Yakovlev Yak-11
Modell: Yakovlev Yak-11
Gebaut von: Roland Sachsenhofer
Maßstab: 1/48
Verwendeter Bausatz: A&A Models (4801)
Jede Biographie ist in das Gewebe der großen und kleinen Zusammenhänge ihrer Zeit eingespannt. Hat man die Gelegenheit, ein einzelnes Schicksal näher zu betrachten, verwandelt sich dieser Allgemeinplatz in eine konkrete und menschlich berührende, allzu oft auch dramatische Geschichte. Der Ausgangspunkt des vorliegenden Modells gibt Anlass zu einer solchen Erzählung, in der sich individuelle Entscheidungen als schicksalhaft erweisen und bei allem Wollen doch nicht von der Folie der fatalen politischen Lage zu trennen sind.
Zum Vorbild
Im Jahr 1964 erlangte diese spezielle Yak-11 der ägyptischen Luftwaffe kurzzeitige Berühmtheit: mit ihr war in den Vormittagsstunden des 19. Jänner in einer haarsträubenden Aktion der ägyptische Luftwaffen-Hauptmann Mahmud Abbas Hilmi nach einem eineinhalbstündigen Flug vom ägyptischen Stützpunkt El-Anish aus auf der israelischen Basis Hatzor gelandet. Nach Abstellen des Motors, von israelischen Soldaten umringt, erbat er politisches Asyl.
Erhaltenes Bild- und Filmmaterial vom Tag seiner Flucht zeigen Hilmi als hochgewachsenen jungen Mann, der seine Flucht offensichtlich in voller Uniform, inklusive erworbenen militärischen Auszeichnungen, angetreten hatte. Aus einer angesehenen und auch politisch aktiven Familie stammend, zählte Hilmi zur Elite innerhalb der ägyptischen Luftwaffe. Nach Kampfeinsätzen im Jemen war der 26-jährige Offizier die letzten beiden Jahre als Fluglehrer eingesetzt gewesen. Als Grund für seine Flucht stellte er die politische Orientierung seines Landes unter Präsident Nasser dar.
In Ägypten hatte sich Mitte der 50er Jahre ein politischer Umbruch ereignet. Unter Führung des autoritär regierenden Präsidenten Gamal Abdel Nasser sagte sich das Land vom dominanten Einfluss des in überkommen-kolonialer Weise agierenden Großbritanniens los – um im Ausgleich dazu einen neuen großen Bruder zu finden: die Sowjetunion. Obwohl sich Ägypten von einer allzu festen Umklammerung freihalten wollte, konnte man dem Angebot, sich mit hochkarätigen sowjetischen Waffenlieferungen versorgen zu lassen, nicht widerstehen.
Vor allem, da sich Ägypten einem Feind gegenübersah, der sein militärisches Potential schon bewiesen hatte: Israel. Der neu entstandene Staat wählte sich die andere Seite der im kalten Krieg geteilten Welt als Verbündeten. Auch diese Freundschaft materialisierte sich in Waffenlieferungen.
Die geschilderten Umstände werden durch die beim Überlaufen Hilmis beteiligten Flugzeuge gut illustriert. Die Yak-11, auch als „russische Harvard“ bekannt, wurde als zweisitziger Fortgeschrittenen-Trainer vom erfolgreichen Jagdflugzeug Yak-3 abgeleitet. Nach dem Erstflug im November 1945 und einer rund einjährigen Erprobung fand die leistungsstarke Konstruktion weite Verbreitung, wobei die Nutzung sowohl die ursprüngliche Trainerrolle wie auch den Einsatz als leichtes Erdkampfflugzeug umfasste.
Im Zuge der des sich formierenden Ostblocks fand die Yak-11 in den fliegenden Verbänden aller Staaten des Warschauer Paktes Verwendung. Darüber hinaus wurde das Muster auch gerne als „Freundschaftsgabe“ verschenkt; so kamen etwa vier Exemplare in den Bestand des 1955 aus der Taufe gehobenen Österreichischen Bundesheeres. In der Tschechoslowakei lief die Yak- 11 unter der Bezeichnung Let C-11 vom Band; die ägyptischen Exemplare stammten aus dieser Quelle.
Hilmi wurde bei seiner Flucht im ägyptischen Luftraum von zwei patrouillierenden MiG-17 entdeckt. Dass er mit einer Schulmaschine geflohen war, dürfte ihm das Leben gerettet haben. Hilmi berichtete, wie er von den verfolgenden Piloten durch Flugmanöver kontaktiert und bedrängt worden war: sie dürften ihn für einen Flugschüler gehalten haben, der sich hoffnungslos und gefährlich „verfranzt“ hatte. Als er über Sinai den israelischen Luftraum erreicht hatte, zogen sich die beiden MiG-17 zurück, denn das israelische Militär hatte inzwischen zwei Mirage III starten lassen. Offenbar wollte man die Situation nicht eskalieren lassen.
Mahmud Abbas Hilmi wurde in den Wochen nach seiner Flucht tatsächlich Asyl gewährt. Allerdings bat er die israelischen Behörden nach wenigen Wochen um Hilfe, um sich in Argentinien ein neues Leben aufzubauen. Israel kam diesem Wunsch nach, der Mossad sorgte für eine neue Identität und angemessene Starthilfe, sodass für Hilmi das Abenteuer seiner Flucht gut auszugehen schien.
Leider sollte es anders kommen. Hilmi dürfte sich allzu unvorsichtig verhalten haben. Da er mit seiner Mutter per Postkarte Kontakt aufgenommen hatte, um ihr von seinem Wohlergehen zu berichten, konnte Ägypten noch im selben Jahr seine Spur aufnehmen. Nachdem er von einer in Buenos Aires lebenden Landsmännin in eine vom ägyptischen Geheimdienst vorbereiteten Falle gelockt worden war, wurde er noch in derselben Nacht außer Landes gebracht und in Ägypten ermordet.
Zum Modell
A&A Models hat 2017 einen neuen Bausatz dieses bedeutenden Trainers s herausgebracht und damit die doch recht eingeschränkten Möglichkeiten, eine Yak-11 in diesem Maßstab zu bauen, beträchtlich erweitert. Der Bausatz selbst entspricht gehobenem short-run Standard: die Angüsse sind, wie zu erwarten sehr dick und man muss mit vermehrtem Bedarf an Versäubern und Probeanpassen der Teile rechnen, der Bauprozess selbst gestaltet sich aber weitgehend problemfrei.
A&A bietet bei der Darstellung des Triebwerks zwei Varianten: bei geschlossenem Front-Kühlergrill ist die Sache mit nur einem, die Motorhaube nach vorne abschließenden Bauteil, schnell erledigt. Wählt man die zweite Variante, bei der Motorblock, Motoraufhängung, Auspuffanlage etc. detailliert nachgebaut werden, ist mit einigem an Mehraufwand zu rechnen. Ich hab für diese Variante optiert. Belohnt wird man mit einem eindrucksvoll tiefen Einblick in die Motorverkleidung und auf die erste Zylinderreihe, vom aufwendig gefertigten Rest sieht man dagegen nichts.
Schön wäre gewesen, die Kanzel geöffnet zeigen zu können. Was ich den Bausätzen dieses Herstellers andererseits hoch anrechne, sind die mitgelieferten und präzise passenden Maskierfolien für die Klarsichtteile. Lobend erwähnt muss auch die Qualität der Decals werden! Diese sind wirklich top, die Verarbeitung ist eine Freude.
Abschließend darf ich diesen Bausatz allen empfehlen, die ein wenig Erfahrung im Umgang mit den Anforderungen eines short-run Bausatzes haben und an einem interessanten und bis dato in Herstellerkatalogen sowie auf Ausstellungstischen unterrepräsentierten Flugzeugtyp haben. Mir selbst haben der Bau und die Auseinandersetzung mit der Yak-11 jedenfalls ausnehmend gut gefallen!
© Modell, Bilder und Text: Roland Sachsenhofer