Übersicht
Artikelbezeichnung: Grant Mk.II
Maßstab: 1/35
Hersteller: MiniArt
Material: Spritzguss, Fotoätzteile, Decals
Preis: UVP € 49,99
Artikelnummer: 35282
Produktlink: Grant Mk.II
Download: Bauanleitung
Vertrieb: Glow2B
Einleitung
Die Modellreihe des Kampfpanzers M3 Lee/Grant des ukrainischen Herstellers MiniArt im Maßstab 1/35 wird rasch größer. Nach der Erstauflage 2019 findet man jetzt schon die 9. Variante in den Händlerregalen – dieses Mal in der Form eines Grant Mk.II. Das ist aber auch gut so, denn wie ihr im folgenden Bericht erfahren werdet, handelt es sich um einen Bausatz der Spitzenklasse.
Grant Mk.II
Box & Inhalt
Das schöne Bild eines Grant Mk.II mit interessantem Tarnschema ziert den etwas dünnwandigen Stülpkarton. Die Box ist randvoll mit unterschiedlich großen Spritzgussrahmen. Wer sie aus der umschließenden Zellophanverpackung nimmt, wird sie garantiert nicht mehr darin unterbringen können.
54 Spritzgussrahmen in grauem Kunststoff
1 Rahmen mit den Klarsichtteilen
1 Fotoätzteilplatine
1 Decalbogen
28-seitige, teilweise in Farbe gedruckte Bauanleitung im Format A4
Geschichte des Originals
Als sich die Kriegsgefahr für die USA nach dem überraschenden Zusammenbruch Frankreichs im Juni 1940 erhöhte, wurde das US-amerikanische Heer aufgerüstet. Da die US Army irrtümlich annahm, der mit einer 75-mm-Kanone bewaffnete Panzer IV wäre der häufigste deutsche Kampfpanzer, wurde der Einbau einer 75-mm-Kanone in die US-Panzer gefordert. Allerdings war der Turm des mittleren Panzers M2 Medium Tank für dieses Geschütz zu klein. Parallel zur zeitaufwändigen Entwicklung eines neuen Panzers wurde beschlossen, einen auf dem M2 basierenden Panzer mit einer seitlich in einer Kasematte angebrachten 75-mm-Kanone als Übergangslösung zu bauen. Wegen des eingeschränkten Schwenkbereichs der Hauptwaffe wurde die 37-mm-Kanone im Turm beibehalten. Innerhalb von nur sechs Monaten entstand so der M3.
Seinen ersten Fronteinsatz erlebte der M3 bei der britischen 8. Armee in Nordafrika, wo er die Feuerüberlegenheit der gegnerischen Panzer kompensierte. Hier erhielt er die Namen „Lee“ bzw. „Grant“, abhängig von verschiedenen Serienausführungen (Namensgeber waren die beiden Generäle Robert Edward Lee und Ulysses S. Grant aus dem amerikanischen Bürgerkrieg). Der Einbau der Hauptbewaffnung in der Wanne erwies sich bei den schnell wechselnden Gefechtslagen in der Wüste als schwerwiegender Nachteil. Alles in allem wurde der M3 aber wegen seiner Zuverlässigkeit und der überlegenen Feuerkraft der 75-mm-Kanone, die im Gegensatz zu britischen Panzerkanonen auch Sprenggranaten zur Bekämpfung von Panzerabwehrgeschützen verschießen konnte, sehr geschätzt.
Eine größere Anzahl wurde auch an die Rote Armee in der Sowjetunion geliefert. Hier wurde er „Grab für 6 Freunde“ genannt, da er bei Treffern leicht in Brand geriet. Einzelne an der Ostfront erbeutete M3 Lee/Grant wurden von der Wehrmacht unter der Bezeichnung M 3 747(a) eingesetzt. Da ab 1942 der M4 Sherman als überlegener Entwurf inzwischen den M3 in der Massenfertigung abgelöst hatte, verschwand der M3 Anfang 1943 sehr schnell aus den Panzereinheiten. Nach dem Ausbau der Bewaffnung und des Turms diente er als Basis für zahlreiche Versuchs- und Spezialpanzer, unter anderem zum Räumen von Minensperren und als Bergepanzer.
Insgesamt (mit allen sechs Versionen) wurden 6258 Grant produziert. Auch die Selbstfahrlafette M7 Priest mit einer 105-mm-Haubitze basierte auf dem Chassis des M3. Eine größere Anzahl später umgerüsteter M3 wurde als Zugmaschine für schwere Geschütze – 203-mm-Kanone und 240-mm-Haubitze – eingesetzt. (Quelle: Wikipedia)
Das veränderte Heck des Panzers ist der markanteste Unterschied zwischen dem Grant Mk.I und dem Mk.II. Ersterer wurde von einem Benzinmotor angetrieben. Der Mk.II bekam einen Dieselmotor, die Türen zum Motorraum entfielen und wurden durch einen kastenförmigen Aufbau ersetzt.
Bilder: M3 Grant, Tank Museum Bovington, 2011
Fotos: Stefan Fraundorfer
Bausatz & Teile
Hat man alle Spritzgussrahmen vor sich liegen, fällt sofort auf, dass die Wanne nicht in einem Stück gegossen wurde, wie bei vielen anderen Panzerbausätzen üblich. Bis auf den Turm wird bei MiniArts Grant praktisch alles aus Einzelteilen aufgebaut. Beim Betrachten der Teile stechen die feinen Details ins Auge. Besonders bemerkenswert ist die Gussstruktur am Turm. Ein weiteres nettes Detail, sind die im Plastik angegossenen, dem Original entsprechenden, Gussnummern. Die Nieten der Panzerplatten an der Wanne wurden gestochen scharf und ohne irgendwelche Deformierungen abgegossen.
Die Fotoätzteile bringen im Außenbereich noch mehr Realismus, etliche Halterungen für diverse Werkzeuge befinden sich darauf, aber auch der Scheibenwischer für die Verglasung der Fahrerluke, oder der Schutzbügel für den Scheinwerfer werden aus PE-Teile hergestellt. Fotogeätzte Lüftungsgitter dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Die Rohre der beiden Kanonen wurden jeweils in einem Stück gegossen, damit erspart man sich auf jeden Fall eine eventuell zu versäubernde Klebenaht. Die Waffen können beweglich gelagert werden.
Natürlich ist auch eine flexible Einzelgliederkette im Bausatz enthalten, die genial konstruiert wurde, aber auch sehr viel Arbeitsaufwand verursachen wird. Jedes Kettenglied muss aus vier Teilen zusammengesetzt werden, jede Kette benötigt 79 dieser Glieder. Das macht in Summe 632 Teile, die von den Gussästen getrennt und versäubert werden müssen. Trotzdem ist eine Einzelgliederkette im modernen Panzermodellbau schon fast nicht mehr wegzudenken. Wenn man alles richtig macht, wird neben der flexiblen Kette auch das Fahrwerk beweglich bleiben. Toll finde ich auch, dass mehrere Rucksäcke und Planen beiliegen, die am Grant angebracht werden können. Das erhöht die „Lebendigkeit“ eines Modells, was vor allem im Dioramenbau wichtig ist.
Bauanleitung, Decals & Markierungsmöglichkeiten
Dass sich ein Panzermodell mit hunderten Teilen nicht in wenigen Schritten bauen lässt, ist selbstredend. Daher ist die Bauanleitung klar in 62 Abschnitte strukturiert. Die sehr exakten Zeichnungen sind in schwarz, weiß und grau gehalten. Manchmal muss man aber schon genauer hinsehen, um die exakte Klebeposition feststellen zu können. Bei einigen Bauabschnitten hat man die Möglichkeit diverse Klappen offen, oder geschlossen anzubauen. Hier sollte man immer Acht geben, welche Teile man für welche Option verwenden muss, und wie diese anzubringen sind. Es wird in der Anleitung immer darauf hingewiesen. Weil es sich aber um einen Bausatz ohne Inneneinrichtung handelt, sollte man sich das Öffnen mancher Klappen gut überlegen. Damit ihr einen Eindruck von der Bauanleitung bekommt, zeigen wir euch hier ein paar Seiten davon.
Der Decalbogen hält Markierungen für sechs verschiedene Versionen bereit. Der Nassschiebebilder wurden von der ukrainischen Firma Decograph gedruckt und macht einen guten Eindruck. Der Trägerfilm sieht sehr dünn aus und schließt beinahe perfekt mit den Außenrändern der Decals ab. Nur unter der Lupe sind minimale Unschärfen und Druckfehler zu erkennen.
Auf den Seiten 2 bis 5 und 25 bis 26 der Bauanleitung findet man die sechs Markierungs- und Bemalungsmöglichkeiten, die alle als farbige Vier-Seiten-Risszeichnungen dargestellt sind. Durch die gut gemachten Illustrationen hat man auch schon einen ersten Ansatz, wie man den Panzer altern könnte. MiniArt bezieht sich bei der Farbangabe gleich auf fünf Hersteller, nämlich Vallejo, Mr. Color, AK RC, Mission Models und AMMO MIG. Aus folgenden Markierungsoptionen kann gewählt werden:
Der 500. von Baldwin Locomotive Works gebaute Grant, Pennsylvania, USA, Juni 1942
General Montgomerys Kommandopanzer, 8th British Army, El Alamein, November 1942
4th County of London Yeomanry, 8th British Army, Tripolis, Jänner 1943
2/4th Armoured Regiment, 2nd Armoured Brigade, 1st Armoured Division, Australien, Anfang 1943
Advanced Base No. 5, Al Mussaiyib, Irak, Juni 1943
2/9th Armoured Squadron, Australien, Frühjahr 1944
Gebautes Modell eines Grant Mk.II von MiniArt in 1/35
Bildquelle: MiniArt
Fazit
MiniArt’s Grant Mk.II ist ein phänomenaler Bausatz! Mit den scheinbar unendlich vielen Teilen ist der Bastelspaß für eine ganze Weile sichergestellt. Die unglaubliche Qualität macht diese Zeit dann auch noch zu einem echten Vergnügen. Die Wahl einer Markierungsvariante sollte bei den sechs, die zur Auswahl stehen, nicht schwerfallen. Die im Bausatz befindlichen Fotoätzteile lockern das Plastikkleben noch dazu etwas auf. Außerdem sind die Teile allesamt sinnvoll und erhöhen den Realismus. Aufgrund der hohen Teileanzahl, der Einzelgliederkette und der teilweise recht filigranen PE-Teile, empfehle ich diesen Bausatz dem erfahrenen Modellbauer.
Stefan Fraundorfer, Juni 2020