieser war zwar noch 1937 von der RAF zugunsten der de Havilland DH.93 Don abgelehnt worden, wurde aber, nachdem sich die Indienststellung der DH.93 zerschlagen hatte, für das Luftfahrtministerium wieder interessant. Nach Überarbeitung und einer Neuausstattung mit dem 750 PS leistenden Kestrel XXX von Rolls Royce wurde der Entwurf unter der Bezeichnung Miles Master Mk.I akzeptiert und ab Jänner 1939 bei RAF und FAA eingesetzt. 900 Maschinen dieser ersten Version wurden gebaut.
Die Leistungen des neuen Trainers konnten sich durchaus sehen lassen. Mit knapp 9 Metern Länge und einer Spannweite von 11,89 Metern entsprachen ihre Abmessungen in etwa der einer Spitfire. Auf die Waage brachte sie allerdings entschieden weniger: das maximale Startgewicht betrug 2,5 Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit blieb, für einen Trainer angemessen, ebenfalls unter jener der neuen Jagdflugzeuge, die zu dieser Zeit die Staffeln der RAF auszurüsten begannen: bei 390 km/h war Schluss. Die charakteristischen Knickflügel sorgten nicht nur für ein schnittiges Aussehen, sondern boten auch Raum für zusätzliches Tankvolumen und ein stabiles, kurzes Einziehfahrwerk. Bei der Auslegung als Spornrad-Trainingsflugzeug sinnvoll, hatte die M.9 Master einen fest eingebauten Überrollbügel, der Lehrer wie Schüler im Fall eines Überschlags schützen sollte. Der Fluglehrer saß in erhöhter rückwärtiger Position. Er konnte die obere Kanzelverglasung als Windschutz anheben, um dem Flugschüler besser über die Schulter blicken zu können.
Großbritannien stand mit der Miles M.9 Master ein Trainer zur Verfügung, dessen Leistungen an die der neuesten Jagdflugzeuggeneration heranreichte und so eine ideale Vorbereitung für den Einsatz auf Spitfire und Hurricane darstellte. Im Sommer 1940 wurde gar eine einsitzige und mit sechs Maschinengewehren ausgestattet Version als eine Art Not-Jäger konzipiert, allerdings nur in 26 Exemplaren gebaut. Diese als „Master Fighter“ bezeichnete Version kam, obwohl bei den Einheiten geflogen, nie zu einem scharfen Einsatz.
Mit dem Auslaufen der Kestrel-Motorenreihe bei Rolls Royce wurde die Master auf ein neues Triebwerk umgerüstet, das in ausreichender Stückzahl zur Verfügung stand: mit dem Einbau des 850 PS Bristol Mercury XX veränderte sich das Aussehen der Master stark. Hatte bis jetzt der rumpfmittig montierte Unterbauchkühler des Kestrel-Reihenmotors die Erscheinung dominiert, machte der Sternmotor die Master nun zu einer bulligen Erscheinung. Von dieser Master Mk.II benannte Version wurden ab Oktober 1939 weitere 1.748 Maschinen an die Flugschulen geliefert. 602 Exemplare folgten später unter der Bezeichnung Master Mk.III. Hier blieb man bei einem Sternmotor, allerdings kam der nun zur Verfügung stehende amerikanische Pratt&Withney R-1535 mit gut 800 PS zum Einbau.
Die Miles M.9 Master erwies sich als derart brauchbarer Entwurf, dass sie neben ihrem Einsatz als Trainer auch zum Segelflugzeug-Schlepp und als Zieldarsteller eingesetzt worden ist. Mit der Miles Martinet wurde aus der M.9 Master ein eigenes Zielschleppflugzeug, das ebenfalls in hohen Stückzahlen gebaut werden sollte, abgeleitet.
Die hier gezeigte Miles Master Mk.I /T8689 wurde 1942 in Sealand/Flintshire im nördlichen Wales bei der No.5 Service Flying Training School geflogen. Sie hatte schon den neueren Typ Kabinenverglasung, der noch innerhalb der Mk.I Reihe die ursprüngliche und etwas klobig wirkende Cockpitverkleidung abgelöst hatte.
Wie ging es mit Miles Aircraft weiter? Nach finanziellen Schwierigkeiten wurde das Unternehmen vom Firmengründer Frederick Miles noch in die Neugründung F.G. Miles Limited überführt, bevor man sich Anfang der 60er Jahre mit Auster Aircraft zu Beagle Aircraft zusammenschloss. Allerdings war auch dem neuen Unternehmen kein nachhaltiger Erfolg beschieden: im Jahr 1970 musste Beagle Aircraft nach Zahlungsschwierigkeiten liquidiert und aufgelöst werden.
Zu Bausatz und Bauprozess
Der Bausatz Miles Master von Dora Wings stellt für mich ein typisches Produkt dieses Herstellers dar. Zum einen wurde wieder einmal ein bedeutendes, aber selten im Modell zu sehendes Stück Flugzeuggeschichte gewählt – damit sammelt Dora Wings sicher nicht nur bei mir Pluspunkte. Zum anderen sorgt DW auch hier wieder mit gehörigem Engagement dafür, nahe am Vorbild und dessen Varianten zu bleiben. So ist etwa zwischen zwei Typen von Cockpitverglasung zu wählen. Diese Möglichkeit bezahlt man allerdings mit einem beträchtlichen Mehraufwand, da die verschiedenen Klarteile in je unterschiedliche Kunststoffteile eingefügt werden müssen, die den Übergang zum Rumpf bilden. Eine alles in allem aufwendige Operation, die zumindest mit einem Mehr an Schleif- und Spachtelarbeit verbunden ist. Spachteln und Schleifen ist aber ohnehin angesagt – die beiliegenden Bilder des Bauprozesses geben ohnehin ein schönes Zeugnis davon.
Fazit
Abgesehen von diesem Umstand bietet der Bausatz bei mittelprächtiger Passgenauigkeit viel Freude und ein relativ zügiges Arbeiten. Die beiliegenden Decals haben sich, bei diesem Hersteller wenig überraschend, als von ausgezeichneter Qualität erwiesen. Blicke ich auf den kurzweiligen Bau zurück, bleibt als Fazit: wieder ein Bauerlebnis, dass meine hohe Meinung von Dora Wings bestärkt! Ich möchte diesen Bausatz allen Interessierten wärmstens empfehlen.
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer