RUSSIAN IMPERIAL RAILWAY COVERED WAGON
Übersicht
Hersteller: MiniArt Models
Bausatztitel: RUSSIAN IMPERIAL RAILWAY COVERED WAGON
Artikelnummer: 39002
Maßstab: 1:35
Material: Polysyrol-Spritzguss, Photoätzteile, Wasserschiebebilder
Teile gesamt: 285
Preis: UVP € 49,99
Bezugsquelle: Fachhandel
Herstellerseite: 39002
Download: Manual
Vertrieb: Glow2B
Box & Bausatzinhalt
- stabile Stülpdeckelschachtel mit hochglanzbedrucktem Stülpdeckel
- 37 graue Spritzrahmen mit 253 Teilen
- 2 Fotoätzbögen mit 32 Teilen
- 1 Decalbogen
- 16-seitige Bau- und Lackieranleitung in A4-Format
Vorwort
Wem, wenn nicht MiniArt, ist es zu verdanken, dass dieses so wichtige Themenfeld im 1/35er Maßstab im Modellbau Einzug gehalten hat. Neben dem ganzen Accessoires rund um die Eisenbahn offeriert uns MiniArt bereits einen 2020 erschienenen fünften Bausatz ihrer Waggons russischer Bauart der 18-Tonnen Klasse. Dieses Mal als gedeckter Wagon mit an jeder Seite angebrachten, großen Schiebetüren. Und gleich beim Heben der Schachtel bin ich von dem Gewicht überrascht. Ich stell mir da ehrlich gesagt nicht allzu viele Bauteile vor. Bodengruppe mit Fahrgestell, Seitenwände und Dach; das wäre es eigentlich.
Weit gefehlt! Nach dem abziehen des Stülpkartons, der übrigens mit einem sehr ansprechenden Bild versehen ist, sehe ich einen großen, ca. 35 x 18 x 6 cm hohen Plastikblock in einer Plastiktüte vor mir. Sogleich schaue ich auf dem mit allerlei Informationen gespickten Deckel nach, was denn da im Lieferumfang zu erwarten ist. Ob es sich um einen Kombi-Kit handelt, frage ich mich! Nein, ein Kit mit PE-Teilen und Decal Sheet mit neun Optionen entnehme ich und dass es sich hier nicht um ein Spielzeug handelt.
Vorbild
Da ich, was Eisenbahn betrifft, so gut wie vollkommen unbelesen bin und gerade noch einen ICE von einem TGV unterscheiden kann, füge ich sinngemäß von unserem Autorenkollegen Thomas Unger dessen Beschreibung zu dem Wagon ein. Dabei handelt es sich um einen Güterwagon der 18-Tonnen Klasse, der in dieser Ausführung in den Kriegsjahren 1915 – 1918 und darüber hinaus bei der russischen Eisenbahn und wohl bei Feinden, die diesen Wagon erbeuteten, Verwendung fand.
Bausatz
Selten hat mich ein Modellbausatz so überrascht, wie dieser hier! Aufmerksam und sehr geordnet verpackt, wurden auf dem Schutz der Plastikteile und insbesondere der Fotoätzteile größtes Augenmerk gelegt. Alle Spritzgussrahmen sind im besagtem Block fein säuberlich in einer wiederverschließbaren Tüte verpackt. Die Fotoätzteile bekommen einen sehr guten Schutz durch das mit stabilen Papier gefertigte kleine Kuvert! Der Decalbogen liegt inmitten der 16-seitigen Bauanleitung bei. Nach dem Begutachten der über 250 Teile und dem studieren der Bau- und Bemalungsanleitung, wird mir auch klar warum! MiniArt hat hier sowohl die außenliegenden Details wie die innenliegenden mit allen Feinheiten, insbesondere der Holzstruktur, perfekt nachempfunden. Der Spritzguss ist auf aktuellem, sehr hohem Niveau. Sinkstellen, Versatz oder Fischhaut ist auf allen Bauteilen nicht zu erkennen. Die obligatorische Formtrennnaht ist mit dem Bastelmesser schnellstens zum „Verschwinden“ zu überreden. Genaue Details an den Trägern, wie Bolzen, Verkleidungs- oder Verstärkungsbleche, sind wunderschön wiedergegeben. Wo Verschraubungen am Original anzutreffen sind, sind am Modell feine Sechskantmuttern und Schrauben vorhanden. Die für diesen Wagon filigran anmutenden Wagonreifen überzeugen ebenso auf ganzer Linie. Filigran deswegen, da sie im 8-Doppelstern-Design gefertigt sind. Ganz anders, als die Vollscheibenräder die man sonst an Eisenbahnwagons erkennen kann. Besonders die Holzmaserung an allen Teilen des eigentlichen Aufbaus im Innen- wie Außenbereich muss man mit sehr lobenden Worten beschreiben. Da hat der Designer, Entwickler und der Werkzeugmacher Hand in Hand hervorragend zusammengearbeitet. Allein die Bemalung mit anschließender Alterung verspricht viel Bastelspaß! In meinem Fall gibt es einen kleinen Kritikpunkt, den ich erwähnt haben will. Zwei der Rahmen Ac sind verzogen. Nicht wirklich schlimm, da die darin befindlichen Teile schlanker Natur sind und an stabilen Gegenstücken angeklebt werden müssen.
Ganze 15 Baustufen, die zum Teil doppelt auszuführen sind, beschäftigen den fleißigen Modellbauer mit der stabilen Rahmenstruktur des Bodens samt Fahrgestell. Grundlage hierfür ist ein Leiterrahmen, der aus sehr stabilen Traversen einmal zwei Längs- und 6 Quertraversen entsteht. Mittig zwischen der dritten und vierten Querverbindung wird die hoch detaillierte Zugstangendämpfung mit pro Seite nochmaliger Traverse eingesetzt. Sofern ich jetzt besagte Dämpfung falsch bezeichnet habe, mögen mir die Eisenbahnspezialisten meine Unwissenheit darüber verzeihen. Für eine eventuelle Berichtigung wäre ich sehr dankbar. Je Seite werden noch zwei Rahmenteile befestigt, die nach Abschluss der Baustufe 15 die Führung der Achsen und Blattfederung übernehmen. Am Vorder- und Hinterteil der Bodengruppe werden von den zwei kleinen Längsträgern neben der Zugstangendämpfung, im Winkel nach außen hin, zwei massive Traversen fast diagonal zum jeweiligen Ende hin, in die querliegenden Abschlussträger eingebunden. Dabei werden sie halb versenkt auf die Quertraversen eins und zwei, fünf und sechs aufgesetzt. Diese Architektur gewährleistet eine stabile Konstruktion, die die auftretenden Schub, Zug- und Verwindungskräfte im Eisenbahnbetrieb aufnehmen kann. Natürlich trägt sie auch den Aufbau samt Nutzlast, der wohl öfters über der angegebenen Werten lag! Die dargebotenen Feinheiten zeigen sich in Verstärkungsblechen, Winkeln, Bolzen und Sechskantschrauben samt Muttern. Dass die Bauteile noch mit stabilen, rechteckigen Verzapfungen versehen sind, spricht für die clevere Ausführung dieses Kits. Abschließend werden beide einteiligen Achsen mit den Gleisrädern in die zuvor angeklebten Blattfedern eingeschoben. Dabei muss eine Seite etwas nach außen gedrückt werden, damit beide Zapfen in die Führung einrasten können. Ein beidseitiger Hilfsrahmen mit offenen, U-förmigen Rahmenteilen links und rechts, mit einer Längsstrebe versehen, erlaubt eine gewisse Lagerung des Wagonbodens. Dieser ist sowohl auf der Ober- wie auf der Unterseite mit dieser wundervollen Holzmaserung detailliert. Jetzt geht es von Baustufe 16 an symmetrisch weiter. Da sich der Wagon im Vorder- wie im Hinterteil gleicht, werden die nun folgenden Arbeiten immer zweimal ausgeführt. Einzig der für die Markierungsvariante 2,3,6,7,8 und 9 vorgesehene Ofen wird als Einzelstück angefertigt. Dabei muss man die Gravur der Jahreszahl von 1941 auf dem Gussteil der Vorderfront entfernen und ein Loch in einer Hälfte des Daches bohren. Auf beiden Dachhälften ist das Loch schon graviert! Den Ofen hat MiniArt wohl einem zeitlich später angesiedelten Bausatz entnommen. Dort, wo Plastikteile nicht mehr ausreichend detailliert abgespritzt werden können, setzt MiniArt auf die mitgelieferten Fotoätzteile. Die Beschläge der Schiebetüren, die der offen oder geschlossen darzustellenden vier Fensterluken (je zwei im Vorder- und Hinterteil) wie die Vorhängeschlösser erstgenannter heben den Grad an Realismus auf die derzeit letzte Stufe. Für die bewegliche Lagerung der Schiebetüren dienen die unten mittels Fotoätzteile gelagerten Laufrollen und oben an der Sicherungsschiene zwei in ca. 30 Grad nach außen zu biegende Ätzteileschienen Nummer PEa1 und PEa2. Die Anleitung zeigt hier nicht in Gänze den Winkel an. Zwei in halber Höhe der Schiebetüren eingehängte rechteckige Riegel sind ohne jedwede Holzmaserung. In der Regel handelte es sich hier um geschnittene Balken und waren demnach nicht so strukturiert wie die an der Außenwand verbauten Bretter! Innen ist der Wagon mit zwei Einlegeböden je drittel Höhe versehen, die oberste Ablage dient wohl dem Gepäck, sofern hier Truppen transportiert wurden. Sämtliche stehende Riegel und die Querversteifungen der Einlegeböden im Wagon sind wohl aus Metall gefertigt gewesen. Was auch so sein muss, da die Stärke wesentlich gegenüber Holz verringert ist. Das Dach ist aus zwei gleichen Teilen zusammenzukleben. MiniArt hätte hier die Klebenaht an eine der Bördelfalzen des Blechdachs legen sollen. Mittig durch die Blechtafel verläuft die Klebenaht, die es zu beseitigen gilt. Fügt man jetzt noch die Verriegelungsmechanik der Zugstangen an, die wahlweise aus einer U-Bügel oder einer geschraubten Verbindung besteht, fehlen nur noch die Eisenbahn typischen Puffer an den Enden.
Soweit so gut, was jetzt noch folgt trägt maßgeblich meiner Überraschung Rechnung. Ein Schienenabschnitt mit ca. 36 cm Schienenweg wird aus dem vier Mal vorhanden Rahmen Ca erstellt. Fünf auf der Oberseite unterschiedlich mit zum Teil tiefen Rissen versehene Bahnschwellen zeigen einmal mehr, mit wie viel Liebe zum Detail hier MiniArt gearbeitet hat. Alle Achtung. Dabei fallen die glatten Seiten der Schwellen nicht so sehr auf, da sie vom Schotter fast verdeckt werden. Selbst eine getreue Schienenstrangverbindung ist zu verbauen.
Decals & Ätzteile
Der gut 11 x 16 cm große Decalbogen ist mit vielen kyrillischen Schriftzeichen versehen. Die einzelnen Varianten erfordern relativ viele Zeichen und Zahlen. Aerograph zeichnet hierfür verantwortlich und liefert einen einwandfreien Decalbogen ab. Die auf dünnen Trägerfilm aufgebrachten Farben sind intensiv, perfekt im Raster (wobei nur wenige Zeichen davon betroffen sind) gedruckt. Da gibt es wirklich keinen Grund zur Beanstandung, weswegen hier das Urteil nur „sehr gut“ lauten kann.
Bauanleitung
Bis auf die etwas ungenaue Zeichnung des zu biegenden Ätzteiles PE1a und PE2a und einem Hinweis, eine kleine Plastikkarte als Futter für das Vorhängeschloss zu erstellen, bin ich sehr angetan von dieser Anleitung. Vom Aufbau bis hin zur grafischen Darstellung, der zeichnerischen Umsetzung der Baustufen über die Übersichtlichkeit hinweg kann ich nur positives berichten. Die farblichen Zeichnungen des Wagons im jeweiligen Farbteil sind modellbauseitig nachzueifern, da sie unglaublich künstlerisch sind. Überdies sind auf der dritten Seite noch zeitgenössische Plakate vollfarbig aufgedruckt, die aller bestens zum Ausschneiden geeignet sind, da MiniArt die Rückseite nicht bedruckt hat. Kopieren muss man Sie auf jeden Fall. Man weiß ja nie, wie man solche Plakate einmal mehr benötigen sollte.
MiniArt führt 6 Farbhersteller ins Feld: Vallejo, Mr. Color, AK, Mission Models, AMMO MIG und Tamiya. Das ist mehr als ausreichend und zudem sehr modellbaufreundlich.
Markierungsvarianten:
- Southwest Railway, Autumn 1915
- Southern Railway, Summer 1916
- Northwest Railway, Pskov 1917
- Moscow-Vindavo-Rybinsk Railway, Summer 1916
- Siberian Railway, 1916
- Nikolaev Railway, 1917
- Ukrainian State Railway, 1918
- Libavo-Romny Railway, 1918
- Captured by Japanese army, Far East of Russia, 1919-1920.
Modell-Details
Quelle: MiniArt
Fazit
Wie gesagt, dieser Bausatz hat mich vollkommen überrascht! Nicht nur der eingangs erwähnten unglaublichen Teilezahl für ein ansonsten einfaches Modell, sondern weil ich auch dachte, dieser Kit wäre mit wenigen Worten beschrieben. Die ganze Art und Weise wie MiniArt diesen Eisenbahnwagon umgesetzt hat, ist voll des Lobes. Da freut man sich auch als Autor dieser Zeilen darüber, diese zu Wort bringen zu dürfen. Wie viel Spaß muss da erst ein Zusammenbau mit anschließender Bemalung hervorrufen? „that´s modeling pure“
Diesen sehr empfehlenswerten Bausatz erhalten Sie im gut sortierten Fachhandel.
Guido Veik
(Oktober 2021)