Übersicht
Artikelbezeichnung: Model 139WC/WSM/WT
Maßstab: 1/72
Hersteller: Special Hobby
Material: Spritzguss, Fotoätzteile, Decals
Preis: ca. € 28,–
Artikelnummer: SH72440
Produktlink: Martin model 139WC/WSM/WT
Download: Bauanleitung
Einleitung
Zugegeben, das Modell 139 – auch als B-10 bekannt – der US-amerikanischen Glenn L. Martin Company wird nie einen Preis für außergewöhnliche Eleganz und schöne Linienführung bekommen. Aber gerade das macht es für viele Modellbauer erst recht interessant, diese Maschine in 72facher Verkleinerung zu realisieren. Ein Freund hat sie so umschrieben: Eine Harmonie aus forellen-elegantem Rumpf gepaart mit mittelalterlichen Schießscharten und Burgerkern.
Azur-Frrom, das zur Special Hobby Gruppe gehört, hat die B-10 erstmals 2020 auf den Markt gebracht. Jetzt legt sie Special Hobby unter eigener Marke und mit neuen Teilen als Exportversion für China, Siam (seit 1939 Thailand) und die Türkei selbst auf.
Martin model 139WC / WSM / WT


Box & Inhalt
Die sehr schön gestaltete Box-Art zeigt zwei chinesische Martin model 139WC beim Angriff auf japanische Schiffe im Hafen von Shanghai. Die Farben Rot, Weiß und Grau kennzeichnen bei Special Hobby den Maßstab 1/72. Hier der Inhalt des Stülpkartons in Kurzform:
4 graue Spritzrahmen mit 90 Teilen
1 Rahmen mit 11 Klarsichtteilen
1 Fotoätzteilplatine mit 31 Teilen
1 Decalbogen
16-seitige farbige Bau- und Bemalungsanleitung
Geschichte des Originals
Der Martin B-10 war ein US-amerikanischer Ganzmetall-Bomber in Eindeckerbauweise. Die Maschinen wurden 1934 beim United States Army Air Corps (USAAC) in Dienst gestellt. Es war der erste in Serie hergestellte Bomber, dessen Leistung mit denen der Jagdflugzeuge dieser Zeit vergleichbar war.Die B-10 diente unter den Bezeichnungen B-12, B-13, B-14 und A-15.
Mit der B-10 begann eine Revolution in der Konstruktion von Bombern. Neben dem Ganzmetallrumpf und der Auslegung als Eindecker flossen viele Neuerungen in die B-10 ein, die später Standard im Bomberbau wurden. Sie hatte einen drehbaren Waffenturm, ein einziehbares Fahrwerk, einen internen Bombenschacht und vollverkleidete Triebwerke. Die Besatzung umfasste vier Mann, den Piloten, Copiloten, einen Bordschützen in der Flugzeugnase und einen Bordschützen im Rumpf.
Die Entwicklung der XB-10 begann als Martin model 123 in einer privaten Finanzierung durch die Glenn L. Martin Company in Baltimore. Der Erstflug erfolgte am 16. Februar 1932 und die Testlieferung an die US Army am 20. März desselben Jahres. Die an die US Army gelieferte XB-10 hatte im Gegensatz zum Modell 123 bereits vollverkleidete Triebwerke und war aerodynamisch besser gebaut. Bei Testflügen im Juni 1932 erzielte man eine Geschwindigkeit von 317 km/h auf 1.830 m Höhe – seinerzeit eine beeindruckende Leistung.
Nach dem Erfolg der XB-10 wurde kleinere Veränderungen vorgenommen und die Besatzung auf drei Mann reduziert. Die Motorleistung wurde auf 675 PS erhöht. Am 17. Januar 1933 bestellte die U.S. Army 48 Maschinen. Die ersten 14 Maschinen erhielten die Bezeichnung YB-10 (Martin model 139) und wurden im November 1933 nach Wright Field geliefert.
Nachdem die Lieferungen an die U.S. Army abgeschlossen waren, erhielt Martin 1936 eine Exportlizenz für das Modell 139. Die Maschinen wurden nach Argentinien, China, die Niederlande, Niederländisch-Indien, Thailand, die Sowjetunion (eine Testmaschine) und die Türkei geliefert. Im Zweiten Weltkrieg waren sie nur kurz in Niederländisch-Indien und China im Einsatz, mussten aber wegen der Überlegenheit der japanischen Mitsubishi Zero zurückgezogen werden. (Text- und Bildquelle: Wikipedia)
Bausatz & Teile
Ehrlich gesagt habe ich mir bei diesem Bausatz, der weitab vom Mainstream liegt, einen typischen Short-Run-Kit erwartet. Beim Betrachten des Inhalts wurde ich aber angenehm überrascht. Natürlich weisen die Teile noch Merkmale der Kleinserientechnologie auf – sonst wäre der Bausatz nicht wirtschaftlich produzierbar – aber die Grenzen zu den High-Tech-Kits verschwimmen immer mehr.
Die Hauptkomponenten, also Tragflächen, Rumpf und Leitwerk, weisen sehr schöne Details auf. Wartungsdeckel sowie Blechstoßlinien sind sauber graviert und die Wellblechstruktur auf der Ober- und Unterseite des Rumpfs ist perfekt wiedergegeben. Die produktionsbedingten Formtrennlinien sind minimal und lassen sich leicht versäubern. Etwas Gussgrat ist nur ganz vereinzelt zu erkennen – z.B. an den Propellern. Sinkstellen konnte ich nicht ausmachen. Die Short-Run-DNA ist noch an den angegossenen Rudern und Klappen erkennbar, sowie am Fehlen der Teilenummern an den Gussästen.
Der Zusammenbau des Modells 139 beginnt – wie könnte es anders sein – mit dem Arbeitsplatz des Piloten bzw. des Copiloten, die in zwei getrennten Bereichen saßen. Die Anzeigen der Instrumente werden mittels Decals dargestellt und die Sitze bekommen Gurte aus Fotoätzteilen – also recht gut detailliert für diesen Maßstab. Vor dem Zusammenbau der Rumpfhälften wird ein Holm eingeklebt, der später die beiden Tragflächen sicher und stabil halten wird.
Gut detailliert und schön dargestellt finde ich auch die beiden Sternmotoren, was auch auf die zwei MGs zutrifft, die man ganz zum Schluss einbauen kann, um Bruchgefahr beim Handling und Lackieren zu vermeiden. Auch die Klarsichtteile können überzeugen. Wegen der vielen „Glasflächen“ sollte man sich die Anschaffung vorgeschnittener Masken mit der Artikel-Nr. M72008 überlegen – es lohnt sich bestimmt!
Bauanleitung, Decals und Markierungsmöglichkeiten
Die Bau- und Bemalungsanleitung ist wie immer bei Special Hobby hochwertig gedruckt und exakt gezeichnet. Bei allen Kleinteilen ist genau angegeben, wie sie lackiert werden sollten – das erspart viel Recherchearbeit. Die Bauanleitung führt in 24 übersichtlichen Abschnitten zum fertigen Modell – wir zeigen sie in Auszügen, damit ihr euch ein Bild machen könnt.
Alle vier Markierungsoptionen sind jeweils als farbige Vier-Seiten-Risszeichnung dargestellt, bei der Lackierung sollten also keine Fragen offen bleiben. Dem Bausatz liegt ein von Eduard sauber und exakt im Register gedruckter Decalbogen bei. Einziges Manko: der Überstand des Trägerfilms könnte etwas kleiner sein. Folgende Markierungsmöglichkeiten werden angeboten:
Model 139WC, Nr. 1403, Internationale Freiwilligen Staffel, Chinesische Luftwaffe, Jänner – März 1938
Model 139WC, Nr. 3001, 14. Staffel, Chinesische Luftwaffe, Hankou, 1937
Model 139WSM, Nr. 6, 50. Bomberstaffel, Königlich Thailändische Luftwaffe, Ubon AFB, 1940
Model 139WT, Nr. 10/2310, 55. Staffel, Türkische Luftwaffe, Corlu, 1941 – 1942
Fazit
Wer sich mal ein Modell in so richtig knalligen Farben in die Vitrine stellen möchte, dem empfehle ich das Model 139WT der Türkischen Luftwaffe. Im Zweiten Weltkrieg flog sie mit den auf der Oberseite orange lackierten Maschinen Patrouillen-Einsätze über dem Schwarzen Meer, um die Neutralität des Landes zu überwachen.
Generell finde ich es toll von Special Hobby bzw. Azur-Frrom, dass sie sich immer wieder Modellen abseits des Mainstreams annehmen und so dazu beitragen, die Vielfalt des Modellangebots zu erhalten. Im Fall der Martin model 139 ist nicht nur die Vorbildauswahl hervorragend geglückt, auch die Umsetzung ist sehr gut gelungen. Eine klare Kaufempfehlung an alle Luftfahrt-Enthusiasten!
Stefan Fraundorfer, April 2021