FWD Type B, WWI US Army Truck
Box & Bausatzinhalt
- stabile Klappdeckelschachtel mit hochglanzbedrucktem Stülpdeckel
- 4 graue Spritzrahmen mit 219 Teilen
- 1 transparenter Spritzrahmen mit 3 Teilen
- 1 Decalbogen
- 24-seitige, Bau- und Lackieranleitung
Vorwort
Wer, wenn nicht ICM, beglückt uns mit Militärmodellen aus der Zeit des ersten Weltkriegs. Nach dem US Standard Liberty Truck und diversen Ford T-Modellen erscheint ein weiteres Urgestein von Militärhistorischer Bedeutung im allgegenwertigem 1/35er Maßstab. Dank ICM dürfen/können wir uns hoffentlich auf weitere Modelle dieser Art freuen.
Vorbild / Historie:
Gebaut von der Four Wheel Drive Corporation in Clintonville Wisconsin, handelt es sich bei dem FWD Type B um einen allradangetriebenen Lastkraftwagen der 3-Tonnen Klasse aus den Anfangsjahren des vergangenen Jahrhunderts. Ausgerüstet mit einem 3-Gang Getriebe für die Straße und einem 2-fachen Untersetzungsgetriebe für das Gelände, erlaubte der Wisconsin 4-Zylinder eine Höchstgeschwindigkeit von 24 km/h. Das mag für heutige Verhältnisse sehr gering sein, aber wer je einmal eine Last von 3-Tonnen bewegt hat, der weiß wie schnell ein Fahrzeug mit jedem zusätzlichen Kilometer pro Stunde außer Kontrolle geraten kann. Denken Sie nur einmal an Traktoren. Sicherlich ist auch die geringe Höchstleistung des Benzinmotors von gerade einmal 36 PS dafür ausschlaggebend. Auf den Straßen wurde der Lkw mit Heckantrieb gefahren, erst im Gelände schaltete man mittels einem zusätzlichen Schalthebel neben dem Fahrersitz auf der rechten Seite den vorderen Achsantrieb zu und legte darüber hinaus die Untersetzung mit ein. Dieser sehr frühe Lkw, der von dem britischen und US-amerikanischen Militär während des ersten Weltkriegs eingesetzt wurde, trug nach heutigen Maßstäben skurril anmutende technische Lösungen, die im Laufe der Zeit nicht weiter verfolgt wurden. Auffällig ist die optisch sehr charaktervolle Frontgestaltung, die der Anordnung vom Motor unter der Sitzbank geschuldet ist. Der große Kühler lässt da schon ein wenig einen Vergleich mit einem uns lieb gewonnenem Haustier zu! Vom Komfort für die Fahrer ist bis auf die opulent mit Leder bezogene und sicherlich sehr bequeme Sitzbank nichts zu spüren. Nicht einmal ein Dach aus Segeltuch ist vorhanden.
Nach Kriegsende fanden viele der über 12.000 Stück produzierten Fahrzeuge eine zivile Verwendung. Dabei wurde von den zuvor genutzten Voll- und Speichenrädern auch auf mit Luft gefüllte Reifen zurückgegriffen/umgerüstet. Diese erhöhten nochmals merklich den Fahrkomfort.
Technische Daten:
max. Ladekapazität: 3.000 kg, Länge: 5640 mm, Breite: 1930 mm, Höhe: 3200 mm, Radstand: 3200 mm, Motor: Wisconsin 4-Zylinder mit 36 PS, Höchstgeschwindigkeit 24 km/h (technische Daten von ICM).
Der Bausatz
Unverkennbar als Bausatz der ukrainischen Modellbauschmiede ICM entsprungen, lässt einem der Blick über, unter und auf die Bauteile aller Rahmen ein zufriedenes Lächeln über die Lippen kommen. Verzugsfrei, detailreich, frei von Fischhaut, versatzfrei und ohne Sinkstellen abgespritzt, verteilen sich die Bauteile auf den vier grauen Rahmen. Vorbildlich verpackt haben Kratzer und Co. keine Chance.
Nachdem ich im Netz und im privaten Fundus nach Vorbildfotos recherchiert habe, suchte ich sofort den Kühlergrill im Bausatz. Ob denn dieser auch den gleichen filigranen Schriftzug wie der des original Kühlers trägt? Und siehe da, oder besser gesagt staune da, haben die Techniker den Schriftzug „THE FOUR WHELL DRIVE AUTO CO. CLINTONVILLE WIS USA“ perfekt auf den Kühler geprägt.
Nicht nur die Ausführung der Technik im ganzen begeistert einem hier, auch die vorbildgerechte Umsetzung der Fahrersitzbank überzeugt einen vollends. Da möchte man am liebsten gleich Platz nehmen und losfahren. Bevor es aber soweit ist, darf erst Bauteil an Bauteil gefügt werden.
Studiert man die Bauanleitung, fällt einem die klar und wohlüberlegte Umsetzung vom Original zum Modell ins Auge. Außer dem Abtrennen der Teile vom Gußast, benötigt man darüber hinaus so gut wie keine Zeit für Nacharbeit.
Gestartet wird mit dem Zusammenkleben der beiden Längsträger des Leiterrahmens. Dieser besteht aus einem Außen- und Innenteil und der inneren Hälfte der vorderen Blattfedern. Durch diese zweigeteilte Ausführung sind die Auswerfermarken schon einmal nicht zu sehen. Bravo hierfür! Der massiv tragende Hilfsrahmen samt zweier weiterer Querverbindungen verbindet beide Längsträger. Unterstützt durch je eine Traverse am Ende des Leiterrahmens, sorgt diese Konstruktion für die Aufnahme der großen Kräfte am Original und einem stabilen Fundament für den weiteren Aufbau unseres Modells. Ein sehr interessantes technische Detail ist die Aufhängung der Federung an der Hinterachse. Der vordere Lagerbock der Blattfedern ist mittels durchgehender Achse drehbar am Rahmen gelagert. Als hinteres Lager dient eine Blattfeder, die quer zum Rahmen jeweils den hinteren Aufnahmepunkt der linken und rechten Blattfeder bildet. Soweit mein technisches Verständnis ausreicht , sehe ich hier eine Lastabhängige Federabstimmung. Zudem ist nur die Hinterachse gebremst. So wie die Bauteile hierfür geformt sind, kann es sich nur um eine Bandbremse handeln. Auch diese Art der Radverzögerung hat die Zeit nicht überlebt.
Ab Baustufe 20 fügt man die Bauteile der vorderen Achse zusammen. Findige Modellbauer werden hier ein einschlagen der Räder vornehmen, denn die Teile vom Kit erlauben diesen Lenkeinschlag der Vorderräder nicht. Modellbautechnisch gesehen, der einzige Punkt, den ich gerne geändert haben möchte. Stufe 24 – 27 ergibt die Hinterachse, die mit dem Anbringen von Teil D40 und D41 vorerst den Abschluss am Fahrgestell bilden. Alle vier Räder sind dreigeteilt, wobei die vollgummierte Lauffläche aus zwei Teilen besteht. Die aus acht Speichen bestehende Felge ist ein einzelnes Bauteil und wird nur noch mittig mit einer Zentralmutter versehen. Motorsportbegeisterte sehen hier ein heutzutage allgegenwärtig beworbenes Element der Reifen/Felgen Befestigung, die schon vor mehr als 100 Jahre im Gebrauch war.
Mitunter ist ja der markante Kühler der Blickfang des FWD Type B. Bestehen aus zwei Seitenteilen, Vorder- und Hinterteil setzt man ihn in Baustufe 36 auf das Chassis. Erst jetzt nimmt der wunderschön gemachte 4-Zylinder Benzinmotor mittels 26 fein detaillierten Teilen Gestalt an. Um diesen Motor später noch betrachten zu können, schlägt ICM auf Baustufe 68 vor, dem im Original klappbaren Teil der Seitenteile B13 und B14 auszuschneiden. Hier hätten die Entwickler optionale Seitenteile beilegen müssen.
Zurück zur Motormontage: Nachdem das Triebwerk montiert und mittels Auspuff auch die Abgase seitlich abgeleitet werden, trägt Bauteil A34 als Hilfsrahmen das Getriebe. Aus 12 Teilen bestehend, ist es ziemlich genau mittig zwischen den Achsen montiert. Zwei separate Antriebswellen verbinden die Achsen mit dem Getriebe. Nun, da alle relevanten Baugruppen das Fahrgestell ergeben, zeigen 34 Bauabschnitte den Aufbau des Führerhauses. Dabei zeigt diese Anleitung einmal mehr, wie einfach, logisch und übersichtlich Bauanleitungen zu gestalten sind. Nur einige wenige Hersteller von Plastikmodellen ist dies möglich. ICM ist für mich hier mit Sicherheit ganz oben vertreten. Ein weiteres „Lieblingsstück“ nach dem Kühler ist für mich die Sitzbank. 7-teilig ausgeführt, stelle ich Sie mir perfekt angemalt, in diesem typischen US amerikanischen oder ursprünglich englischen braunem Leder schwerer Couchgarnituren vor. Darauf Platz nehmend, würde mich der hinter der Sitzbank montierte Tank nicht stören. Neben den zwei Fahrscheinwerfern gibt es noch einen Suchscheinwerfer. Diese drei benötigen, wie nicht anders zu erwarten ist, die drei runden transparenten Teile. Nahtlos führen sich diese Klarsichtabdeckungen der Scheinwerfer in die sehr gute Qualität des Bausatzes ein. Selbst ein Feuerlöscher ist links neben dem Fahrer zu montieren. Eine links auf dem Trittbrett angebrachte Transportkiste und die Anlasser Kurbel bilden neben den zwei Anschlussstücken des Kühlers das letzte Modellbauvergnügen auf dem eigentlichen Lkw.
Als Aufbau dient hier eine Pritsche mit Plane. Wiederum sind die Auswerfermarken geschickt an Stellen gelegt worden, die von weiteren Bauteilen verdeckt werden. So zum Beispiel von den hinter dem Führerhaus unterhalb des Ladebodens angebrachten Transportkisten links und rechts. Formenbautechnisch klappt das für die in fünf Teilen unterteilte Plane nicht. Allerdings sind die Auswerfermarken erhaben ausgeführt, was ein leichtes entfernen garantiert. Vergeblich sucht man nach einer Holzmaserung auf den Bohlen des Bodens und den Brettern der Seitenwände der Pritsche. Keine Angst, ICM hat hier richtig recherchiert. Schon damals wusste man, dass man Holz richtig schleifen und lackieren muss, um möglichst den harten Bedingungen im Einsatz hinsichtlich Verschleiß und Verwitterung entgegen wirken zu können. Gerne kann man die Innenseite der Seitenwände in Holzmaserung darstellen. Entscheidet man sich für einen „Planwagen“, sollte am unteren Ende der Plane ein Seil zum Verzurren auf den Seitenwänden eingezogen werden. Ohne Plane bietet der Kit fünf Spriegel, die man aber auch genauso gut weglassen kann. So gesehen ergeben sich drei Gestaltungsmöglichkeiten.
Bauanleitung
Als Bauanleitung fungiert ein 24-seitiges Heft, dass ICM-typisch sehr modellbaufreundlich, leicht verständlich und sehr übersichtlich gesatltet ist. Großzügig gezeichnete Baustufen sind selbst für den Einsteiger leicht zu lesen. Als Farbangaben dienen die bekannten Partner Revell und Tamiya. Die einfache olivgrüne Farbe des FWD Type B erlaubt eine ebenso einfache grafische Darstellung im Teil der Bemalung. Wünschenswert wäre eine Bezeichnung der Bauteile, damit man den technischen Zusammenhang leichter verstehen kann.
Decalbogen
Der kleine, gut gedruckte Decalbogen erlaubt zwei LKWs, einmal einen Type B, USA, 1917 und einen Type B, France, 1918.
Modelldetails
Bildquelle: ICM
Fazit
Trotz der fehlenden, aber gern gesehenen optionalen Teile der seitlichen Motorabdeckung und dem nicht ganz leicht zu bewerkstelligenden Lenkeinschlag der vorderen Räder sage ich:
ICM hat einen rausgehauen. Und zwar einen mit bestem Wissen und Gewissen zu empfehlenden Bausatz des FWD Type B Trucks aus der Anfangszeit des motorisierten Transports via LKW. Nebst der hervorragenden Umsetzung vom Original zum Modell besticht auch die Technik des Fahrzeugs ungemein, sofern man sich etwas eingehender damit beschäftigt. Hoffentlich macht ICM auf dieser Schiene weiter um uns mit solch guten und interessanten Modellen zu beglücken. Vielleicht denken Sie auch noch über eine Erweiterung des Maßstabes hinsichtlich dem 1/48er nach.
Diesen sehr empfehlenswerten Bausatz erhalten sie im gut sortierten Fachhandel.
Happy Modelling,
Guido Veik
(Juli 2020)