Übersicht
Artikelbezeichnung: Tempo E400 Hochlader Pritsche
Maßstab: 1/35
Hersteller: MiniArt
Material: Spritzguss, Fotoätzteile, Decals
Preis: ca. € 40,–
Artikelnummer: 38025
Produktlink: Tempo E400
Download: Bauanleitung
Einleitung
Die Firma MiniArt aus der kriegsgebeutelten Ukraine sorgt wieder für Abwechslung im Modellbauzimmer. Mit dem Dreirad-LKW Tempo E400 im Maßstab 1/35 hat der Hersteller seit Ende 2021 ein äußerst ungewöhnliches Fahrzeug am Start, das für sehr viel Bastelspaß und für hohe Aufmerksamkeit auf Ausstellungen sorgen dürfte. Mittlerweile gibt es den Tempo schon in vier Varianten.
Tempo E400
Box & Inhalt
Das sehr ansprechend gestaltete Deckelbild des praktischen Stülpkartons zeigt einen blauen E400, der in den 1940er Jahren in Nürnberg im Einsatz war.
7 graue Spritzgussrahmen mit 131 Teilen
1 Rahmen mit 8 Klarsichtteilen
1 Fotoätzteilebogen mit 30 Teilen
1 Decalbogen
16-seitige, teilweise in Farbe gedruckte Bau- und Bemalungsanleitung
Geschichte des Originals
Die Vidal & Sohn Tempo-Werk GmbH mit Sitz in Harburg wurde 1928 gegründet, um Lieferwagen zu bauen. Aufgrund eines Gesetzes von 1928 durften Kraftfahrzeuge mit weniger als vier Rädern und einem Hubraum von weniger als 200 Kubikzentimetern ohne Führerschein gefahren werden und waren steuerfrei. Deshalb gab es eine große Nachfrage nach entsprechenden Fahrzeugen.
Die ersten Tempo-Dreiräder entstanden aus einer Kombination von Motorrad und Pritsche, die sich vor dem Fahrer befand. In der Weiterentwicklung wurde das Führerhaus vor die Pritsche bzw. den Kasten verlagert. Die Tempo-Dreiräder waren mit Ein- bzw. Zweizylinder-Zweitakt-Ottomotoren ausgerüstet (Tempo A 400 von 1938 z. B. mit 400 cm³ und 12 PS), die über ein Getriebe und eine Kette das Vorderrad antrieben – Motor, Getriebe, der Kettenkasten als tragendes Teil und das Vorderrad waren hierzu als ein im Ganzen schwenkbares Teil gelenkig mit dem Rest des Fahrzeuges verbunden.
Der Tempo E400 hatte einen wassergekühlten Zweizylinder-Zweitakt-Ottomotor von ILO, der zusammen mit dem Getriebe über dem einzelnen Vorderrad eingebaut war. In der ersten Ausführung leistete der Motor mit einem Hubraum von 397 cm³ (Bohrung 61 mm, 68 mm) 12 PS, später 12,5 PS bei 3500/min. Das Getriebe mit Krückstockschaltung hatte drei nicht synchronisierte Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Mit einer im Ölbad laufenden Rollenkette wurde die Antriebskraft auf das Vorderrad übertragen. Das Fahrzeug hatte einen Zentralrohrrahmen, der je nach Wunsch bzw. Aufbau in zwei Längen bzw. mit einem Radstand von 2870 mm oder 3170 mm geliefert wurde. (Quelle Wikipedia)
Bausatz & Teile
Wie man es von MiniArt nicht anders gewohnt ist, wurden die Spritzgussteile in hervorragender Qualität gefertigt. Formversatz, grober Gussgrat oder Fischhäute sind – bis auf ein paar Stellen bei der Zuladung – nicht zu erkennen. Auch Kleinteile sind akkurat und scharfkantig wiedergegeben. Der Detaillierungsgrad ist sehr hoch. Auch die transparenten Teile sind ohne Makel und verdienen diese Bezeichnung wirklich.
Los geht der Bau mit dem gut detaillierten Brandschott inklusive Windschutzscheibe, die selbstverständlich Scheibenwischer aus PE-Teilen erhält, und der Fahrerkabine. Bei den filigranen Teilen wie Lenkrad, Ganghebel und Handbremse sollte man äußerste Sorgfalt beim Abrennen vom Spritzgussrahmen walten lassen, um hier ja nichts zu beschädigen. Sogar auf die Batterie wurde nicht vergessen, die allerdings unter dem Sitz fast verschwinden wird. Die beiden Türen werden aus zwei Teilen aufgebaut und die Seitenfenster müssen nur eingesteckt werden. Natürlich können die Türen offen, oder geschlossen angebaut werden.
Der nächste größere Bauabschnitt betrifft das Fahrwerk. Hier zeigt die Bauanleitung für fortgeschrittene Modellbauer an, wo die Bremsleitung aus 0,3 mm Draht (der nicht beiliegt) verlegt werden sollten. Die Pneus der drei Räder weisen ein schönes Profil auf und auf den Flanken kann man den Herstellernamen Continental und die Dimension erkennen. Mit entsprechendem Drybrushing wird man das am fertigen Modell gut erkennen können.
Auch an der Pritsche haben die Ukrainer nicht mit Details gespart. Viele Nieten und Schrauben sowie die Verschlüsse sind hier sehr gut zu erkennen. Der Bausatz bietet die Option die Ladebordwände in geschlossener, oder in abgeklappter Position anzubringen. Eine Maserung der „Holzbretter“ für die Pritsche ist übrigens nicht vorhanden. Ich kann mir vorstellen, dass die beim Original sauber verschliffen waren.
Der Motor, der direkt über dem Vorderrad angebracht wird, ist überaus gut detailliert und wird ein Modell im Modell. Auch hier zeigt die Bauanleitung, wo diverse Schläuche und Kabel angebracht werden sollten. Leider verschwindet der Motor vollständig unter der geschlossenen einteiligen Motorhaube – wie gut, dass sie auch geöffnet angebaut werden kann. Der markante Kühlergrill wird mit sehr feinen Fotoätzteilen dargestellt. Um die Pritsche zu füllen, liegen eine Leiter, Teile eines Gartenzauns und für eine Bank bei.
Bauanleitung, Decals & Markierungsmöglichkeiten
Die in schwarz/weiß gehaltene Bauanleitung ist exakt gezeichnet und führt in 30 Schritten zum fertigen Modell. Bei allen relevanten Teilen ist angegeben, wie sie lackiert werden sollten. Damit ihr euch einen Eindruck über die Bauanleitung machen könnt, seht ihr Auszüge davon weiter unten.
Der Decalbogen hält Markierungen für vier verschiedene Versionen bereit. Die Nassschiebebilder wurden von der ukrainischen Firma Decograph gedruckt und machen einen guten Eindruck. Nur mit der Lupe sind winzige Unsauberkeiten zu erkennen.
Auf den Seiten 2 und 13 – 15 der Bauanleitung findet man die vier Markierungs- und Bemalungsmöglichkeiten, die alle als farbige Vier-Seiten-Risszeichnungen dargestellt sind. MiniArt bezieht sich bei der Farbangabe gleich auf sechs namhafte Hersteller, nämlich Vallejo, Mr. Color, AK RC, Mission Models, AMMO MIG und Tamiya. Aus vier Markierungsoptionen kann gewählt werden, wobei man bei Zivilfahrzeugen natürlich mehr oder weniger freie Farbwahl hat. Bezogen auf die Kennzeichen bzw. die Aufschriften lassen sich Tempo E400 aus den 1940er Jahren bauen, die in Hamburg, Berlin, Nürnberg oder in der britischen Besatzungszone Hamburg unterwegs waren.
Gebautes Modell eines Tempo E400 von MiniArt in 1/35
Bildquelle: MiniArt
Fazit
Mit dem Tempo E400 besetzt MiniArt eine Nische weitab vom Mainstream und hat damit auch ein Alleinstellungsmerkmal inne, gibt es dieses Fahrzeug als Modell im Maßstab 1/35 doch nur von diesem umtriebigen und mutigen ukrainischen Hersteller. Von mir gibt es dafür ein großes Lob! Die Liebe zum Detail und die hervorragende Qualität des Bausatzes sprechen natürlich auch für diesen kleinen außergewöhnlichen LKW. Er wird ein Schmuckstück in der Vitrine.
Aber das ist derzeit leider nur Nebensache. Ich hoffe, dass die Mitarbeiter von MiniArt und ihre Angehörigen den durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg Putins den Umständen entsprechend gut überstehen und sie nachher nicht unter der Knechtschaft Russlands leiden müssen.
We stand with Ukraine!
We stand with MiniArt!
Stefan Fraundorfer, März 2022